Schutz von geografischen Angaben und Namen traditioneller Spezialitäten

Schwäbische Spätzle, Nürnberger Lebkuchen, Allgäuer Bergkäse, Thüringer Rostbratwurst oder Beelitzer Spargel – diese Produkte sind nicht nur überregional bekannt, ihre Namen sind auch besonders geschützt.

Geografische Angaben und garantiert traditionelle Spezialitäten können für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel unionsrechtlich geschützt werden. Die nachfolgende Landkarte zeigt Lebensmittel mit registrierten geografischen Angaben in Deutschland.

Karte der Lebensmittel mit geschützter geografischer Herkunft in Deutschland IFL: Karte Geoschutz
Karte der Lebensmittel mit geschützter geografischer Herkunftsangabe in Deutschland. © Leibniz-Institut für Länderkunde

Die geografischen Angaben "g.U." (geschützte Ursprungsbezeichnung) und "g.g.A." (geschützte geografische Angabe) sowie die "g.t.S." (garantiert traditionelle Spezialität) wurden von der Europäischen Union (EU) im Jahre 1992 als System zum Schutz und zur Förderung traditioneller und regionaler Lebensmittelerzeugnisse eingeführt.

Die Bildzeichen sind in der EU einheitlich, die entsprechenden Angaben richten sich nach der jeweiligen Landessprache. Einzelheiten sowie die Angaben in den Landessprachen finden sich im Anhang X der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2014 und im Anhang der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 664/2014.

Welche Produktbezeichnungen aus Deutschland geschützt sind und das entsprechende Unionszeichen tragen oder für welche Produktbezeichnungen der Schutz beantragt wurde, kann in dem von der EU geführten Register (eAmbrosia) eingesehen werden. Kernelement des jeweiligen Schutzes ist eine „Produktspezifikation“, die genau vorschreibt, wie das jeweilige Produkt herzustellen ist.

Geschützte Angaben

Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)

Logo für die geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) Logo für die geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.)
Gütezeichen: Logo der geschützten Ursprungsbezeichnung (g. U.) © Europäische Union

Das Unionszeichen "g.U." garantiert, dass die Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung eines Erzeugnisses in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgt ist. Sämtliche Produktionsschritte müssen also in dem betreffenden Gebiet stattfinden. Die Produkte weisen somit Merkmale auf, die ausschließlich mit dem Gebiet und den Fähigkeiten der Erzeugerinnen und Erzeuger in der Herstellungsregion zusammenhängen. Zwischen den Merkmalen des Produkts und seiner geografischen Herkunft muss ein objektiver enger Zusammenhang bestehen. Anträge auf Eintragung, Änderung oder Löschung einer g.U. für ein Agrarerzeugnis oder ein Lebensmittel können beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt werden.

Beispiel: „Allgäuer Bergkäse“

Nur Milch aus dem Allgäu darf zur Herstellung des "Allgäuer Bergkäses" (registriert als g.U. seit 1997) verwendet werden. Die geologischen und klimatischen Verhältnisse des Allgäu beeinflussen wesentlich die Güte des Rohstoffs Milch und damit des „Allgäuer Bergkäses“. Hinzu kommt das in der langen Tradition der Käseherstellung gewonnene Know-how. Der „Allgäuer Bergkäse“ weist dementsprechend Merkmale auf, die ausschließlich mit dem Gebiet und den Fähigkeiten der Erzeuger in der Herstellungsregion zusammenhängen.

Geschützte geografische Angabe (g.g.A.)

Logos für geschützte geografische Angabe Geschützte geografische Angabe
Gütezeichen: Logo für geschützte geografische Angabe © Europäische Union

Das Unionszeichen "g.g.A." soll eine Verbindung der Agrarerzeugnisse und Lebensmittel mit dem Herkunftsgebiet dokumentieren, wobei nur einer der Produktionsschritte – also Erzeugung, Verarbeitung oder Zubereitung – im Herkunftsgebiet durchlaufen worden sein muss. Die für die Herstellung verwendeten Rohmaterialien dürfen hingegen aus einer anderen Region stammen. Mit "g.g.A." gekennzeichnete Produkte besitzen damit eine spezifische Eigenschaft, die sie mit einer bestimmten Region verbinden. Anträge auf Eintragung, Änderung oder Löschung einer g.g.A. für ein Agrarerzeugnis oder ein Lebensmittel können beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt werden.

Beispiel: „Holsteiner Tilsiter“

Der 2013 als g.g.A. registrierte „Holsteiner Tilsiter“ muss in Schleswig-Holstein hergestellt und gereift sein. Der würzig-aromatische Charakter beruht auf speziellen Bakterienkulturen, die typisch für den Klimaraum zwischen Nord- und Ostsee sind.

Beispiel: "Schwäbische Spätzle"

„Schwäbische Spätzle“ wurde 2012 als g.g.A. eingetragen. Damit Spätzle so heißen dürfen, müssen sie in Schwaben nach den in der Produktspezifikation vorgeschriebenen Bedingungen hergestellt werden, um eine gleichbleibend hohe Qualität sicherzustellen.

Beispiel: "Nürnberger Lebkuchen"

„Nürnberger Lebkuchen“ ist seit 1996 als g.g.A. registriert. Herstellungsort muss Nürnberg sein, die zur Herstellung verwendeten Zutaten dürfen aber auch von außerhalb Nürnbergs stammen. Lebkuchen wird seit dem Mittelalter in Nürnberg hergestellt und hat weltweit ein hohes Ansehen erworben.

Rechtliche Hinweise

Garantiert traditionelle Spezialitäten (g.t.S.)

Logos für garantiert traditionelle Spezialität Garantiert traditionelle Spezialitäten
Das EU-Gemeinschaftszeichen für Produkte, die als garantiert traditionelle Spezialität (g.t.S.) ausgezeichnet werden © Europäische Union

Das Unionszeichen "g.t.S." bezieht sich nicht auf einen geografischen Ursprung, sondern hebt die traditionelle Zusammensetzung des Produkts oder ein traditionelles Herstellungs- und/oder Verarbeitungsverfahren hervor. Der Produktionsprozess ist an kein Gebiet gebunden, entscheidend ist allein, dass dem traditionellen Rezept oder Herstellungsverfahren gefolgt wird. Zu dieser Kategorie gehören beispielsweise "Heumilch", die auch in Deutschland produziert wird, oder „Pizza Napoletana“. Anträge auf Eintragung können bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gestellt werden.

Rechtliche Hinweise

Schutz geografischer Angaben für Weine und Spirituosen

Ein ganz ähnliches System für den Schutz geografischer Angaben wie bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln besteht auch für Weine und Spirituosen. Ein Unterschied besteht darin, dass für Wein g.U. sowie g.g.A. vorgesehen sind, während für Spirituosen die Registrierung einer g.U. nicht vorgesehen ist. Für Anträge ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zuständig.

Links zur Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL):

Links zu den entsprechenden Internetseiten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE):

  • Anträge auf Eintragung einer geografischen Angabe oder einer Ursprungsbezeichnung für Wein oder einer geografischen Angabe bei Spirituosen

Laufende Reform des Agrargeoschutzrechts

Gegenwärtig wird eine Reform des gesamten Agrargeoschutzrechts auf EU-Ebene beraten. Grundlage der Beratungen ist ein Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission vom 31. März 2022. Die neue Verordnung soll die bisherige Grundverordnung (EU) Nr. 1151/2012 ablösen und ein einheitliches Eintragungs- und Änderungsverfahren für alle Agrargeoschutz-Erzeugnisse schaffen. Zu diesem Zweck ist vorgesehen, die Verfahrensbestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 zum Weingeoschutz und der Verordnung (EU) 2019/787 zum Spirituosengeoschutz in die neue Verordnung zu überführen.

Die Europäische Kommission verfolgt mit ihrem Vorschlag zwei grundlegende Ziele. Zum einen soll das Unionsrecht einen wirksamen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der EU gewährleisten, um die Erzeuger für ihre Anstrengungen gerecht zu entlohnen. Unter anderem ist beabsichtigt, die Registrierungsverfahren effizienter zu gestalten. Zum anderen soll der Gebrauch geografischer Angaben in der EU zum Nutzen der ländlichen Wirtschaft gesteigert werden.

Diese beiden übergeordneten Ziele hat die Europäische Kommission in mehrere Unterziele aufgegliedert. Hierzu zählen der Schutz geografischer Angaben auch im Internet, die Vereinfachung der Antragsverfahren, die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in das System des Agrargeoschutzes und der Ausbau des Instruments der Erzeugervereinigungen. Der Verordnungsentwurf wurde dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union zugeleitet, die seitdem darüber beraten. Am 24. Oktober 2023 erfolgte im so genannten Trilogverfahren zwischen Europäischem Parlament, Rat und Europäischer Kommission eine vorläufige politische Einigung. Am 27. November 2023 stimmten die EU-Mitgliedstaaten im Sonderausschuss Landwirtschaft der Einigung zu. Nun stehen noch redaktionelle Arbeiten sowie die Übersetzung in alle Unionsamtssprachen aus, bevor der formale Gesetzgebungsbeschluss von Europäischem Parlament und Rat erfolgen kann. Ein Abschluss des Reformvorhabens wird für das erste Quartal 2024 erwartet. Anschließend müssen das Delegations- und Durchführungsrecht der Europäischen Kommission sowie das deutsche Agrargeoschutzrecht an die neue Verordnung angepasst werden.

Das internationale Agrargeoschutzrecht

Zusätzlich zum Unionsrecht und deutschen Recht existiert auch auf internationaler Ebene Agrargeoschutzrecht. Neben bilateralen Übereinkommen Deutschlands und der EU mit Drittstaaten besteht als potenziell weltweiter völkerrechtlicher Vertrag das Lissabonner Abkommen über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung vom 31. Oktober 1958. Darin verpflichten sich die Vertragsparteien, die Ursprungsbezeichnungen für Erzeugnisse der anderen Vertragsparteien, die als solche im Ursprungsland anerkannt und geschützt und beim Internationalen Büro der WIPO (World Intellectual Property Organization – Weltorganisation für geistiges Eigentum) eingetragen sind, in ihrem Gebiet zu schützen.

Zunächst konnten diesem Abkommen nur Staaten beitreten. Außerdem umfasste es lediglich Ursprungsbezeichnungen. Folglich waren nicht alle geografischen Angaben über das Abkommen schutzfähig. Mit der Genfer Akte vom 20. Mai 2015 wurde das Lissabonner Abkommen so modifiziert, dass das Schutzsystem für sämtliche geografische Angaben gilt. Zudem können nunmehr zwischenstaatliche Organisationen wie die EU teilhaben. Die EU hinterlegte ihre Beitrittsurkunde zur Genfer Akte im November 2019. Die Genfer Akte trat am 26. Februar 2020 in Kraft. Die WIPO hat mit Stand 18. Oktober 2023 insgesamt 43 Vertragsparteien des Lissaboner Systems rund um den Globus aufgelistet. Weitere Staaten und Organisationen werden voraussichtlich in der nächsten Zeit beitreten.

Von der gegenseitigen Schutzverpflichtung der Vertragsparteien können auch Erzeugerinnen und Erzeuger in Deutschland profitieren, die ihre Erzeugnisse mit geografischer Angabe exportieren. Sie dürfen die geografischen Angaben in einem näher geregelten Verfahren über die Bundesverwaltung und die Europäische Kommission zur Registrierung bei der WIPO anmelden. Für einige geografische Angaben aus Deutschland – „Allgäuer Emmentaler“, „Bayerisches Bier“ und „Münchener Bier“ – ist dies bereits geschehen.

Informationen über zuständige Behörden und beauftragte Stellen

Der Öffentlichkeit sollen Informationen über die zuständigen Behörden, denen die Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Organisation oder die Durchführung amtlicher Kontrollen und anderer amtlicher Tätigkeiten übertragen, und über die beauftragten Stellen nach Artikel 28 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/625 zugänglich gemacht werden (Artikel 4 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) 2017/625). Eine entsprechende Liste hat die Europäische Kommission unter folgendem Link veröffentlicht.

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