Humus 1: Was ist Humus?

Als Humus wird die Gesamtheit der abgestorbenen organischen Substanz im Boden bezeichnet. Humus ist ein komplexes Gemisch von organischen Stoffen aus pflanzlicher, tierischer und mikrobieller Herkunft, das permanenten Ab-, Um- und Aufbauprozessen unterliegt. Die Humusvorräte des Bodens zeichnen sich durch unterschiedliche Stabilität und Lebensdauer aus.

Dauerhumus und Nährhumus

Der größte Anteil der Humusvorräte des Bodens ist Dauerhumus. Diese Fraktion ist langfristig im Rahmen der Bodenbildung entstanden und kann heute durch Bewirtschaftungsmaßnahmen nur wenig beeinflusst werden. Abbauprodukte der organischen Substanz gehen unter Einwirkung von Stabilisierungsmechanismen mit den Ton- und Feinschluffgehalten des Bodens feste Bindungen ein, so dass ein weiterer Abbau auf lange Sicht verhindert wird. Dauerhumus ist deshalb durch Verweilzeiten von Hunderten bis Tausenden von Jahren gekennzeichnet. Die über die Ernte- und Wurzelrückstände und Wirtschaftsdünger zugeführten organischen Materialien und deren Abbauprodukte gehören zu einer sogenannten labilen Humusfraktion, dem Nährhumus, der ca. 20 - 50 Prozent der Humusstoffe des Bodens umfasst.

Humusumsatz und Mineralisation

Nach mechanischer Zerkleinerung und Einarbeitung in den Boden werden leicht abbaubare Bestandteile meistens schon innerhalb weniger Monate von den Bodenlebewesen als Nahrungs- und Energiequelle genutzt und zu Kohlendioxid veratmet (z.B. Gründünger). Die schwerer abbaubare organische Substanz mit weiten C/N-Verhältnissen und hohen Ligningehalten reichern sich im Boden zunächst etwas an, da sie nur verzögert umgesetzt werden. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass die organischen Materialien im Zeithorizont von einigen Jahrzehnten einem vollständigen Abbau unterliegen.

Die abgebaute organische Substanz wird als Wasser und Kohlendioxid in den Boden und die Atmosphäre abgegeben. Von den gespeicherten Nährstoffen erfolgt bereits im ersten Jahr nach der Einbringung eine weitgehende Freisetzung der Funktionselemente (K, Na, Mg, Ca), weil sie meistens nicht in die Zellstrukturen der organischen Substanz eingebaut sind. Entsprechend der Stabilität der chemischen Bindung werden dann auch die organisch gebundenen Grundnährstoffe N, P, S sowie einige Mikronährstoffe mit der Zeit freigesetzt, d.h. mineralisiert, und für das pflanzliche Wachstum verfügbar.

Wie lange die organische Substanz im Boden verweilt, hängt von den nachfolgenden Einflussgrößen ab:

  • biochemische Zusammensetzung und Abbaustabilität der organischen Substanz
  • Nährstoffverfügbarkeit für die Bodenlebewesen
  • chemische und physikalische Stabilisierungsprozesse des Bodens
  • klimatische und hydrologische Einflussgrößen des Standortes.

Der aktuelle Humusgehalt bzw. das aktuelle Versorgungsniveau mit organischer Substanz eines Bodens kann als offenes Fließgleichgewicht zwischen Zufuhr und Abbau der organischen Bodensubstanz angesehen werden. Bei Annahme einer jährlich gleichbleibenden Zufuhr an organischer Substanz, z.B. gleich hohe Zufuhr an Stroh, kommt es zur Ausprägung einer typischen kumulativen Gesamtwirkung bis nach einer Zeitperiode von ungefähr 20 - 30 Jahren die Humusgehalte nicht mehr ansteigen und das Fließgleichgewicht erreicht ist. Die durch Mineralisation verloren gegangene organische Substanz muss also im Sinne einer Bilanz immer wieder durch Zufuhr neu gebildeter Ernte- und Wurzelrückstände aus dem Anbau der Fruchtarten und den organischen Düngern ersetzt werden, um einen bestimmten Humusspiegel zu erhalten.

Humusaggregate

Die durch den Humusabbau zwischenzeitlich entstandenen chemischen Umwandlungsprodukte sind nach heutiger Ansicht keine langkettigen (sog. Huminstoffe), sondern verhältnismäßig kleine, kurzkettige chemische Verbindungen. Durch die direkte Beteiligung von Bodenlebewesen entstehen Verbindungen zwischen diesen vielfältigen Abbauprodukten der organischen Substanz und den mineralischen Bestandteilen des Bodens, die schließlich als Ton-Humus-Komplexe bezeichnet werden (Abb. 1).

Durch diese so genannte "Lebendverbauung" und die "Bioturbation" werden stabile Bodenkrümel aufgebaut, wodurch der Boden gegenüber Erosion und Verschlämmung stabilisiert und das Porenvolumen erhöht wird, und so günstige Voraussetzungen für den Luft- und Wasserhaushalt geschaffen werden.

Ein Beitrag von Dr. Hartmut Kolbe, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), Nossen.

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