Hygienische Qualität von Tränkwasser

Orientierungsrahmen zur futtermittelrechtlichen Beurteilung

Die Rechtsgrundlagen in Bezug auf Tränkwasser werden dargestellt, Maßstäbe für die Bestimmung der Qualität besprochen, Tipps zur Probenahme gegeben und Orientierungswerte für bestimmte Parameter empfohlen.

1. Einleitung

Neben der Versorgung mit Energie und essentiellen Nährstoffen ist das Bereitstellen ausreichender Wassermengen (zwei bis fünf Liter je Kilogramm Trockensubstanzaufnahme in Abhängigkeit von Tierart, Nutzungsrichtung, Leistungshöhe, Fütterung, Witterung und andere Faktoren) in geeigneter Qualität eine entscheidende Voraussetzung für Gesundheit und Leistung der Nutztiere. Dafür trägt der Tierhalter die alleinige Verantwortung. Wasser kann somit als der bedeutendste Nährstoff oder das wichtigste Futtermittel angesehen werden.

Wasser ist unter anderem entscheidend für die Aufrechterhaltung des Zell-Innendruckes (Zellturgor), die Verdauungsprozesse, den Nährstofftransport, die Harnzusammensetzung (Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen) und die Thermoregulation der Tiere. Folgen ungenügender Wasserbereitstellung sind beispielsweise verminderte Futteraufnahme und daraus resultierend geringere Leistungen, erhöhte Krankheitsanfälligkeit oder Inaktivität der Tiere. Auch ein Übertragen unerwünschter Stoffe aus dem Tränkwasser in Lebensmittel tierischer Herkunft ist möglich.

Ziel dieses Orientierungsrahmens zur futtermittelrechtlichen Beurteilung der hygienischen Qualität von Tränkwasser ist es, die wesentlichen Anforderungen an die hygienische Qualität von Tränkwasser zusammenzustellen und zu beschreiben. Damit kann der Tierhalter zuverlässiger seinen Pflichten in Bezug auf die Futtermittelhygiene nachkommen.

Der Orientierungsrahmen wurde im Auftrag des früheren BMELV von R. Böhm, G. Flachowsky, J. Kamphues, M. Lahrssen-Wiederholt, U. Meyer und H. Schenkel ausgearbeitet und mit den Futtermittelüberwachungsbehörden der Länder sowie den betroffenen landwirtschaftlichen Organisationen und Wirtschaftsverbänden abgestimmt. Details können in der Veröffentlichung "Empfehlungen zur futtermittelrechtlichen Beurteilung der hygienischen Qualität von Tränkwasser" (Kamphues et al. 2007) nachgelesen werden.

2. Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 28. Januar 2002 (sogenannte Basisverordnung) legt die Rahmenbedingungen zur Gewährleistung der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit fest. Futtermittel werden in der Basisverordnung als Stoffe oder Erzeugnisse, auch Zusatzstoffe, verarbeitet, teilweise verarbeitet oder unverarbeitet, die zur Tierfütterung bestimmt sind, definiert. Damit ist Tränkwasser EG-rechtlich in den Futtermittelbegriff eingebunden. Zusätzlich gilt die Futtermittelhygiene-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 183/2005).

In der Futtermittelhygiene-Verordnung werden unter anderem spezifische Pflichten für Landwirte und Tierhalter festgeschrieben, die diese bei der Fütterung von zur Lebensmittelgewinnung bestimmten Tieren zu erfüllen haben. Die entsprechenden Bestimmungen finden sich im Anhang III "Gute Fütterungspraxis" im Abschnitt "Futtermittel und Wasser" der Futtermittelhygiene-Verordnung. Danach muss Tränkwasser so beschaffen sein, dass es für die betreffenden Tiere "geeignet" ist. Darüber hinaus müssen Tränkanlagen so konstruiert, gebaut und angebracht werden, dass eine Kontamination des Wassers auf ein Mindestmaß begrenzt wird. Tränksysteme müssen, sofern möglich, regelmäßig gereinigt und instand gehalten werden.

Die Autoren halten es nicht für angemessen, die in der Trinkwasserverordnung (TWVO über die Qualität von Wasser für den menschlichen Verbrauch vom 21. Mai 2001) formulierten Anforderungen auf Tränkwasser zu übertragen. Begründet wird das unter anderem mit der Bedeutung der betriebseigenen Wasserversorgung in der Nutztierhaltung und der Feststellung, dass Überschreitungen von Grenzwerten der Trinkwasserverordnung nicht generel nachteilige Effekte auf das Tier und davon gewonnene Lebensmittel haben und zudem einige Kriterien lediglich aus technischen Gründen festgelegt worden sind.

3. Tränkwasserqualität

Während Trinkwasser für den Menschen den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechen muss, gibt es für das Tränkwasser gegenwärtig keine vergleichbaren detaillierten rechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber beschränkt sich in den Rechtsvorschriften (wie Basisverordnung, Futtermittelhygiene-Verordnung, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch) auf allgemein formulierte Sicherheitsanforderungen. Die in der Futtermittelhygiene-Verordnung (Anhang III) geforderte Geeignetheit des Tränkwassers könnte durch die Anforderungen in Tabelle 1 charakterisiert werden.

Tabelle 1: Charakterisierung eines für die Versorgung von Lebensmittel liefernden Tieren "geeigneten" Wassers (= Tränkwasser)
Anforderungen1)Erläuterung / Bedeutung

1) implizieren allgemein auch eine entsprechende sensorische Qualität (z. B. Trübung, Fremdgeruch)

2) z. B. auch bei Applikation von Arzneimitteln, bestimmten Futtermittelzusatzstoffen etc.

SchmackhaftigkeitVoraussetzung für eine ausreichende Wasseraufnahme (= Voraussetzung für adäquate Trockensubstanz-Aufnahme)
VerträglichkeitInhaltsstoffe und/oder unerwünschte Stoffe nur in einer für die Tiere bzw. die von ihnen gewonnenen Lebensmittel nicht schädlichen bzw. nachteiligen Konzentration
VerwendbarkeitKeine nachteiligen Effekte auf die bauliche Substanz (z.B. Gebäude- und Tränketechnik, z. B. Verstopfungsgefahr im Tränksystem durch hohe Calcium- oder Eisen-Gehalte) sowie bei Nutzung2) des Wassers zur Zubereitung des Futters

3.1. Biologische Qualität

In der Literatur gibt es unterschiedliche Empfehlungen für Parameter bezüglich der biologischen Qualität von Tränkwasser.
In das System eingespeistes Wasser sollte frei sein von Salmonella und Campylobacter (in 100 ml) sowie möglichst weitgehend frei von E. coli (in 100 ml); die aerobe Gesamtkeimzahl sollte 1.000 KBE/ml bei 37°C und 10.000 KBE/ml bei 20°C nicht überschreiten. Werden wiederholt Keime in dieser Dichte nachgewiesen, so ist von einer höheren Belastung des Systems oder des eingespeisten Wassers auszugehen. Wenn diese Parameter nicht eingehalten werden, sollte der Tierhalter die Ursachen (z.B. Stallstaub, Futterreste, Ausscheidungen der Tiere oder Eindringen von Abwasser) ermitteln und geeignete bauliche, technische oder auch organisatorische Maßnahmen treffen, um die biologische Tränkwasserqualität auf einen entsprechenden Standard zu bringen.

3.2. Chemische und physiko-chemische Qualität

Zur Bewertung der chemischen und physiko-chemischen Tränkwasserqualität können verschiedene Parameter herangezogen werden, wie der pH-Wert, die Leitfähigkeit, der Salzgehalt sowie die Konzentration an anorganischen und organischen Inhaltsstoffen.

In den Tabellen 2 und 3 werden unter Berücksichtigung von Lebens- und Futtermittelsicherheit sowie der Angaben anderer Autoren Empfehlungen für Orientierungswerte zur Bewertung der physiko-chemischen und chemischen Tränkwasserqualität gegeben.

4. Allgemeine Hinweise zur Probenahme

Bevor eine Probe entnommen wird, sollte klar sein, zu welchem Zweck das gemacht wird. Denn der Probenahmeort und die Untersuchungsparameter sollen danach gerichtet sein. Die Entnahmestelle ist nach dem Untersuchungsziel auszuwählen. Routineproben sollten möglichst am Einspeisungsort entnommen werden. Bei der Überprüfung von Auffälligkeiten oder zum Zweck der Aufklärung von Tiererkrankungen sollte auch eine Probe an der Tränke entnommen werden.
Einzelheiten zur Probenahme sollten mit dem Untersuchungslabor abgestimmt werden.

5. Empfehlungen

Das Bereitstellen ausreichender Mengen Wasser in geeigneter Qualität ist eine entscheidende Voraussetzung für die Gesundheit und Leistung der Tiere sowie für die Vermeidung eines etwaigen Übertrags von Organismen und/oder Stoffen in die Lebensmittelkette. Folgendes wird empfohlen:

  • Tränkwasser sollte für die Tiere ständig verfügbar sein.
  • Der Wasserbedarf je Kilogramm Trockensubstanzaufnahme variiert bei den verschiedenen Tierarten und -kategorien in Abhängigkeit von unterschiedlichen Einflussfaktoren (wie etwa Temperatur) durschnittlich zwischen 2 und 5 l.
  • Nach Anhang III der Futtermittelhygiene-Verordnung muss Tränkwasser so beschaffen sein, dass es für die betreffenden Tiere "geeignet" ist. Kriterien für die Eignung des Tränkwassers sind Schmackhaftigkeit, Verträglichkeit und Verwendbarkeit (anorganische und organische Inhaltsstoffe und Kontaminanten).
  • Die Eignung des Tränkwassers sollte vorrangig auf der Ebene des eingespeisten bzw. im System befindlichen Wassers überprüft werden, insbesondere im Hinblick auf Keimgehalte und chemische Qualität.
  • Tränkwasser sollte auch noch zum Zeitpunkt der eigentlichen Aufnahme durch die Tiere eine geeignete Qualität aufweisen, dies ist unter Umständen durch entsprechende Konstruktion, Anbringung, regelmäßige Reinigung und Wartung der Tränkeeinrichtungen zu sichern.
  • Bei der Versorgung von Lebensmittel liefernden Tieren mit Tränkwasser, das nicht aus dem öffentlichen Netz stammt, wird eine regelmäßige Überprüfung der Tränkwasserqualität angeraten. Erste Hinweise zum Gewässerzustand der Region können bei Einrichtungen wie Umweltbehörden, Gesundheitsämter, Länderarbeitsgemeinschaften (wie Gewässergütekarte) erfragt werden.
  • Bei der Untersuchung und Beurteilung der Tränkwasserqualität sind unter Umständen weitere rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten, wie etwa die Zoonose-Richtlinie bei Nachweis bestimmter Erreger oder die futtermittelrechtlichen Vorschriften über unerwünschte Stoffe (siehe Anlage 5 der Futtermittelverordnung).
  • Erfolgt eine Behandlung des Tränkewassers mit einem physikalischen Verfahren oder einem Zusatz von Organismen oder Stoffen, so sind nur zugelassene Verfahren oder Produkte zu verwenden (für Trinkwasser zugelassene Stoffe oder als Futtermittel-Zusatzstoffe oder Biozide zugelassene Stoffe). Die jeweiligen Anwendungsbedingungen und Verwendungsbeschränkungen sind zu beachten.
Tabelle 2: Empfehlungen für Orientierungswerte zur Bewertung der physiko-chemischen Tränkwasserqualität (eingespeistes und im Verteilersystem befindliches Tränkwasser) im Sinne der Futter- und Lebensmittelsicherheit
ParameterEinheitOrientierungswert für die Eignung von TränkwasserBemerkungen
(mögliche Störungen)
Grenzwert für
Trinkwasser nach Trinkwasser-
verordnung
pH-Wert5)> 5, < 9Korrosionen im Leitungssystem6,5 - 9,5
Elektrische LeitfähigkeitµS/cm< 3000evtl. Durchfälle bei höheren Werten, Schmackhaftigkeit2500
Lösliche Salze, gesamt(g/l)< 2,5
Oxidierbarkeit6)(mg/l)< 15Maß für Belastung mit oxidierbaren Stoffen5
Tabelle 3: Empfehlungen für Orientierungswerte in mg/l zur Bewertung der chemischen Tränkwasserqualität (eingespeistes und im Verteilersystem befindliches Tränkwasser) im Sinne der Futter- und Lebensmittelsicherheit
ParameterOrientierungswert für die Eignung von TränkwasserBemerkungen
(mögliche Störungen
Grenzwert für
Trinkwasser nach Trinkwasser-
verordnung

1) Geflügel

2) sonstige Tierarten

3) ruminierende Wiederkäuer

4) Kälber und andere Tierarten

5) pH < 5: sauer und möglicherweise korrosiv wirkend, Zusatz organischer Säuren kann pH-Wert senken.

6) Maß für organische Substanzen im Wasser (< 5 mg/l für eingespeistes Wasser)

7) Zusetzen von Leitungen und Nippeltränken

8) Orientierungswert problematisch für Schafe sowie Kälbern mit Milchaustauscher (Cu-arme Milchaustauscher verwenden)

9) Orientierungswert nur bei Herstellung von Milchaustauscher-Tränke

Ammonium (NH4+)< 3Hinweis auf Verunreinigung0,5
Arsen (As)< 0,05Gesundheitsstörungen, Minderleistung0,01
Blei (Pb)< 0,10,01
Cadmium (Cd)< 0,020,005
Calcium (Ca)7)500Funktionsstörungen,
Kalkablagerungen in Rohren und Ventilen
kein Grenzwert vorhanden
Chlorid (CI-)< 2501)
< 5002)
Feuchte Exkremente1)250
Eisen (Fe)7) < 3Antagonist zu anderen Spurenelementen,
Eisenablagerung in Rohren, Biofilmbildung, Geschmacksbeeinflussung
0,2
Fluor (F)< 1,5Störungen an Zähnen und Knochen1,5
Kalium (K)< 2501)
< 5002)
Feuchte Exkremente1)kein Grenzwert vorhanden
Kupfer (Cu)8)< 2Gesamtaufnahme bei Schafen und Kälbern berücksichtigen2
Mangan (Mn)< 4Ausfällungen im Verteilersystem, Biofilme möglich0,05
Natrium (Na)< 2501)
< 5002)
Feuchte Exkremente1)200
Nitrat (NO3-)

< 3003)

< 2004)

Risiken für Methämoglobinbildung, Gesamtaufnahme berücksichtigen50
Nitrit (NO2-)< 30Risiken für Methämoglobinbildung, Gesamtaufnahme berücksichtigen0,5
Quecksilber (Hg)< 0,003Allgemeine Störungen0,001
Sulfat (SO42-)< 500Abführender Effekt240
Zink (Zn)9)< 5kein Grenzwert vorhanden

Erschienen am im Format Artikel

Das könnte Sie auch interessieren

Ergebnisse der amtlichen Futtermittelüberwachung im Kontrolljahr 2022 (Thema:Futtermittel)

Die Länder sind für die Futtermittelüberwachung zuständig und führen die amtlichen Kontrollen im Futtermittelsektor auf Grundlage des zwischen Bund und Ländern abgestimmten Kontrollprogramms Futtermittel für die Jahre 2022 bis 2026 durch. Die Kontrollen sind risikoorientiert und werden entlang der gesamten Futtermittelkette durchgeführt. Das Kontrollprogramm ist Bestandteil des Mehrjährigen Nationalen Kontrollplans (MNKP) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 625/2017 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz.

Mehr

Lists of establishments in accordance with Annex IV to Regulation (EC) No 999/2001 - Listen von Betrieben nach Anhang IV Verordnung (EG) Nr. 999/2001 (Thema:Futtermittel)

Die Europäische Union (EU) legt Vorschriften zur Vorbeugung, Kontrolle und Tilgung der transmissiblen spongiformen Enzephalopathien (TSE) fest. Ihr Ziel ist, ein hohes Niveau im Bereich Gesundheitsschutz und Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten.

Mehr

Oberste Landesbehörden für die Futtermittelüberwachung (Thema:Futtermittel)

Anschriften der für die Futtermittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden in der Bundesrepublik Deutschland (Stand: 1. Januar 2022)

Mehr