Unabhängige Historikerkommission zur Aufarbeitung der Geschichte des BMEL

Bundesministerin Julia Klöckner nahm am 17. Juni 2020 Abschlussbericht zur Geschichte des Bundesministeriums entgegen

Welche Kontinuitäten und welche Brüche gab es in der deutschen Agrarpolitik? Welche Ereignisse führten zur Gründung des Reichsernährungsministeriums 1919? Welche Rolle spielte das Reichsernährungsministerium im Nationalsozialistischen Staat? Wie ist man im BMEL mit der Vergangenheit umgegangen? Inwieweit waren NS-belastete Beamte im BMEL tätig? Wie verliefen parallele Entwicklungen in der DDR?

Um die Geschichte des Ministeriums und seiner Vorgängerinstitutionen im Kontext der Geschichte des 20. Jahrhunderts zu beleuchten, hat das BMEL im Juli 2016 eine Unabhängige Historikerkommission eingesetzt.

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Übergabe des Abschlussberichts:
Prof. Dr. Horst Möller, Vorsitzender der Unabhängigen Historikerkommission beim BMEL
© BMEL

Der Forschungsauftrag der Unabhängigen Historikerkommission bezog sich insbesondere auf

  • die Wiederbegründung des Ministeriums im Jahr 1949,
  • die Geschichte seiner Vorgänger Institutionen,
  • die Frage nach der personellen und sachlichen Kontinuität bzw. Diskontinuität,
  • die Haltung zu seinen Vorgängerinstitutionen,
  • die Rolle der Verbände
  • und die zeitlich parallelen Entwicklungen in der Deutschen Demokratischen Republik.

Die Wissenschaftler haben dabei im Unterschied zu anderen Aufarbeitungsprojekten nicht lediglich die Nachkriegszeit betrachtet. Die Untersuchung greift bis in die letzten Jahre des Ersten Weltkrieges zurück, in denen das Kriegsernährungsamt als Vorläufer des Reichsernährungsministeriums gegründet wurde. Aus der jüngeren Geschichte wurde die Rolle des BMEL bei der Entstehung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU in den Blick genommen.

Bundesministerin Klöckner dankte Kommissionsmitgliedern

Am 17. Juni 2020 wurde nach vierjähriger Arbeit der Abschlussbericht der Kommission an Bundesministerin Julia Klöckner übergeben. Die Übergabe wurde live auf Twitter übertragen.

Bundesministerin Julia Klöckner dankte den Kommissionsmitgliedern für ihre Arbeit, für die ihnen volle Akteneinsicht gewährt worden war. Sie betonte: "Der Bericht schafft Transparenz über die Vergangenheit unseres Ministeriums. Er ist ehrlich, teilweise schonungslos. Ganz bewusst wurde der Auftrag der Kommission zeitlich weit zurückgreifend gefasst. Denn wenn wir eines nicht zulassen dürfen, dann, dass unbequeme Wahrheiten unter den Teppich gekehrt werden. Nur wer aus der Geschichte lernt, ist aufmerksam für die Zukunft – gerade, wenn sie an der ein oder anderen Stelle schmerzhaft ist.

Entscheidend ist, die richtigen Lehren auch aus den dunkelsten Kapiteln unserer Geschichte zu ziehen. Für mich heißt das, gerade als Konsequenz aus der NS-Zeit: Zur Einigung Europas, zur Stärkung und Bewahrung des europäischen Binnenmarktes und einer gemeinsamen europäischen Agrarpolitik gibt es keine Alternative. Und das ist die sehr positive Botschaft des Berichts: Unser Ministerium hat über die Zeit eine pro-europäische Perspektive eingenommen. Das weiterzuführen – auch das ist ein klarer Auftrag aus dem Blick in den Rückspiegel."

Der Abschlussbericht ist unter dem Titel "Agrarpolitik im 20. Jahrhundert - Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und seine Vorgänger" im Verlag De Gruyter Oldenburg erschienen.

Die Historiker und ihre Mitarbeiter haben den Band in sechs Abschnitte gegliedert: 

  1. Vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Weimarer Republik (Gustavo Corni, Francesco Frizzera)
  2. Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft in der Zeit des Nationalsozialismus (Ulrich Schlie)
  3. Landwirtschaftspolitik unter alliierter Besatzung 1945-1949 (Horst Möller, Eberhard Kuhrt)
  4. Landwirtschaftsministerium und Agrarpolitik in der alten Bundesrepublik (Friedrich Kießling)
  5. Das DDR-Landwirtschaftsministerium – Politik und Personal (Daniela Münkel, Ronny Heidenreich)
  6. Sechzig Jahre Europäisierung der Agrarpolitik – Interessen, Konflikte, Weichenstellungen. Eine historisch-politische Betrachtung (Joachim Bitterlich, Simon Reiser)

Die Mitglieder der Kommission

  • Prof. Dr. Horst Möller, Vorsitzender der Unabhängigen Historikerkommission beim BMEL, ehemaliger Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in München
  • Prof. Joachim Bitterlich, Botschafter a.D. Professor an der ESCB (Ecole Supérieure de Commerce de Paris)
  • Prof. Dr. Gustavo Corni, Professor für Zeitgeschichte, Dipartimento di Lettere e Filosofia und Scuola di Studi Internazionali, Universität Trient
  • Prof. Dr. Andreas Dornheim, außerplanmäßiger Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
  • Prof. Dr. Friedrich Kießling, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
  • Prof. Dr. Daniela Münkel, Projektleiterin beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, außerplanmäßige Professorin an der Leibniz Universität Hannover
  • Prof. Dr. Ulrich Schlie, Ministerialdirektor a. D., Henry Kissinger Professor für Sicherheits- und Strategieforschung an der Universität Bonn

Hintergrund

Die Kommission hat im Mai 2017 ihren Forschungsansatz in einem Zwischenbericht vorgestellt. Bereits 2011 hatte Professor Dr. Andreas Dornheim im Auftrag des BMEL ein erstes Gutachten über Vorgängerinstitutionen des BMEL in der Zeit des Nationalsozialismus geschrieben.

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