Weiterentwicklung der Betriebsprämienregelung

2. Teil der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim BMELV

1. Die Ausgestaltung der Direktzahlungen nimmt in der Mitteilung der Kommission einen breiten Raum ein – eine grundsätzliche Diskussion dieses Instruments erfolgt aber nicht. Der Beirat sieht generell die derzeitigen Direktzahlungen lediglich als Instrument für Übergangs- und Anpassungsprozesse an und hat deshalb bereits eine zeitliche Degression vorgeschlagen (Literaturhinweis Nr. 2, Seite 7 und 3, S. 4–6). Die Kommission sollte über den Gesundheitscheck hinaus baldmöglichst ein Konzept vorlegen, wie sie sich den Abbau der Direktzahlungen nach 2013 vorstellt. Eine klare politische Vorstellung über die zeitliche Degression der Direktzahlungen ist auch angesichts der öffentlichen Debatte über deren Notwendigkeit vor dem Hintergrund aktueller Preissteigerungen auf einigen Agrarmärkten angezeigt.

2. Die Kommission regt an, die derzeitige Betriebsprämienregelung in den Mitgliedsstaaten in Richtung einer national oder regional "einheitlichen Flächenprämie" fortzuentwickeln, wie das bereits in Deutschland umgesetzt wird. Der Beirat hält es für akzeptabel, das derzeit bestehende System aus administrativen Gründen zu vereinheitlichen und zu vereinfachen.

3. Der Beirat hat sich kritisch zur Cross-Compliance-Regelung geäußert und stattdessen vorgeschlagen, die Einhaltung von Standards und Auflagen wirksam und sanktionsbewehrt in den einschlägigen Fachgesetzen zu regeln und darüber hinausgehende Anforderungen über entsprechende Instrumente der 2. Säule umzusetzen (2, S. 6). Vor diesem Hintergrund ist es zumindest zu begrüßen, dass die Kommission eine weitere Vereinfachung der Cross-Compliance-Regelung anstrebt. Der Beirat lehnt es ab, wenn andererseits vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen für Landwirtschaft und ländliche Räume die bestehende Regelung noch ausgebaut werden soll (siehe Punkt 15).

4. Die Kommission schlägt vor zu prüfen, ob im Einzelfall teilweise gekoppelte Beihilfen weiterhin aufrechterhalten werden können (Beispiel: Mutterkuhprämie in Regionen mit extensiver Rindfleischerzeugung). Der Beirat hält eine integrierte Sicht von Politiken in der 1. und 2. Säule für konsequenter: Die vollständige Entkopplung in der 1. Säule bei gleichzeitiger Formulierung geeigneter Maßnahmen in der 2. Säule (2, S. 2–4). Die Überlegungen der Kommission zur Aufrechterhaltung teilgekoppelter Direktzahlungen sind allenfalls als Übergangslösung akzeptabel, wenn positive Produktionsexternalitäten vorliegen und solange eine entsprechende Internalisierung solcher Externalitäten noch nicht durch geeignete Instrumente der 2. Säule erfolgt. Grundsätzlich weist der Beirat auf die Probleme gekoppelter Zahlungen im Hinblick auf innergemeinschaftliche Wettbewerbsverzerrungen und Transferströme sowie auf die WTO-Kompatibilität hin.

5. Überlegungen der Kommission zur Einführung neuer gekoppelter Zahlungen durch Erweiterung des Artikels 69 der horizontalen EU-Beihilfeverordnung (Verordnung (EG) 1782/2003) weist der Beirat zurück. So regt die Kommission unter anderem an, Benachteiligungen von Milcherzeugern sowie Rinder-, Schaf- und Ziegenhaltern in bestimmten Gebieten über gekoppelte Ergänzungszahlungen auszugleichen. Solche Überlegungen führen in die falsche Richtung (vgl. Punkt 4).

6. Wieder einmal schlägt die Kommission eine Begrenzung der Direktzahlungen für Großbetriebe vor, die aktuell in verschiedenen Versionen diskutiert wird. Der Beirat hat dieses Thema und verschiedene Ausgestaltungsoptionen in seinem Gutachten von 2004 diskutiert und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass betriebsgrößenbezogene Kürzungen von Direktzahlungen weder ökonomisch noch ökologisch überzeugend begründbar sind und auch nicht unbedingt zu mehr Verteilungsgerechtigkeit führen (2, S. 7). Es ist festzustellen, dass die Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik bis hin zu den derzeitigen Direktzahlungen niemals konsequent verteilungspolitisch konzipiert worden ist und Verteilungspolitik auf sektoraler Ebene auch nicht sinnvoll geleistet werden kann.

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