Deutschlands Vorschlag für ein Meeresschutzgebiet in der Antarktis

Die Bundesregierung setzt sich nachdrücklich für die Ausweitung von Meeresschutzgebieten in der Antarktis ein und hat bereits in 2016 einen Vorschlag für ein Meereschschutzgebiet (MPA) im Weddellmeer bei der Internationalen Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze in der Antarktis (CCAMLR) vorgelegt. Leider ist es seitdem noch nicht gelungen, diesen Vorschlag im Rahmen von CCAMLR anzunehmen, da der dafür notwendige Konsens innerhalb der insgesamt 27 CCAMLR-Mitglieder nicht erreicht werden konnte.

Obwohl die große Mehrheit der CCAMLR Mitgliedsstaaten diesen und weitere Schutzgebietsvorschläge unterstützt, wird deren einstimmige Annahme seit Jahren von einigen wenigen Mitgliedern (Russland, China) blockiert, die Bedenken haben bzgl. Größe und Ausgestaltung der Meeresschutzgebiete und deren potentieller Auswirkungen auf die Fischereiinteressen und die kommerzielle Nutzung der Krill- und Fischbestände. Bisher sind alle Versuche gescheitert, diese Bedenken auszuräumen und einen für alle tragbaren Kompromiss in den Verhandlungen zu erzielen.

Das Weddellmeer ist eine von insgesamt neun Planungsregionen im CCAMLR-Vertragsgebiet des gesamten Antarktischen Ozeans. Der von Deutschland erarbeitete Schutzgebietsvorschlag umfasst eine Fläche von rund 2 Millionen Quadratkilometern, fünfeinhalb Mal so groß wie Deutschland. Es würde das derzeit mit Abstand größte Meeresschutzgebiet der Welt werden.

Eine der letzten nahezu unberührten Regionen der Antarktis

Stichwort Weddellmeer

Auftauchender Wal vor einem Eisberg Wal
© hecke71 - stock.adobe.com

Das Weddellmeer ist der atlantische Teil des Südpolarmeeres und hat eine Fläche von rund 2,8 Millionen Quadratkilometern. In diesem einzigartigen und weitgehend unberührten Gebiet leben circa 14.000 Tierarten. Meeresbiologen vergleichen die Artenvielfalt des Weddellmeeres mit der tropischer Riffe. Besonders der Kontinentalschelf in Meerestiefen bis 600 Meter ist Heimat von einzigartigen Tiergemeinschaften und Ökosysteme, die sich über Jahrmillionen an die antarktischen Lebensverhältnisse angepasst haben. Seit Entdeckung des Weddellmeeres im Jahr 1823 wurde dort wegen der nahezu unschiffbaren Eisverhältnisse nie kommerzielle Fischerei betrieben.

Trotz der langjährigen Erforschung des Weddellmeeres durch Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts gibt es immer wieder Überraschungen. So wurde im Februar 2021 mit einem Unterwasserkamerasystem am Meeresboden im südöstlichen Weddellmeer eine ca. 240 Quadratkilometer große Eisfisch-Brutstätte entdeckt mit einer geschätzten Gesamtzahl von etwa 60 Millionen Fischnestern. Dies ist mit Abstand die größte bisher bekannte Fischnestkolonie und ein Grund mehr, das Weddellmeer zu schützen.

Deutschland unterstützt die internationalen Anstrengungen zum Schutz der Meeresgebiete in der Antarktis seit langem mit großem Nachdruck. Die Einrichtung solcher Schutzgebiete wäre ein großer Schritt hin zur Erfüllung des von den Vereinten Nationen und der internationalen Staatengemeinschaft beschlossenen Nachhaltigkeitsziels, das Leben in den Ozeanen zu schützen und 30% der Weltmeere bis 2030 unter Schutz zu stellen.

Experten am Alfred-Wegner-Institut (AWI) haben Hunderttausende von Daten aus dem Weddellmeer zusammengetragen und ausgewertet. Damit wurde eine umfangreiche wissenschaftliche Basis geschaffen, um die empfindlichen marinen Tiergemeinschaften und Ökosysteme, die sich über Jahrmillionen an die antarktischen Lebensverhältnisse im Weddellmeer angepasst haben, gezielt und effektiv zu schützen.

Untersuchungen des AWI zeigen, dass der Klimawandel bisher noch wenige Auswirkungen auf diese Meeresregion hatte. Während in den letzten Jahren das Meereis an vielen Stellen um den antarktischen Kontinent drastisch abnahm, war das Weddellmeer immer noch relativ gut mit Meereis bedeckt. Dies bedeutet, dass dem Weddellmeer eine herausragende Bedeutung als Rückzugsort für kälteliebende Arten zukommt. Ein Drittel aller Kaiserpinguine erblickt auf dem Meereis das Licht der Welt. Sechs Robben- und zwölf Walarten wie Buckelwale, Schwertwale, Blauwale und Antarktische Zwergwale sind dokumentiert. Außerdem ist die Region ein wertvolles Referenzgebiet für die wissenschaftliche Grundlagenforschung. Deshalb besteht ein großes Interesse daran, dass künftige Forschungsarbeiten in diesem einzigartigen und weitgehend unberührten Gebiet nicht durch zerstörerische menschliche Aktivitäten gefährdet werden.

Vorschläge für antarktische Meeresschutzgebiete

Bereits in 2009 wurde unter CCAMLR das erste Hochsee Schutzgebiet südlich der Südorkney Inseln eingerichtet. In 2016 wurde dann ein von Neuseeland und den USA erarbeiteter Vorschlag für ein Meeresschutzgebiet im Rossmeer verabschiedet. Darüber hinaus gibt es bereits seit 2012 einen Vorschlag für die Einrichtung eines Meeresschutzgebietes in der Ostantarktis, der von Frankreich, der EU und Australien vorgelegt und seither mehrfach überarbeitet wurde. In 2016 folgte der deutsche Weddellmeer Vorschlag, der in 2018 in ein westliches Gebiet (Phase 1) unter deutscher / EU-Federführung und ein östliches Gebiet (Phase 2) unter norwegischer Federführung geteilt wurde. Auf der CCAMLR-Jahrestagung in 2018 brachten Argentinien und Chile des weiteren einen Vorschlag für ein Meeresschutzgebiet um die antarktische Halbinsel ein. Alle diese Initiativen sehen Maßnahmen für die Bewahrung besonders sensibler Gebiete im Südpolarmeer und dem nachhaltigen Umgang mit den dort lebenden Meeresbewohnern vor.

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