Nationaler Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP)

Am 21. Dezember 2016 hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) im Bundeskabinett verabschiedet. Im NAP verankert die Bundesregierung erstmals die Verantwortung von deutschen Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte in einem festen Rahmen.

Bei der Definition der Sorgfaltspflicht orientiert sich die Bundesregierung eng an den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen (VN). Sie wurden 2011 einstimmig im Menschenrechtsrat beschlossen. Mit dem NAP soll ihre Umsetzung in Deutschland vorangebracht werden. Damit setzt die Regierung die Empfehlung der EU-Kommission und des Europarates an die Mitgliedsstaaten um, Nationale Aktionspläne zu entwickeln.

Gemäß den VN-Leitprinzipien basiert der NAP auf drei Säulen:

  1. Der staatlichen Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte,
  2. der Achtung der Menschenrechte durch Unternehmen und
  3. der Abhilfe für Opfer von Menschenrechtsverletzungen.

Menschenrechte

Die Menschenrechte bilden einen Kernbestand des Völkerrechts, vergleichbar dem Grundrechtsschutz im Grundgesetz der bundesdeutschen Rechtsordnung. Die Menschenrechte gelten universell, das heißt überall auf der Welt, auch wenn sie nicht überall im gleichen Maße verwirklicht sind.

Der Staat hat die völkerrechtliche Verpflichtung, die Menschenrechte zu respektieren, zu schützen und zu gewährleisten. Er muss auch dafür sorgen, dass Menschen nicht durch das Verhalten anderer - zum Beispiel Unternehmen - zu Schaden kommen. Für eine wirksame Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen müssen jedoch alle Akteure der Gesellschaft aktiv werden. Das ergibt sich aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (AEMR), dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) und dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt). Diese Übereinkommen der Vereinten Nationen, verbunden mit den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind der Rahmen für die Beurteilung von unternehmerischen Auswirkungen auf die Menschenrechte.

Beispiele für Menschenrechte:

  • Recht auf Arbeit und Rechte in der Arbeit
  • Kinderrechte in der Arbeit
  • Recht auf einen angemessenen Lebensstandard (Wohnen, Nahrung, Wasser)
  • Rechte indigener Völker auf Selbstbestimmung
  • Recht auf höchsten erreichbaren Gesundheitszustand
  • Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
  • Recht auf Vereinigungsfreiheit

Unternehmerische Sorgfaltspflichten im NAP: Fünf Kernelemente

Die Bundesregierung formuliert im NAP ihre klare Erwartung, dass Unternehmen die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht einhalten und Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten achten. Sie erwartet von allen Unternehmen, dass sie dazu Leitlinien und Prozesse einführen – in Deutschland und in ihrem Auslandsgeschäft. Auch dort, wo ein anderer Staat nicht willens oder in der Lage ist, den Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten, sollen Unternehmen Maßnahmen ergreifen, möglichen Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen und die von ihnen verursachten Menschenrechtsverletzungen wiedergutzumachen.

Unternehmen sollten sich fragen:

  • Durch welche Aktivitäten und an welcher Stelle der Lieferkette könnten Menschenrechte nachteilig beeinflusst werden?
  • Unter welchen Bedingungen und mit welchen Auswirkungen auf Menschenrechte werden Rohstoffe gewonnen, Produkte hergestellt und in den Verkauf gebracht?
  • Wie wahrscheinlich sind die negativen Auswirkungen und wie schwerwiegend sind sie?

Wenn ein Unternehmen die Risiken ermittelt hat und kennt, kann es nachteilige Auswirkungen vermeiden oder mildern.

Der NAP sieht dementsprechend folgende fünf Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht vor:

  1. Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte
  2. Verfahren zur Ermittlung tatsächlicher und potenziell nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte (Risikoanalyse)
  3. Maßnahmen zur Abwendung potenziell negativer Auswirkungen und Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen
  4. Berichterstattung
  5. Beschwerdemechanismus

Die in diesem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen sollen der Größe der Unternehmen, ihrer Branche und ihrer Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette angemessen sein. Sie lassen sich zum Teil in bestehende Nachhaltigkeitsaktivitäten integrieren (zum Beispiel im Rahmen von CSR-Konzepten).

Bedeutung für die Agrar- und Ernährungswirtschaft

Auch Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft unterliegen dem Risiko, dass sich ihre Aktivitäten – direkt oder indirekt – nachteilig auf Menschenrechte auswirken können. Dies liegt unter anderem an der zunehmenden Verzahnung ökonomischer Aktivitäten weltweit und daran, dass die Liefer- und Wertschöpfungsketten in den letzten Jahrzehnten länger und komplexer geworden sind.

Zum Beispiel stehen Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Bezug auf das Menschenrecht auf angemessene Nahrung in der Verantwortung, Nahrungsmittel vor Verunreinigung zu schützen und – vor allem in Entwicklungsländern – die Bevölkerung nicht beim Erhalt oder der Produktion von Nahrung zu behindern. So sollte die Nutzung oder der Erwerb von Land nicht mit Enteignungen und Vertreibungen einhergehen und damit vorherigen Nutzern den Zugang zu Nahrung erschweren oder gar unmöglich machen.

Was ist CSR?

Unter CSR ist die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens zu verstehen.

Dies umfasst soziale, ökologische und ökonomische Aspekte, wie sie etwa in international anerkannten Referenzdokumenten zur Unternehmensverantwortung ausgeführt sind. Dazu gehören insbesondere die ILO-Grundsatzerklärung über Unternehmen und Sozialpolitik, die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen aber auch die VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, der UN Global Compact oder ISO 26000. Konkret geht es beispielsweise um faire Geschäftspraktiken, mitarbeiterorientierte Personalpolitik, den sparsamen Einsatz von natürlichen Ressourcen, den Schutz von Menschenrechten, des Klimas und der Umwelt sowie die Verantwortung in der Lieferkette.

Maßnahmen des BMEL

Der NAP ist ein wichtiger Beitrag zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und insbesondere zur Stärkung des menschenrechtsbasierten Ansatzes bei der Hungerbekämpfung. BMEL hat sich in der FAO seit Längerem erfolgreich dafür eingesetzt, internationale Instrumente, wie die Freiwilligen Leitlinien zur verantwortlichen Landnutzung (VGGT) sowie die Prinzipien für verantwortliche Agrarinvestitionen (RAI), auf der Basis der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte zu formulieren.

Die Bundesregierung hat den Interministeriellen Ausschuss für Wirtschaft und Menschenrechte (IMA) unter Federführung des Auswärtigen Amtes eingesetzt. Der IMA hat die Aufgabe, die Umsetzung des NAP voranzubringen sowie die Umsetzung und Kohärenz der ergriffenen Maßnahmen zu überprüfen.

Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben wird der IMA durch das Nationale CSR-Forum der Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales beraten. Die Arbeitsgruppe Wirtschaft und Menschenrechte des CSR-Forums begleitet die Aktivitäten des IMA zur Umsetzung des NAP und spricht der Bundesregierung Handlungsempfehlungen aus.

Das BMEL begleitet den Umsetzungsprozess des NAP im Rahmen seiner Zuständigkeit. Es ist Mitglied im IMA und in der AG Wirtschaft und Menschenrechte des CSR-Forums.

Die vom BMEL geförderten Brancheninitiativen Forum Nachhaltiges Palmöl und Forum Nachhaltiger Kakao gelten in diesem Zusammenhang als beispielgebend und werden in den Umsetzungsprozess einbezogen. In der aktuellen Förderphase des Forums (November 2018 bis Februar 2021) unterstützt das BMEL das FONAP auch dabei, Handlungsempfehlungen zur Berücksichtigung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten für seine Mitglieder zu entwickeln.

Auf dem Außenwirtschaftstag 2018 des BMEL, des Auswärtigen Amtes und der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) gab es ein eigenes Forum und einen Informationsstand zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte.

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