Freihandelsabkommen der Europäischen Union
Freier Handel ist einer der wichtigsten Wachstumsmotoren für die Weltwirtschaft. Verbraucher und Unternehmen können davon in großem Maße profitieren – das zeigt die Geschichte der Europäischen Union.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt vor diesem Hintergrund die EU in ihrem Bemühen, umfassende Freihandelsabkommen auszuhandeln – sei es im Rahmen von Assoziations-, Partnerschafts- oder Kooperationsabkommen - solange bei den Verhandlungen der EU auf Ebene der Welthandelsorganisation (World Trade Organization – WTO) keine substanziellen Fortschritte erzielt werden.
Freihandelsabkommen der EU ergänzen aus europäischer und deutscher Sicht nur die WTO-Verhandlungen. Auch für das BMEL hat weiter Priorität, das multilaterale Handelssystem zu stärken und die seit 2001 laufenden Verhandlungen der WTO zu Agrar- und Fischereisubventionen der WTO abzuschließen. Alle Abkommen, die jenseits der WTO-Verhandlungen ausgehandelt werden, dürfen nicht hinter bestehende Verpflichtungen der WTO zurückfallen.
Studien zeigen: Freihandelsabkommen können dazu beitragen, Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende Arbeitsplätze zu sichern. Werden Zölle oder andere, ungerechtfertigte, Handelsbeschränkungen abgebaut - etwa durch Zusammenarbeit der Regelungsbehörden-, eröffnet das der wettbewerbsfähigen deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft neue Perspektiven, vor allem für qualitativ hochwertige Produkte.
Ein freier Marktzugang bringt zudem Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher: Die Produktauswahl wächst, Verbraucherpreise sinken. Das BMEL setzt sich dafür ein, dass bei den Verhandlungen der EU mit möglichen Freihandelspartnern das hohe Niveau des europäischen Verbraucherschutzes gewahrt bleibt. So müssen beispielsweise alle Produkte, die in der EU vertrieben werden, die hier geltenden Standards zur Produktsicherheit einhalten. Dies gilt auch für Importerzeugnisse.
Außerdem bieten bilaterale Abkommen die Chance, bestimmte Themen aufzugreifen, die im multilateralen Rahmen schwerer durchsetzbar sind. So versucht die EU etwa, auch Umwelt- und Sozialregelungen in ihre bilateralen Abkommen zu integrieren. Auch im Tierschutz verfolgt die EU das Ziel, Zusammenarbeit bei Tierschutzstandards in den Abkommen festzuschreiben.
Weltweite Verhandlungen
Das Hauptverhandlungsziel sind Abkommen mit Schwellenländern. Denn diese Länder werden nicht nur wirtschaftlich bedeutsamer, sie schützen zudem ihre Märkte häufig noch mit hohen Zöllen und anderen, nicht-tarifären Handelsschranken. Interessante Verhandlungspartner sind zudem traditionelle Handelspartner.
Kanada
Das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada ist am 21. September 2017 vorläufig in Kraft getreten. Da auch Inhalte in der Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten liegen, müssen die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten ratifizieren, bevor das Abkommen in allen Teilen in Kraft treten kann.
Mexiko
Im Rahmen ihrer neuen, umfassenderen Handelspolitik hat die EU auch Verhandlungen mit Mexiko geführt, um das seit 2000 bestehende Globalabkommen zu modernisieren. Die Verhandlungen über den Handelsteil des Abkommens wurden am 28.4.2020 abgeschlossen. Die europäische Kommission wird das Handelsabkommen nun einer Rechtsförmlichkeitsprüfung unterziehen, in alle Amtssprachen der EU übersetzen und danach dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union zur Genehmigung vorlegen.
Japan
Das Inkrafttreten des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der EU und Japan am 1. Februar 2019 setzt bei einem schwierigen internationalen Umfeld ein klares Signal für offene Märkte und einen regelbasierten Handel. Als Handelspartner für die Agrar- und Ernährungswirtschaft ist Japan von großem Interesse. Japan hat großen Bedarf für den Import von Gütern der Ernährungswirtschaft und eine große kaufkräftige Mittelschicht.
Mercosur
Seit 20 Jahren verhandeln die EU und der Mercosur (Mercado Común del Sur ("Gemeinsamer Markt des Südens") - Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay) über ein Assoziierungsabkommen mit einem umfassenden Freihandelsteil. Am Rande des G20-Gipfels in Osaka im Juni 2019 wurde die politische Grundsatzeinigung über das gemeinsame Freihandelsabkommen bekanntgegeben.
Vietnam
Am 30. Juni 2019 haben die EU und Vietnam das bereits Ende 2015 ausverhandelte Freihandelsabkommen unterzeichnet. Dieser immer wichtiger werdende Markt bietet auch interessante Marktchancen für die deutsche Agrar- und Lebensmittelwirtschaft.
Handelsvereinbarungen mit EU-Nachbarstaaten
Die europäische Nachbarschaftspolitik sieht vor, die Nachbarstaaten der EU durch Handelsvereinbarungen stärker mit der EU zu verbinden. Mit der Ukraine, Georgien und Moldau hat die EU entsprechende Assoziationsabkommen vereinbart, die bereits für die EU in Kraft sind und sich in den Mitgliedsstaaten derzeit z.T. noch im Ratifizierungsprozess befinden. Auch mit den Nachbarländern im Mittelmeerraum sucht die EU eine engere Kooperation über umfassende Entwicklungs- und Handelsabkommen.
Handelspolitik als Teil der EU-Außen- und Entwicklungspolitik
Synergien in der Außenpolitik werden auch durch die bereits abgeschlossenen Verhandlungen mit Mittelamerika und den Andenstaaten Kolumbien, Peru und Ecuador erwartet. Mit entwicklungspolitischem Schwerpunkt werden - unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) mit den Afrikanischen, Karibischen und Pazifischen Ländern und Regionen (AKP) verhandelt. Diese umfassen auch Freihandelsabkommen. Wegen der traditionell engen Beziehungen dieser Länder zu EU-Staaten wird ihnen ein vollständiger zoll- und quotenfreier Marktzugang in die EU gewährt; dies soll mit dazu beitragen, ihre wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.
Trotz des Ansatzes "Freihandel" können sich die AKP-Staaten aber bei sensiblen Produkten, vor allem im Agrarbereich gegen EU-Importe schützen. So können sie ihre eigene Landwirtschaft weiter entwickeln. Die Abkommen sind weitgehend fertig verhandelt und teilweise schon in Kraft: So wurde das regionale Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) mit den Karibik-Staaten (CARIFORUM) im Oktober 2008 unterzeichnet und seit Dezember 2008 vorläufig angewandt. Das WPA Südliches Afrika (SADC), zu dem die Länder Botswana, Lesotho, Mozambique, Namibia, Südafrika und Swasiland gehören, wurde im Juni 2016 unterzeichnet und befindet sich seit Oktober 2016 in der vorläufigen Anwendung. Mit den Regionen Westafrika (ECOWAS), und Ostafrika (EAC) konnten die Verhandlungen abgeschlossen werden.
Die Abkommen müssen jeweils noch von den einzelnen Staaten ratifiziert werden. Mit den Regionen Pazifik, Südöstliches Afrika und Zentralafrika konnten Interim-WPAs mit einzelnen Staaten (Papua-Neuguinea, Fidschi, Mauritius, Madagaskar, Simbabwe, den Seychellen und Kamerun) abgeschlossen werden; diese werden ebenfalls bereits angewandt. Die Verhandlungen auf regionaler Ebene werden fortgeführt. Die am wenigsten entwickelten Länder erhalten in der EU unabhängig davon vollständig zoll- und quotenfreien Marktzugang für ihre Waren.