Fachforum diskutiert Forschungsergebnisse zum ehrenamtlichen Engagement in ländlichen Räumen
Der Herausforderung, Wissenschaft und Praxis zusammenzubringen, stellte sich ein im Auftrag des Kompetenzzentraums Ländliche Entwicklung ausgerichtetes Fachforum, das im Rahmen des Zukunftsforums Ländliche Entwicklung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Berlin stattfand. Dabei gingen die Teilnehmenden der Leitfrage nach, wie Vielfalt und Teilhabe im Ehrenamt gestärkt und erhalten werden können.
Grundlage des gut besuchten Fachforums am 23. Januar 2025 bildeten die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der BULEplus-Forschungsfördermaßnahme "Ehrenamtliches Engagement in ländlichen Räumen“ des BMEL. In deren Verlauf hatten sich von 2021 bis 2024 insgesamt elf Forschungsprojekte mit verschiedenen Aspekten des freiwilligen Engagements in ländlichen Räumen beschäftigt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus vier dieser Projekte bereicherten die interessante Podiumsdiskussion mit ihren Ausführungen.
Begrüßt wurden die Zuhörenden des Fachforums von Dr. Klaus Heider, Leiter der Abteilung für Ländliche Entwicklung, Digitalpolitik, Innovation des BMEL. Anschließend bekamen sie einen Einblick in die Ergebnisse der Querschnittsauswertung der Fördermaßnahme. Deren Ziel war es, als Basis für den Wissenstransfer, zentrale Erkenntnisse aus den elf Vorhaben systematisch zusammenzutragen und übergreifende Handlungsempfehlungen abzuleiten. Für die beiden mit diesem Analyseauftrag betrauten Fachbüros führten Hanna Kribbel (neuland21) und Stella Eißner (Syspons) aus, dass die Benennung zentraler Ansprechpersonen und die Schaffung von Koordinierungsstellen auf Gemeinde- und Landkreisebene zentrale Stellschrauben zur besseren Unterstützung der Engagierten sein können.
Anne-Kathrin Meister, die stellvertretende Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend war angereist, um die vorgestellten Ergebnisse aus Sicht der Engagementpraxis zu kommentieren. Im Gespräch mit der Moderatorin Teresa Sickert betonte sie die Bedeutung von Vernetzung und Austausch der Ehrenamtlichen untereinander sowie mit der Kommune vor Ort. Um mehr Frauen für das Ehrenamt zu gewinnen, seien Kinderbetreuungsangebote und flexible Arbeitszeiten richtige Ansätze. Insgesamt bewertet sie die Handlungsempfehlungen als wertvoll und bestätigend für ihre Arbeit.
Forschungsergebnisse in der Diskussion
Einen weiteren Höhepunkt der Veranstaltung bildete die Podiumsdiskussion der eingeladenen Vertreterinnen und Vertreter aus den Forschungsprojekten zum Thema Vielfalt und Teilhabe im Ehrenamt. Prof. Dr. Elisabeth Richter von der Medical School Hamburg hat in Ihrem Projekt Kinder- und Jugendverbände, Jugendparlamente und Jugendhilfeausschüsse befragt. Dabei ist sie zu dem Schluss gekommen, dass Jugendliche mit ihren Interessen stärker sichtbar in die Kommunalpolitik eingebunden werden müssen. Sie fordert, dass partizipative Strukturen weiter ausgebaut werden müssen, sodass die Erwachsenen Verantwortung mit den Kindern und Jugendlichen teilen und diese tatsächlich mitentscheiden können.
In eine ähnliche Richtung argumentierte Dr. Tuuli-Marja Kleiner, die sich im Projekt des Thünen-Instituts in Braunschweig mit der Nachwuchsgewinnung von Vereinen beschäftigt hat. Sie betonte, dass Jugendliche dort Wertschätzung und Mitspracherecht statt die gleichen Strukturen wie in der Schule oder Arbeit erleben möchten. Aufgrund des Nachwuchsmangels müsse in Vereinen überlegt werden, Verantwortung zu teilen, um der Jugend mehr Mitgestaltung zu ermöglichen.
Ausbleibender Nachwuchs war auch für Dr. David Gehne ein Thema, der an der Ruhr-Universität Bochum ein Projekt zum Engagement ehrenamtlicher Bürgermeisterinnen und Bürgermeister durchgeführt hat. Nach seinen Erkenntnissen will nur ein Drittel der derzeitigen Amtsinhaber erneut antreten. Zu den Gründen gehören neben der starken zeitlichen Belastung leider auch Beleidigungen und Angriffe. Auch deshalb, so Gehne, sollten ehrenamtliche Bürgermeister in ihrer wichtigen Rolle wertgeschätzt werden.
Dr. Tobias Weidinger hat mit seinen Kollegen von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Forschung zum ehrenamtlichen Engagement von und für Migrantinnen und Migranten betrieben. Dabei hat sich gezeigt, dass Menschen mit Migrationsgeschichte insgesamt eine geringere Engagementquote haben. Allerdings sind sie häufig informell, also etwa außerhalb von Vereinsstrukturen, engagiert. Dr. Weidinger schlägt vor, Engagement niedrigschwellig zu gestalten. Dazu hält er Formate wie zum Beispiel Engagement auf Probe und "Engagement-Tage" für geeignet, die es ermöglichen, Engagement kennenzulernen.
Hintergrund
Die Forschungsfördermaßnahme "Ehrenamtliches Engagement in ländlichen Räumen" ist ein Baustein des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung und Regionale Wertschöpfung (BULEplus), das die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Auftrag des BMEL umsetzt. Von 2021 bis 2024 haben elf, im Rahmen des BULEplus geförderte Forschungsprojekte verschiedene Aspekte des ehrenamtlichen Engagements in ländlichen Räumen untersucht. Ziel aller Vorhaben war es, neue Erkenntnisse für die Praxis der ländlichen Entwicklung zu gewinnen, insbesondere auch für die Politikgestaltung des BMEL zur Stärkung von Engagement und Ehrenamt auf dem Land.