"BADEHAUS Maiersreuth" erhält den Staatspreis für bayerische Kreativorte 2022.

Die Umnutzung des leer stehenden Badehauses in Maiersreuth wurde als Kunstprojekt konzeptioniert und bietet als Kunst- und Kulturstätte in der Region kreative Impulse, Begegnungen für Kunstschaffende, die Bevölkerung vor Ort und Gäste und macht die nördliche Oberpfalz als attraktiven Standort sichtbar.

Moderne Kunst und Kultur im alten Gebäude

Zeitgenössische Kunst und moderne Kunstformen auf dem Land erleben? Im Landkreis Tirschenreuth nahe an der tschechischen Grenze musste, wer sich für Kunst und Kultur interessierte, in die Großstädte reisen. Dies soll sich ändern, nahm sich Künstlerin Susanne Neumann, die selber aus der Region stammt, mithilfe eines kleinen Teams vor. Das ehemalige Badehaus Maiersreuth stand seit über zwanzig Jahren leer. Die Idee kam auf, dieses umzunutzen und so in einen Ort für Kunst und Kultur in der Region zu investieren.

So entstanden mithilfe der Förderung über das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung im LandKULTUR-Projekt Ausstellungs- und Bühnenflächen, Arbeitsräume sowie Ateliers. Hier treffen Künstlerinnen und Künstler, Schriftstellerinnen und Schriftsteller aufeinander, vernetzen sich und stehen im Austausch mit Bevölkerung, Touristinnen und Touristen und Kurgästen. Seit Sommer 2019 bietet das Badehaus Vernissagen, Ausstellungswochen, Konzerte, Theatergastspiele und Künstlersymposien an.

Bevölkerung macht von Anfang an begeistert mit

"Jedes der Projekte ist darauf ausgelegt, dass die Bevölkerung mitmacht," sagt Susanne Neumann, Vorständin des Vereins BADEHAUS MAIERSREUTH e.V. Als Daniel Spoerri, ein bedeutender Vertreter der Objektkunst, für seine Kunstinstallation "unwirksam zu gehen ist nicht günstig" neben seiner eigenen Wanderstocksammlung um weitere Exemplare aus der Bevölkerung bat, kamen alle zur Ausstellung ins Badehaus, um ihre namentlich beschrifteten Wanderstöcke hängend im Schwimmbereich zu finden. Das Bad sei doppelt interessant, weil es von vielen aus dem Dorf noch immer als „ihr Bad“ empfunden wird, verbunden mit Erinnerungen aus alten Zeiten. Gleichzeitig ist die Installationskunst hier bisher nicht bekannt gewesen, schafft Raum für Begegnung und Austausch zu Neuem. Sie habe mit mehr Berührungsängsten gerechnet, so Neumann, die Akzeptanz der Dorfgemeinschaft habe sie wirklich positiv überrascht. Der Kontakt war so gut, dass die Feuerwehr beispielsweise vor einer geplanten Installation im ehemaligen Schwimmbecken über und unter Wasser die Dichtigkeit des Beckens geprüft hat, indem sie das Becken flutete und dort eine Übung abhielt. Das angrenzende Wirtshaus mit Gästezimmern wird zunehmend genutzt. Hier können Kreative und Gäste übernachten und verköstigt werden.

Eine neue Perspektive stärkt das Selbstbewusstsein und liefert Impulse

Kürzlich wurden mit der Kunstaktion "EUTER-Erhebung über dem Badehaus" von Barbara Anna Husar insbesondere Landwirtinnen und Landwirten ein Blick von oben in einem Heißluftballon angeboten. Die Jungbäuerinnen und Jungbauern haben sich getraut und den Freiflug über ihre ländliche Region genossen.

Das Kunst- und Kulturhaus stiftete Anregungen und brachte eine Veränderung der Perspektive: Die periphere Lage an der tschechischen Grenze wird nicht mehr als Ende im Sinne von Isolation, Stillstand empfunden, so die Projektleitung, sondern es geht plötzlich darum, neue Impulse zuzulassen. Es bedeutet nicht mehr alles ist hier zu Ende, sondern es beginnt etwas Anderes. Mit gestärktem Selbstbewusstsein entdecken die Menschen dort die Schönheit der Region neu. Die nördliche Oberpfalz wird als attraktiver Standort sichtbar gemacht. Sponsoren helfen, dass weitere Programme und Perspektiven möglich werden.

Neben der Bestätigung für die Arbeit ist nicht zuletzt auch die Auszeichnung hilfreich fürs weitere Gelingen: Das Kunstprojekt BADEHAUS Maiersreuth hat den Staatspreis für bayerische Kreativorte 2022 gewonnen und wird damit für seine bisherige Arbeit als Kultur- und Kreativbotschafter gewürdigt.

Hintergrund

Mit LandKULTUR fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE) modellhafte Projekte im Kulturbereich mit dem Ziel, kulturelle Aktivitäten und kulturelle Teilhabe in ländlichen Regionen zu stärken. Ein Ziel des BULE ist es, den Austausch zwischen den Akteuren zu fördern, um in den Projekten gewonnene Erkenntnisse im Bereich der ländlichen Entwicklung insgesamt zu sammeln und in die Breite zu tragen.

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