Flächen für die Rohstoffe der Zukunft
Lange bevor die Menschheit die Möglichkeiten fossiler Rohstoffe entdeckte, dienten nachwachsende Rohstoffe zum Heizen, als Baumaterial oder zum Herstellen und Färben von Textilien. Erst im Zuge der Industrialisierung und mit dem Aufkommen der chemischen Industrie wurden sie weitgehend durch Öl, Kohle und Erdgas verdrängt. Doch die nachwachsenden Rohstoffe erleben ein Comeback.
Der durch fossile Rohstoffe beförderte Klimawandel führt heute dazu, dass Energie und Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen einen immer größeren Stellenwert bekommen. Die Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen wird künftig steigen, und für den hiesigen Industriestandort wird die schrittweise Transformation zu einer stärker biobasierten Wirtschaft unumgänglich.
Die landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland umfasst 18 Millionen Hektar. Davon wurden im Jahr 2019 auf 2,7 Millionen Hektar Energie- und Industriepflanzen angebaut.
Dazu kommt eine Waldfläche von 11,4 Millionen Hektar, was einem Drittel der deutschen Gesamtfläche entspricht. Die gesamten Holzvorräte liegen nach Ergebnissen der Kohlenstoffinventur 2017 bei 3,9 Milliarden Kubikmeter. Damit verfügt Deutschland über die größten Reserven in Europa. Im Jahr 2016 wurden in Deutschland 127 Millionen Kubikmeter Holzrohstoffe eingesetzt. Knapp die Hälfte des Holzes (62,5 Mio. m³) stammte dabei aus dem Wald, die andere Hälfte setzte sich aus der Verwendung von z. B. Alt- und Resthölzern sowie Nutzungskaskaden zusammen. Von der gesamten Holzrohstoffmenge wurde die Hälfte stofflich genutzt, die andere Hälfte wurde zur Wärmeerzeugung verwendet. Obwohl Deutschland seine Stellung als einer der wichtigsten Nettoexporteure von Holz seit zehn Jahren behauptet, werden vor allem für die Produktion von Papier relevante Mengen an Holz- und Zellstoff importiert.
Werte gerundet auf signifikante Stellen, Abweichungen in den Summen ergeben sich durch Runden der Zahlen; *für 2019 vorläufige Werte **für 2020 geschätzte Werte; Quelle: FNR, BMEL (2021) | ||||
Pflanzen | Rohstoff | 2018 | 2019* | 2020** |
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Industriepflanzen | Industriestärke | 129.000 | 118.000 | 113.000 |
Industriezucker | 12.300 | 11.000 | 10.400 | |
Technisches Rapsöl | 120.000 | 74.000 | 83.000 | |
Technisches Sonnenblumenöl | 6.390 | 6.120 | 7.790 | |
Technisches Leinöl | 3.800 | 3.400 | 3.400 | |
Pflanzenfasern | 3.160 | 4.560 | 4.650 | |
Arznei- und Farbstoffe | 12.000 | 12.000 | 12.000 | |
Summe Industriepflanzen | 287.000 | 229.000 | 234.000 | |
Energiepflanzen | Rapsöl für Biodiesel/Pflanzenöl | 589.000 | 514.000 | 575.000 |
Pflanzen für Bioethanol | 269.000 | 214.000 | 207.000 | |
Pflanzen für Biogas | 1.570.000 | 1.580.000 | 1.550.000 | |
Pflanzen für Festrbrennstoffe (u.a. Agrarholz, Miscanthus) | 11.200 | 11.200 | 11.200 | |
Summe Energiepflanzen | 2.440.000 | 2.320.000 | 2.343.000 | |
Gesamtanbaufläche NawaRo | 2.727.000 | 2.549.000 | 2.577.000 |
Flächenkonkurrenz vermeiden – Flächen nachhaltig nutzen
Für die Bundesregierung hat die Ernährungssicherheit Priorität. Aktuelle wissenschaftliche Studien zeigen jedoch, dass durch Effizienzmaßnahmen und den demografisch bedingten Bevölkerungsrückgang in Deutschland neben der Nahrungsmittelproduktion für die eigene Bevölkerung und für den Export durchaus auch weitere Flächen für den nachhaltigen Anbau von Energie- und Industriepflanzen genutzt werden können. Zudem fallen bei der Produktion als Koppelprodukte Futtermittel an, die in der Viehwirtschaft eingesetzt werden können.
Die Ressource Boden ist nicht vermehrbar. Aufgrund dieser Begrenztheit und der Bedeutung der landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Ernährungssicherung und Erzeugung erneuerbarer Rohstoffe hat die Bundesregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel formuliert, die Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2030 auf 30 Hektar pro Tag zu senken. Im Jahr 2017 gingen in Deutschland täglich noch 58 Hektar für den Bau von Straßen, Häusern und Gewerbegebieten verloren.
Anbaufläche Nachwachsender Rohstoffe in Deutschland nach Kulturarten 2018-2020 | |||||
Kultur | Nutzung | 2018 | 2019* | 2020** | |
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Raps | energetisch | Biodiesel, Pflanzenöl | 589.000 | 514.000 | 575.000 |
stofflich | u.a. Chemische Industrie | 120.000 | 74.000 | 83.000 | |
Sonnenblume | stofflich | u.a. Bioschmierstoffe | 6.390 | 6.120 | 7.790 |
Lein | stofflich | Öl: Farben, Lacke, Firnisse, Linoleum | 3.800 | 3.400 | 3.400 |
Getreide | energetisch | Festbrennstoff | k.A. | k.A. | k.A. |
Bioethanol | 228.000 | 188.000 | 181.000 | ||
Biogas | 289.000 | 327.000 | 315.000 | ||
stofflich | Industriestärke | 79.800 | 67.700 | 61.500 | |
Kartoffel | stofflich | Industriestärke | 27.500 | 28.300 | 28.600 |
Zuckerrübe | energetisch | Bioethanol | 23.300 | 12.300 | 11.600 |
Biogas | 40.400 | 25.500 | 24.100 | ||
stofflich | Industriezucker | 12.300 | 11.000 | 10.400 | |
Körnermais | energetisch | Bioethanol | 18.000 | 14.100 | 14.400 |
stofflich | Industriestärke | 21.500 | 22.300 | 22.800 | |
Mais (Silage) | energetisch | Biogas | 999.000 | 1.007.000 | 989.000 |
Arznei- und Färbepflanzen | stofflich | Arznei- und Farbstoffe | 12.000 | 12.000 | 12.000 |
Faserpflanzen (im Wesentlichen Hanf) | stofflich | u.a. Dämm-/ Werkstoffe | 3.160 | 4.560 | 4.560 |
Miscanthus | energetisch | Festbrennstoff | 4.600 | 4.600 | 4.600 |
Silphie | energetisch | Biogas | 3.000 | 3.200 | 3.500 |
KUP | energetisch | Festbrennstoff | 6.630 | 6.630 | 6.630 |
Grassilage (inkl. GPS aus Leguminosen/ Zwischenfrüchten) | energetisch | Biogas | 237.000 | 215.000 | 215.000 |
Werte gerundet auf signifikante Stellen, Abweichungen in den Summen ergeben sich durch Runden der Zahlen; *für 2019 vorläufige Werte **für 2020 geschätzte Werte; Quelle: FNR, BMEL (2021) |