Bioökonomie im Überblick

Bioökonomie bedeutet nachhaltigeres Wirtschaften in allen Sektoren, in denen biogene Ressourcen aufbereitet, verarbeitet oder angeboten werden einschließlich der dazugehörenden Dienstleistungen wie Beratung, Handel oder Gastronomie.

Unter "Bioökonomie" oder "biobasierter Wirtschaft" ...

... verstehen wir die wissensbasierte Erzeugung und Nutzung nachwachsender Ressourcen, um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen. 

Das Konzept der Bioökonomie umfasst danach alle Wirtschaftssektoren und ihre zugehörigen Dienstleistungsbereiche, die biogene (oder biotische) Rohstoffe – wie Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen und deren Produkte – erzeugen, be- und verarbeiten, nutzen oder damit handeln.

Zur Bioökonomie gehört daher insbesondere die nachhaltige und gesundheitlich unbedenkliche Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Nahrungs- und Futtermitteln einschließlich Fisch, anderen Agrarrohstoffen pflanzlicher oder tierischer Herkunft sowie von Holz und die jeweils damit verbundene Forschung und Entwicklung. Das BMEL ist das für diese Bereiche der Bioökonomie maßgeblich und federführend zuständige Ministerium der Bundesregierung.

Zur Bioökonomie gehört darüber hinaus auch die Nutzung von biologischen Verfahren zur Herstellung von zahlreichen Stoffen, wie beispielsweise die Herstellung mit Hilfe von Mikroorganismen in Bioreaktoren (u. a. Insulin in der Pharmazie, Spinnenseide für Textilien, Medizin und Kosmetik oder bestimmte Gase für industrielle Anwendungen) sowie entsprechende Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. In diesen Bereichen sind insbesondere das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) oder das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aktiv.

In der Bioökonomie wird Nachhaltigkeit groß geschrieben

Die Anwendungsbereiche der Bioökonomie haben große Bedeutung für die globale Ernährungssicherung und für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft hin zu einer an nachhaltigen, biobasierten und an natürlichen Kreisläufen orientierten Wirtschaft. 

Neben den Märkten für Lebens- und Futtermittel geht es auch darum, Märkte für Produkte aufzubauen oder zu stärken, die aus oder unter Verwendung von biogenen Rohstoffen und nachhaltig und umweltfreundlich hergestellt werden. Dadurch können fossile Rohstoffe ganz oder teilweise durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Rückführbarkeit in Produktkreisläufe (Recyclierbarkeit, Kaskadennutzung bis hin zur energetischen Verwertung). Das ist die praktische Verknüpfung von Ökonomie und Ökologie. 

Auch die Märkte für biogene Rohstoffe aller Art sind weltweit miteinander verbunden. Die Nahrungsmittelerzeugung, der Anbau von biogenen Rohstoffen für den Nicht-Nahrungsmittel-Bereich und der Schutz von Habitaten für Wildpflanzen und -tiere (Naturschutzgebiete, Steppenlandschaften, Regenwald usw.) oder von Süßwasserspeichern stellen Ansprüche an Flächenbedarf bzw. Flächennutzung. Für eine erfolgreiche Vermarktung kommt es zunehmend darauf an, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sicher sein können, dass sie mit dem Kauf eines Produkts aus biogenen Rohstoffen beispielsweise nicht zur Urwaldrodung in anderen Teilen der Welt oder zur Verringerung von Flächen für die Nahrungsmittelerzeugung beitragen. 

Voraussetzung für das weitere Wachstum der Bioökonomie ist, dass Unternehmen und insbesondere Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Produkte herkömmlichen Produkten vorziehen. Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden mit der Verwendung ihres Geldes, welche Lebensmittel oder welche biobasierten Produkte sich auf dem Markt behaupten.

Die Nationale Bioökonomiestrategie (NBÖ-Strategie)

Die Nationale Bioökonomiestrategie (NBÖ-Strategie), die das Bundeskabinett am 15. Januar 2020 beschlossen hat, liefert ein Rahmenwerk, nach dem Deutschland sich zu einer umfassenden und nachhaltigen Bioökonomie wandeln kann. Darin werden alle relevanten Aspekte der Nutzung biogener Rohstoffe beleuchtet und die Potenziale sowie insbesondere auch die planetaren Grenzen in den Blick genommen. Bei all dem gilt für die Bioökonomie, dass die Ernährungssicherung Vorrang hat vor sonstigen Verwendungen agrarischer Erzeugnisse, auch wenn sie aus anderen Teilen der Welt nach Deutschland eingeführt werden. 

Grafik mit den politischen Leitlinien und Zielen der Bioökonomiestrategie sowie deren Umsetzung Die Bioökonomiestrategie der Bundesregierung – Politische Leitlinien und Ziele

Nach der NBÖ-Strategie sollen die Politikbereiche der Industrie- und Energiepolitik, der Agrar-, Ernährungs-, Forst- und Fischereipolitik, der Klima- und Umweltpolitik sowie der Forschungs- und Entwicklungspolitik zusammenwirken, um bioökonomische Ansätze und Konzepte voranzubringen. 

Bioökonomie bedeutet insbesondere die nachhaltige Erzeugung und Verarbeitung von Lebensmitteln, Holz und anderen biogenen bzw. nachwachsenden Rohstoffen, so dass sie für Ernährungsindustrie und -handwerk, weiterverarbeitende Unternehmen sowie für biotechnologische Nutzungen in anderen Wirtschaftszweigen in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung stehen. Deshalb beachtet das BMEL bei seiner Politik die beiden in der NBÖ-Strategie festgelegten Leitlinien.

  1. Mit biologischem Wissen und verantwortungsvollen Innovationen zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Entwicklung und
  2. Mit biogenen Rohstoffen zu einer nachhaltigen, kreislauforientierten Wirtschaft.

Damit die vielversprechenden Perspektiven einer nachhaltigen Bioökonomie Wirklichkeit werden, muss biologisches Wissen verknüpft werden mit der Forschung über die sozialen und ökologischen Systeme, in die die Bioökonomie eingebettet ist. 

Sozioökonomische Prozesse, wie Konkurrenz um knappe Ressourcen, Bevölkerungswachstum oder sich verändernde Wertvorstellungen, Lebensstile und Konsummuster, haben Folgen für den Wandel zu einer Bioökonomie, der diese seinerseits beeinflusst. 

Solche Wechselwirkungen müssen sowohl in der Forschung als auch bei der politischen Gestaltung des Transformationsprozesses beachtet werden.

Das gilt besonders für Fragen, die ethische Grundsätze und gesellschaftliche Werte betreffen, beispielsweise wenn es um den Einsatz neuer Technologien, den Zugang zu Ressourcen, globale Verteilungsgerechtigkeit oder den Wert von Natur geht.

Daher ist es wichtig, dass eine offene Diskussion mit breiter gesellschaftlicher Beteiligung stattfindet, in der mögliche Entwicklungspfade der Bioökonomie beleuchtet werden, um Chancen und Herausforderungen abwägen und Prioritäten festlegen zu können.

Grafik mit den sechs Bausteinen der Forschungsförderung Bausteine der Forschungsförderung

 

Aufgrund ihrer natürlichen Eigenschaften sind Lebensmittel und andere biobasierte Produkte einschließlich der Nebenprodukte ihrer Herstellung und ihrer Reststoffe in der Regel besonders dafür geeignet, in Stoffkreisläufe integriert zu werden. Eine nachhaltige Bioökonomie ist deshalb auch ein entscheidender Faktor für die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft und damit eine wichtige Voraussetzung dafür, künftig effizienter wirtschaften und den Ressourcenverbrauch verringern zu können. 

Zur Strukturierung dieser Prozesse gibt die NBÖ-Strategie die strategischen Ziele einschließlich der entsprechenden Umsetzungsziele, die Bausteine zur Forschungsförderung und die zentralen Handlungsfelder der Bioökonomie vor.

Bioökonomische Anwendungen - was ist das?

Um zu veranschaulichen, was man unter bioökonomischen Anwendungen versteht, finden Sie nachfolgend einige Beispiele aus der Lebensmittelerzeugung und aus dem Nichtnahrungsmittelsektor – die Vielfalt ist groß.

  • Mikroorganismen in der Lebensmittelherstellung – alltäglich gegenwärtige Biotechnologie

Ob Hefen bei der Zubereitung von Bier, Wein oder Gebäck, ob Bakterien bei der Herstellung von Käse und anderen Milchprodukten, im Sauerteig von zahlreichen Brotsorten oder bei der Erzeugung von Faßbrausen. Aus der Lebensmittelherstellung sind biotechnologische Verfahren zum Teil seit Jahrhunderten bekannt und nicht mehr wegzudenken. Ihre Weiterentwicklung und Optimierung sind fester Bestandteil der Lebensmitteltechnologie und Gegenstand der bioökonomischen Forschung und Entwicklung.

  • Erbse, Bohne und Co. – Superfood aus nachhaltiger Landwirtschaft

Erbsen, Bohnen, Linsen, Lupinen usw. in Form von Hummus, im Eintopf oder im Salat, sind lecker, sättigen und enthalten viel pflanzliches Eiweiß, das insbesondere bei fleischarmer Ernährung wichtig ist. Als Ackerfrüchte sind diese Eiweißpflanzen eine Bereicherung der Fruchtfolgen und Baustein einer nachhaltigen Landwirtschaft, weil sie den Eiweißbaustein Stickstoff durch die Symbiose mit Knöllchenbakterien aus der Luft und nicht aus der Mineraldüngertüte holen. Deshalb finanziert das BMEL im Rahmen der Eiweißpflanzenstrategie des BMEL u. a. die beiden folgenden Forschungs- und Entwicklungsprojekte.

  • Ackerbohnen können auch in Lebensmitteln verwendet werden

Ackerbohnen, eine weitere Stickstoff bindende Eiweißpflanze, werden bislang ausschließlich als Futtermittel verwendet. Sie enthalten Stoffe, die die Verdaulichkeit und den Geschmack beeinträchtigen. Das Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. in Freising forscht an Verfahren zur Gewinnung von sensorisch attraktiven Lebensmittelzutaten aus geeigneten Ackerbohnensorten (z. B. Mehle). Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung von Ackerbohnenprodukten, die einerseits eine günstige Nährstoffzusammensetzung aufweisen und gut schmecken.

  • Nebenprodukte tragen zu gesunder Ernährung bei

Die Schale der Weizenkörner, die Kleie, enthält für die Ernährung wertvolle Ballaststoffe und Vitamine. Auch andere Nebenprodukte können künftig zu einer gesunden Ernährung beitragen. So forschen die Technische Universität Berlin zusammen mit der Hamburg School of Food Science daran, dass die Fasern aus den Erbsenschalen gewonnen und als Ballaststoffe in Lebensmitteln verwendet werden können. Mit diesen Fasern können u. a. vegane Würstchen, Frühstücks-Cerealien oder Gebäck ernährungsphysiologisch aufgewertet werden.

  • Zu gut für die Tonne – Leckeres aus altem Brot oder Gemüse

In der Lebensmittelverarbeitung werden jährlich rund 2 Mio. t Lebensmittel als Abfall entsorgt. Brot gehört zu den Lebensmitteln, die häufig weggeworfen werden.

Dabei ist altbackenes Brot noch vielseitig verwendbar. Zum Beispiel zum Bierbrauen. Der Verein ShoutOutLoud e.V. (Frankfurt, Hessen) erhielt 2019 den Bundespreis „Zu-gut-für-die Tonne!“ in der Kategorie Landwirtschaft & Produktion, weil er sich seit vielen Jahren gegen Lebensmittelverschwendung engagiert. 2018 hatte er die Idee für das regionale Brotbier, das in Kooperation mit einer lokalen Brauerei hergestellt wird. Übriggebliebenes Brot von einem Biobäcker, das sonst in der Tonne gelandet wäre, ersetzt ein Drittel des Malzes, das normalerweise für den Brauprozess benötigt wird. 

Die Fermentation ist eine uralte und natürliche Methode, Gemüse haltbar zu machen. So wie dadurch Weißkohl zu Sauerkraut wird, können fast alle anderen Gemüsesorten fermentiert werden. Seit 2015 fermentiert die Gärtnerei "Schnelles Grünzeug" überschüssiges Gemüse vom Feld oder Gemüse, das nicht mehr verkauft werden kann. Die erzeugten Produkte sind roh, vegan, probiotisch und frei von jeglichen Zusatzstoffen. Die Gärtnerei hat dafür 2018 den Bundespreis „Zu gut für die Tonne!“ in der Kategorie Produktion erhalten.

Im Nicht-Nahrungsmittelsektor reicht die Vielfalt von Reifen aus Löwenzahn, über biobasierte Werkstoffe für Karosserien, bis zum emissionsarmen Heizen mit Holz.

  • Neue holzbasierte innovative Produkte erobern den Markt

Ob als moderne und umweltschonende Textilfaser im Fair Fashion Sektor, als natürliche Alternative zu Mikroplastik in Cremes, Make-Up und Zahnpasta, als veganes Material für Sneaker und Rucksäcke bis hin zum rückbau- und recyclefähigen Baustoff im Hochhausbau – die neuen Anwendungsbereiche von Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft sind heute so vielfältig wie innovativ.

  • Entwicklung von pflanzlichen Farben für den Textildruck

In dem im Fachprogramm Nachwachsende Rohstoffe vom BMEL geförderten Projekt "Organic Prints" kooperieren Wissenschaftlicher, Designer, Industrie und Handel, um pflanzliche Druckfarben für die moderne Textilproduktion zu entwickeln.

  • Beitrag der Bioökonomie gegen Plastikmüll im Meer

Die Uni Hannover arbeitet zusammen mit Partnerunternehmen an biobasierten Kunststoffen, die sich im Meer biologisch abbauen.

Einbeziehung von Zivilgesellschaft und Wissenschaft

Die NBÖ-Strategie soll und kann erfolgreich nur im Austausch mit allen an der Bioökonomie beteiligten Akteuren und zusammen mit den interessierten gesellschaftlichen Gruppen mit Leben gefüllt und umgesetzt werden. 

Deshalb hält die NBÖ-Strategie fest, dass die gesellschaftlichen Anforderungen und Erwartungen an die Entwicklung der Bioökonomie in die Aktivitäten zur Umsetzung einfließen. Wichtige Zukunftsthemen und Potenziale, aber auch Risiken und insbesondere mögliche Zielkonflikte sollen mit allen Beteiligten diskutiert und bewertet werden. Die Lösung bzw. das Austarieren von Zielkonflikten ist eine Voraussetzung dafür, dass die nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen – die „Sustainable Development Goals (SDGs)“ – erreicht werden. Zentral sind dabei die Zielkonflikte im Spannungsfeld Ernährungssicherung – Sicherung der biogenen Rohstoffbasis für andere Verwendungen im Nicht-Nahrungsmittelsektor – Erhaltung von Naturlandschaften für Klimaschutz und Biodiversität vor dem Hintergrund planetarer Grenzen. 

Wie bei allen tiefgreifenden Wandlungsprozessen gilt es, Impulse und Bedenken frühzeitig aufzugreifen und eine sachgerechte Debatte zu unterstützen. Deshalb werden auch durch die NBÖ-Strategie die verschiedenen Formate hervorgehoben, die die Bundesregierung zur Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Gruppen durch transparente Dialog- und Partizipationsprozesse sowie des wissenschaftlichen Sachverstandes nutzt. Das BMEL führt dazu zum Beispiel „Runde Tische“ durch oder unterhält das „Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung“ (Borchert-Kommission), die „Partnerschaft Umwelt und Landwirtschaft“, das „Praktikernetzwerk“, die Wissenschaftlichen Beiräte für „Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz“ und „Biodiversität und Genetische Ressourcen“ sowie für „Waldpolitik“. 

Auch die NBÖ-Strategie sieht die Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft vor – sowohl der Pioniere und Befürworter der Bioökonomie als auch der Gruppen, die verschiedenen Aspekten der Bioökonomie kritisch gegenüberstehen. Ein Ziel dabei ist, etwaige Fehlentwicklungen frühzeitig zu identifizieren, um rechtzeitig gegensteuern zu können. 

Es geht aber auch darum, konsensorientiert Lösungen für Konflikte zu finden, die bei gesellschaftlich umstrittenen Bereichen der Bioökonomie bestehen. Denn einzelne Elemente der Bioökonomie wie die Produktion medizinischer Wirkstoffe oder den Ersatz gesundheits- oder umweltschädlicher Chemikalien durch unbedenkliche biologische Stoffe werden positiv aufgenommen. Andere Elemente stoßen auf Vorbehalte, wie die Digitalisierung der Landwirtschaft, moderne Züchtungsverfahren oder Anwendungsfelder der synthetischen Biologie.

Der neue Bioökonomierat: Wissenschaftliche Beratung und Einbindung der Zivilgesellschaft

Als Weiterentwicklung des von 2009 bis 2019 bestehenden Bioökonomierates berät ab Dezember 2020 ein neues unabhängiges Gremium die Bundesregierung. Es ist mit Fachleuten aus Wissenschaft und Industrie sowie Vertreterinnen und Vertretern thematisch relevanter zivilgesellschaftlicher Organisationen besetzt. Der neue Bioökonomierat verfügt über Fachwissen zu nahezu allen Aspekten einer nachhaltigen Bioökonomie. 

Zu seinen Aufgaben gehört das Erarbeiten von Empfehlungen, Stellungnahmen und Gutachten an die Bundesregierung; zudem soll er öffentliche Debatten zur Bioökonomie fördern. Unter breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft soll der Bioökonomierat künftig auch Konflikte thematisieren, die bei der Umsetzung der mit der Bioökonomie verknüpften Nachhaltigkeitsziele auftreten können. Eine der ersten Aufgaben des Gremiums wird es sein, in einem partizipativen Prozess, Vorschläge und Empfehlungen für einen Umsetzungsplan der NBÖ-Strategie zu entwerfen.

Um diese partizipatorischen Prozesse umsetzen zu können, erhält der Bioökonomierat zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten. So kann er beispielsweise "Thematische Arbeitsgruppen" einrichten, in die insbesondere auch Interessenvertreter (Stakeholder) eingeladen werden können. Diese Arbeitsgruppen sollen auch dazu dienen

  • den offenen Dialog zwischen Öffentlichkeit, Wissenschaft und Politik über die Gestaltung der Bioökonomie zu intensivieren sowie
  • Entwicklungspfade und Optionen aufzuzeigen, die z.B. praktikable Kompromisse zur Bewältigung von Zielkonflikten bei den Nachhaltigkeitszielen darstellen, oder die ge­eignet sind, um etwaigen Fehlentwicklungen rechtzeitig entgegensteuern zu können.

Darüber hinaus soll der künftige Bioökonomierat möglichst jährlich ein Bioökonomie-Forum ausrichten. Dort soll er u.a. über seine Aktivitäten und den Stand der Ergebnisse der "Thematischen Arbeitsgruppen" berichten. Zudem soll das Forum zur Vernetzung von Akteuren der Bioökonomie beitragen.

Die Mitglieder des Bioökonomierats (BÖR)

Dem Bioökonomierat gehören an:

  • Dr. Regina Birner, Lehrstuhl Sozialer und institutioneller Wandel in der landwirtschaftlichen Entwicklung, Universität Hohenheim
  • Dr. Michael Böcher, Lehrstuhl für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Nachhaltige Entwicklung, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
  • Viola Bronsema, BIO Deutschland e. V.
  • Dr. Thomas Brück, Werner Siemens-Lehrstuhl für Synthetische Biotechnologie, Technische Universität München
  • Jürgen Eck, bio.IMPACT
  • Dr. Peter Feindt, Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbau­wissenschaften, Fachgebiet Agrar- und Ernährungspolitik Humboldt-Universität zu Berlin
  • Dr. Maja Göpel, THE NEW INSTITUTE Foundation gGmbH
  • Dr. Ulrike Grote, Institut für Umweltökonomik und Welthandel, Leibniz Universität Hannover
  • Dr. Stefanie Heiden, Institut für Innovations-Forschung, Technologie-Management & Entrepreneurship ITE, Leibniz Universität Hannover
  • Dr. Ralf Kindervater, BIOPRO Baden-Württemberg GmbH
  • Dr. Thomas Lemke, Lehrstuhl für Soziologie mit dem Schwerpunkt Biotechnologie, Natur und Gesellschaft, Goethe-Universität Frankfurt
  • Dr. Iris Lewandowski, Fachgebiet Nachwachsende Rohstoffe in der Bioökonomie, Chief Bioeconomy Officer (CBO), Universität Hohenheim
  • Felix Prinz zu Löwenstein, Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW)
  • Dr. Kai Niebert, Deutscher Naturschutzring (DNR)
  • Dr. Monika Pischetsrieder, Lehrstuhl für Lebensmittelchemie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
  • Dr. Klaus Richter, Lehrstuhl für Holzwissenschaft, Technische Universität München
  • Dr. Imme Scholz, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
  • Beatrix Tappeser, Staatssekretärin a.D.
  • Dr.-Ing. Daniela Thrän, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ)
  • Markus Wolperdinger, Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB).

 Bioökonomische Forschung und Entwicklung

Die Bundesregierung wird bei der Umsetzung der in der NBÖ-Strategie erläuterten Bausteine für die Forschungsförderung (s. Übersicht S. 27 der NBÖS) darauf achten, dass Forschungs- und Entwicklungsprojekte technologieoffen und stärker fächerübergreifend (interdisziplinär) ausgerichtet werden. Nur so lassen sich die vielfältigen Wechselwirkungen biologischer Systeme, bioökonomischer Prozessketten sowie deren Wirkungen auf Umwelt, Natur und Landschaft sowie Klima und Gesundheit besser verstehen.

Die NBÖ-Strategie sieht vor, dass auf dieser Grundlage Handlungsempfehlungen entwickelt werden. Dies schließt verschiedene Wissenschaftsdisziplinen ebenso ein wie eine Reihe von Schlüsseltechnologien aus den Bereichen der Biotechnologie, Digitalisierung, Automatisierung, Sensorik, Robotik und der Künstlichen Intelligenz. Dabei sollen sowohl Vorhaben der Grundlagenforschung und der experimentellen Entwicklung als auch anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben weiter gefördert werden.

Mit der NBÖ-Strategie stellt die Bundesregierung auf diesem Gebiet die Weichen für die Politik der kommenden Jahre. Diese muss in Richtung einer ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigen Entwicklung führen. Die Bioökonomie wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Deutschland als wirtschafts- und finanzstarkes Land hat eine besondere Verantwortung, den anstehenden Transformationsprozess entschlossen anzugehen. Das bietet die Chance, eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung der technologischen und gesellschaftlichen Innovationen einzunehmen. 

Eine aktive Unterstützung einer nachhaltigen Bioökonomie-Entwicklung erfordert dabei Maßnahmen, die über den Bereich von Forschung und Entwicklung hinausgehen. Forschung und Innovation müssen sich in neuen Produktionsprozessen und marktfähigen Produkten niederschlagen. Neben Politik und Wissenschaft sind hierbei auch Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher als wesentliche Akteure gefragt. Die Transformation hin zur Bioökonomie wird gelingen, wenn die genannten Akteure bereit sind, neue biobasierte Produkte zu entwickeln bzw. zu kaufen.

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