Tagung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) am 25. April 2023 in Luxemburg

Ergebnisbericht

Leitung der deutschen Delegation:Staatssekretärin Silvia Bender

Zusammenfassung

Der Rat (Landwirtschaft und Fischerei) befasste sich am 25. April 2023 in Luxemburg mit Marktstörungen, die durch die Einfuhr ukrainischer Agrarerzeugnisse in die Anrainer-Mitgliedstaaten Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Slowakei entstehen. Im Mittelpunkt der Aussprache standen mögliche Maßnahmen der Kommission.

Weitere wichtige Punkte waren die land- und forstwirtschaftlichen Aspekte der Zertifizierung des Carbon Farming sowie der Erfahrungsaustausch über die nationalen GAP-Strategiepläne. Zudem hat der Rat Schlussfolgerungen zur Bioökonomie angenommen.Unter „Sonstiges“ diskutierte der Rat über den Einsatz von Nützlingen, poly- und perfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) in Lebensmitteln, über den Verordnungsentwurf über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmittel (SUR) und die EU-Honigrichtlinie. Während des Mittagessens fand ein informeller Meinungsaustausch über neue genomische Techniken statt.

Deutschland wurde durch Staatssekretärin Silvia Bender vertreten. Für die Kommission nahmen Kommissarin Stella Kyriakides und Kommissar Janusz Wojciechowski teil.

Im Einzelnen

TOP Marktsituation insbesondere nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine

Der Rat befasste sich wie in vorangegangenen Sitzungen mit den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Agrarmärkte. Anlass für die Beratung war, dass aufgrund beschränkter Handelswege über das Schwarze Meer der Import ukrainischer Agrarprodukte nach Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und in die Slowakei erheblich angestiegen ist. Die angrenzenden Mitgliedstaaten beklagen nun ein Überangebot insbesondere an Getreide sowie in der Folge Einkommenseinbußen für Landwirtinnen und Landwirte. Einige hatten daher sowohl Importstopps als auch Transitverbote für ukrainische Agrarprodukte verhängt.

In Anträgen für den TOP Sonstiges forderten die angrenzenden Mitgliedstaaten von der Kommission weitere Hilfen für die betroffenen Landwirte und europäische Maßnahmen zur Begrenzung der Agrareinfuhren. Der schwedische Ratsvorsitz hat daraufhin die Marktlage als regulären Aussprachepunkt auf die Tagesordnung gesetzt, um eine angemessene Diskussion zu ermöglichen.

Zu Beginn der Debatte erhielt der ukrainische Landwirtschaftsminister Mykola Solskyi das Wort. Minister Solskyi, der per Video zugeschaltet war, beschrieb die Entwicklung der Exporte und Importe von Agrargütern aus der und in die Ukraine, von denen auch Akteure in der EU profitierten. Die Ukraine sei offen für eine gemeinsame Lösung. Die EU müsse der Ukraine jedoch auch zukünftig die Möglichkeit einräumen, selber Einnahmen zu generieren. Er appellierte an die Solidarität der EU und verwies darauf, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die Ursache der Probleme sei.

Kommissar Janusz Wojciechowski betonte die Solidarität und Unterstützung der EU für die Ukraine. Gleichwohl müsse man einräumen, dass die bisherigen Maßnahmen zu negativen Folgen für die Landwirtschaft in den Anrainer-Mitgliedstaaten geführt haben. Einige Mitgliedstaaten hätten daher unilaterale Maßnahmen ergriffen. Die Kommission stehe im Dialog mit den betroffenen Mitgliedstaaten und der Ukraine, um tragfähige Lösungen zu entwickeln. Das erarbeitete Maßnahmenpaket umfasse drei wesentliche Elemente:

  1. Temporäre Schutzklauseln für bestimmte Produkte (Rapssaaten, Sonnenblumen, Sonnenblumenöl, Mais, Weizen)
  2. Prüfung, ob weitere Schutzklauseln erforderlich sind, z. B. für Geflügel
  3. Hilfen im Umfang von 100 Mio. Euro zugunsten der fünf meistbetroffenen Mitgliedstaaten, die im Gegenzug ihre unilateralen Grenzschließungen aufheben sollten. Die EU-Gelder könnten national um 200 Prozent aufgestockt werden.

Darüber hinaus werde die Kommission weiter daran arbeiten, den Transit zu erleichtern und die Logistik zu verbessern, um die für die Welternährung wichtigen Lieferungen weiter zu ermöglichen.

In der Aussprache bekundeten sämtliche Mitgliedstaaten ihre Solidarität mit der Ukraine. Hervorgehoben wurde, dass ein geschlossenes Vorgehen der EU von großer Bedeutung sei und Russland die Verantwortung für die aktuellen Probleme trage. Viele Mitgliedstaaten baten die Kommission um transparenteres Vorgehen bei der Diskussion über das Maßnahmenpaket, aber auch über die Verwendung der Krisenreserve.

Die fünf an die Ukraine angrenzenden Mitgliedstaaten werteten das von der Kommission skizzierte Maßnahmenpaket als Schritt in die richtige Richtung. Sie forderten weitere finanzielle Unterstützung und betonten ihr Interesse an einer gemeinsamen, zukunftsfähigen Lösung. Auch bei weiteren Erzeugnissen seien Schutzklauseln notwendig.

Andere Mitgliedstaaten trugen vor, dass auch ihre Erzeuger vor großen Herausforderungen stehen, z. B. durch Dürren, hohe Kosten für Betriebsmittel oder Inflation bei Verbraucherpreisen. Kritik wurde auch an den unilateralen Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten geäußert. Wichtig sei es, den Transit der Agrargüter zu ihren Bestimmungsorten zu verbessern und zu erleichtern.

Für Deutschland betonte Staatssekretärin Bender die Bedeutung der Solidarität und Zusammenarbeit mit der Ukraine. Die aktuelle Herausforderung reiche weit über den landwirtschaftlichen Bereich hinaus. Die Getreidelieferungen der Ukraine würden durch Russland auf geopolitischer Ebene instrumentalisiert. Keinesfalls dürfe zugelassen werden, dass Keile zwischen die Mitgliedstaaten oder zwischen die EU und die Ukraine getrieben werden.

Staatssekretärin Bender äußerte Verständnis für die Sorgen der Anrainer-Mitgliedstaaten angesichts der Herausforderungen auf den dortigen Märkten. Für die solidarische Reaktion der EU sei für Deutschland ein regelbasiertes Vorgehen entscheidend. Ein Maßnahmenpaket, wie von der Kommission in der Sitzung vorgeschlagen, müsse wegen seiner Konsequenzen vorab von allem Mitgliedstaaten transparent beraten und das Zusammenspiel aller Instrumente dabei berücksichtigt werden. Hierfür bedürfe es Zeit, um Vorschläge zu analysieren und zu bewerten. Es sollte sichergestellt werden, dass der Transit von Waren aus der Ukraine in andere Regionen der EU nicht dieselben Probleme verursache, wie in den Anrainerstaaten. Die Agrarprodukte aus der Ukraine sollten so schnell und reibungslos wie möglich aus der EU auf den Weltmarkt abfließen.

Kommissar Wojciechowski dankte in seiner Replik für das Verständnis des Rates. Unilaterale Maßnahmen seien auch für die Kommission keine Lösung. Der Kommissar erklärte, dass die Schutzklauseln für die betroffenen Mitgliedstaaten noch stärker wirkten als eine Rückkehr zu Einfuhrzöllen. Das vorgeschlagene Maßnahmenpaket bedeute für diese Mitgliedstaaten Einfuhrverbote für Weizen, Mais, Sonnenblumenöl sowie Raps und damit für mehr als 90 Prozent der Gesamteinfuhren aus der Ukraine. Die Produkte, für die weitere Schutzklauseln gefordert werden, hätten deutlich geringere Bedeutung. Die Nutzung der Agrarreserve für andere Krisen, z.B. infolge von Dürre oder für den Milchmarkt, werde die Kommission prüfen. Zu einer von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Zusammenarbeit mit dem Welternährungsprogramm für die Verteilung des Getreides in bedürftigen Regionen äußerte sich der Kommissar skeptisch. Dies komme nicht für alle Produkte in Frage und sei auch sehr kostspielig für die EU.

TOP Zertifizierung des Kohlenstoffabbaus

Mit der der geplanten Verordnung über die Zertifizierung des Kohlenstoffabbaus will die Kommission die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre durch land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftungspraktiken („Carbon Farming“) durch langlebige Produkte und Materialien sowie technische Maßnahmen einheitlich zertifizieren. 

Kommissarin Kyriakides erläuterte, mit der Zertifizierung werde ein wirtschaftlicher Anreiz für die CO2-Entnahme geschaffen. Da eine Null-Emission von CO2 nicht möglich sei, komme der CO2-Entnahme große Bedeutung zu, um Klimaneutralität zu erreichen. Die Kommissarin wies darauf hin, der Vorschlag stehe in enger Verbindung zu anderen EU-Politiken, z.B. der Green Claims Richtlinie und den Zielen der LULUCF Verordnung. Sie stellte klar, dass die Mitgliedstaaten mithilfe der GAP Anreize für zertifizierte Maßnahmen setzen könnten, sofern daraus keine Doppelförderung resultiere.

In der Aussprache brachten viele Mitgliedstaaten ihre grundsätzliche Unterstützung für die Zielsetzungen der geplanten Verordnung zum Ausdruck. Erforderlich sei ein transparenter und verlässlicher Rahmen, um das nötige Vertrauen für zertifizierte CO2-Entnahmen zu schaffen. Positiv wurde bewertet, dass neue Einnahmequellen für die Land- und Forstwirtschaft und in ländlichen Räumen geschaffen würden. Carbon Farming dürfe aber die Versorgung mit Lebensmitteln nicht gefährden und keine Nachteile für die Umwelt und Biodiversität mit sich bringen. 

Staatssekretärin Bender begrüßte, dass die Kommission das Thema CO2-Entnahme angeht. Mit der Speicherung von Kohlenstoff sowie der Reduktion von CO2-Emissionen könne und müsse auch die Land- und Forstwirtschaft Beiträge zum Klimaschutz leisten. Zudem kann Carbon Farming die Transformation hin zu dauerhaften, klimaschonenden und ökologisch nachhaltigen Bewirtschaftungspraktiken unterstützen. 

Des Weiteren erläuterte Staatssekretärin Bender, inwiefern Deutschland den Verordnungsentwurf für verbesserungsbedürftig hält. Es müssten klare und robuste Anforderungen an die Qualität der CO2-Einbindungen definiert werden, damit deren Funktionsfähigkeit und Glaubwürdigkeit sichergestellt ist und Fehlanreize vermieden werden. Insbesondere die Dauerhaftigkeit der CO2-Einbindung, die Vermeidung von Emissionsverlagerungen und der Schutz der Biodiversität müssen gewährleistet werden. Doppelförderungen, Doppelanrechnungen oder „Greenwashing“ seien unbedingt zu vermeiden.

TOP Sachstand GAP-Strategiepläne

Rat und Kommission tauschten sich über ihre ersten Erfahrungen mit dem neuen Instrument der GAP-Strategiepläne aus. In seinem Strategieplan begründet jeder Mitgliedstaat die Förderangebote der Gemeinsamen Agrarpolitik für 2023 bis 2027.

Kommissar Wojciechowski bewertete das Instrument der Strategiepläne sowie das bisherige Verfahren sehr positiv. Jetzt liege der Fokus auf der erfolgreichen Umsetzung, die auf gutem Weg sei. Die Kommission wolle bei Anpassungen der Pläne die bewährte enge Zusammenarbeit in strukturierten Dialogen mit den Mitgliedstaaten fortsetzen. Darüber hinaus werde sich die Kommission auch um Vereinfachung, Optimierung und Wissensaustausch bemühen.

Die Mitgliedstaaten dankten der Kommission für die bisherige Zusammenarbeit. Sie sahen aber auch Probleme und Verbesserungsbedarf. Viele kritisierten, dass die zurückliegende GAP-Reform für keine Vereinfachungen gesorgt und somit eines ihrer Ziele verfehlt habe. Verschiedentlich wurde darauf hingewiesen, dass die Strategiepläne zu viele Politiken aus anderen Bereichen umsetzen sollten und diese deshalb zu komplex würden. Sämtliche Mitgliedstaaten sprachen sich für Vereinfachungen aus.

Weitere Kritikpunkte der Mitgliedstaaten waren der hohe Zeitdruck und fehlende Informationen der Kommission. Die Akzeptanz der Maßnahmen bei den Landwirten und der Mittelabfluss seien schwer abzuschätzen, z. B. bei den Ökoregelungen. Verschiedene Mitgliedstaaten kündigten schon erste Änderungen ihrer Pläne an.

Für die Bundesregierung betonte Staatssekretärin Bender, dass die Strategiepläne ein zentrales Instrument für die Transformation hin zu einem nachhaltigen Agrar- und Ernährungssektor seien. Deshalb müsse ein hohes Umweltambitionsniveau in den GAP-Strategieplänen verfolgt und in den vorgesehenen Genehmigungsprozessen EU-weit sichergestellt werden. Diese Transformation müsse entschlossen weiterverfolgt werden, auch durch noch stärkere Ausrichtung auf die Honorierung von Gemeinwohlleistungen.

Staatssekretärin Bender wies darauf hin, dass die Etablierung der Strategiepläne extrem aufwendig und der Zeitdruck enorm war. Für die absehbaren Anpassungen der Strategiepläne seien zukünftig schlankere, transparente Verfahren notwendig. Bei der Bewertung der Umsetzung müsse nicht nur berücksichtigt werden, dass es sich um das erste Anwendungsjahr handelt. Ebenso müsse in die Bewertung einbezogen werden, dass wegen der Auswirkungen des Angriffskrieges auf die Ukraine bestimmte Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand ausgesetzt wurden. Zudem erschwere die hohe Inflation die Planung der Mitgliedstaaten bei investiven Maßnahmen. Deshalb erwarte Deutschland von der Kommission ausreichend Flexibilität bei kurzfristigen Anpassungen.

TOP Ratsschlussfolgerungen zur Bioökonomie

Der Rat nahm Ratsschlussfolgerungen zur Bioökonomie an. Die Ratsschlussfolgerungen befassen sich mit den Chancen der Bioökonomie im Lichte der aktuellen Herausforderungen unter besonderer Berücksichtigung des ländlichen Raums. Sie wurden von der schwedischen Präsidentschaft mit den Mitgliedstaaten erarbeitet.

In der Aussprache bestand Einigkeit, dass der Bioökonomie eine große Bedeutung bei der Lösung gegenwärtiger Probleme zukomme (z.B. Preisinflation, Ersatz fossiler Ressourcen). Zudem biete sie ein vielfältiges Potential, z.B. für die Umsetzung des Green Deal, die Energiesicherheit sowie für innovative Produkte und Wertschöpfungsketten. Die Ratsschlussfolgerungen gäben die relevanten Aspekte in ausgewogener Weise wieder.

Staatssekretärin Bender dankte der schwedischen Ratspräsidentschaft für die Erarbeitung der Ratsschlussfolgerungen und die intensive Einbeziehung der Mitgliedstaaten. Aus deutscher Sicht sei es wichtig gewesen zu verdeutlichen, dass die Bioökonomie große Chancen mit sich bringe, aber nicht per se nachhaltig sei. Für eine nachhaltige Bioökonomie bedürfe es politischer Weichenstellungen. Vor diesem Hintergrund werde begrüßt, dass die Bedeutung von nachhaltigen Biomassestrategien in den Ratsschlussfolgerungen anerkannt werde.

Kommissar Wojciechowski begrüßte, dass die Schlüsselrolle der Primärproduktion für die Weiterentwicklung der Bioökonomie hervorgehoben werde. Für die Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten brauche es einen koordinierten Ansatz zwischen allen Akteuren auf EU-, nationaler und regionaler Ebene. Er hielt fest, die Bioökonomie könne, gestützt auf das Prinzip der Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit, eine Brücke zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt bilden.

TOP Sonstiges

Studie über den Einsatz von Nützlingen

Die Kommission stellte eine Studie über den Einsatz von Nützlingen vor. Die Studie zeigt auf, dass der Umgang mit Nützlingen in der EU nicht harmonisiert ist und erhebliche Unterschiede zwischen den nationalen Regulierungen bestehen. Kommissarin Kyriakides führte aus, dass die Datengrundlage zum Nützlingseinsatz insgesamt schwach und heterogen sei. Deshalb sehe die Kommission derzeit davon ab, einen Vorschlag für eine Harmonisierung vorzulegen.

Die Mitgliedstaaten sprachen sich grundsätzlich für einen verstärkten Einsatz von Nützlingen als Alternative zu chemischen Pflanzenschutzmitteln aus und befürworteten einen möglichst einheitlichen Ansatz in der EU. Sie verwiesen jedoch auch auf Schwierigkeiten, Nützlinge insbesondere in Freilandkulturen einzusetzen. Verschiedene Mitgliedstaaten verdeutlichen zudem, dass ihre Anwendung komplex und für kleine Betriebe schwierig sei. Insgesamt sahen die Mitgliedstaaten die Notwendigkeit, die vorbereitenden Arbeiten einschließlich Kosten-Nutzen-Untersuchungen fortzusetzen.

Wir teilten im Rat die Einschätzung der Kommission, dass Entscheidungen über eine europäische Regelung auf der vorhandenen Grundlage derzeit noch nicht möglich sind. Ein harmonisiertes EU-System würde zudem etliche Jahre bis zur Etablierung benötigen (Rechtsgrundlagen, Bewertungskriterien, Finanzierung etc.). Klimaveränderungen können das Schädlingsaufkommen verschärfen und ließen uns nur wenig Zeit. Deutschland werde daher die Möglichkeiten einer nationalen Lösung prüfen, die vor allem für den Einsatz neuer und gebietsfremder Nützlinge notwendig sein wird.

Grundsätzlich bewertet die Bundesregierung den Nützlingseinsatz positiv. Nützlinge können zu einer umweltverträglicheren Landwirtschaft beitragen, in der weniger Pflanzenschutzmittel anwendet werden. Wir sind sehr an den Vorschlägen und Lösungen anderer Mitgliedstaaten interessiert und begrüßen den weiteren Austausch.

PFAS in Lebensmitteln

Auf Initiative Dänemarks diskutierte der Rat über poly- und perfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) in Lebensmitteln. Im vergangenen Jahr hatte die Kommission mit der Verordnung (EU) Nr. 2022/2388 für bestimmte tierische Lebensmittel - u. a. für Eier, Fische und Fleisch - Höchstgehalte für vier für die menschliche Belastung besonders relevante PFAS festgelegt.

Dänemark stellte im Rat eine von Deutschland und weiteren Mitgliedstaaten unterstützte Note vor, mit der die Kommission gebeten wird, weitere PFAS-Höchstgehalte festzulegen bzw. bestehende abzusenken. In der Debatte machte Staatssekretärin Bender deutlich, dass angesichts der von PFAS ausgehenden Gesundheits- und Umweltrisiken die Einführung neuer und die Absenkung bestehender Höchstgehalte in Lebensmitteln folgerichtig ist.

Auch andere Mitgliedstaaten teilten die Besorgnis und unterstützten eine verstärkte Zusammenarbeit zur Eindämmung von PFAS. Hervorgehoben wurden insbesondere die Bedeutung weiterer und verbesserter Analysen und einer sorgfältigen Folgenabschätzung. Auch Auswirkungen auf einzelne Sektoren wie die Fischerei wurden angesprochen.

Kommissarin Kyriakides erläuterte die bereits ergriffenen Maßnahmen und zeigte sich offen für weitere. Eine Empfehlung der Kommission (2022/1431) sehe bereits eine weitere Datensammlung zu PFAS in Lebensmitteln vor - z.B. in Obst, Gemüse, Ölsaaten, Beikost für Säuglinge und Kleinkinder. Die generierten Daten würden der Kommission als Basis für weitere EU-Maßnahmen dienen. Darüber hinaus plane die Kommission derzeit ein PFAS-Futtermittelmonitoring.

Unabhängig von der Frage weiterer PFAS-Höchstgehalte haben die zuständigen Behörden aus Dänemark, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und Deutschland im Januar 2023 aufgrund der bestehenden Umwelt- und Gesundheitsbedenken bei der Europäischen Chemikalienagentur ein gemeinsames Fachdossier für eine PFAS-Beschränkung vorgelegt, das sich nunmehr im diesbezüglichen REACH-Verfahren befindet.

Nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln

Auf Antrag Lettlands befasste sich der Rat mit dem Verordnungsentwurf zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Sustainable Use Regulation, SUR). In einer Note brachte Lettland die Sorge zum Ausdruck, die geplante Verordnung könnte es erschweren, Quarantäneschadorganismen zu bekämpfen und den Pflanzengesundheitsstatus in der EU zu erhalten.

In der Aussprache teilten einige Mitgliedstaaten die Sorge. Insbesondere wurde befürchtet, der EU-Außenhandel könne beeinträchtigt werden, wenn die EU die Pflanzengesundheit nicht gewährleisten könne. Andere Mitgliedstaaten entgegneten, es komme nun darauf an, auch Alternativen für den chemischen Pflanzenschutz zu entwickeln.

Für die Bundesregierung erklärte Staatssekretärin Bender, dass Deutschland grundsätzlich die Ziele der SUR unterstütze. Bei einigen Punkten des Verordnungsentwurfes sehe man aber noch Verbesserungsbedarf. Eine Reduktion der Verwendung und des Risikos von Pflanzenschutzmitteln sei wichtig, um das zentrale Ziel einer nachhaltigeren, ökologischeren und damit zukunftsfähigen Landwirtschaft zu erreichen.

Staatssekretärin Bender verdeutlichte, dass neben nicht chemischen Maßnahmen auch die gezielte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erforderlich sein könne, um eine Ausbreitung von Quarantäneschadorganismen zu verhindern und ihre Tilgung zu erreichen. Zwar teile Deutschland nicht alle in der lettischen Note enthaltenen Annahmen. Gleichwohl unterstütze es das zum Ausdruck kommende Anliegen, pflanzengesundheitliche Anforderungen auf EU- und internationaler Ebene sicherzustellen.

Kommissarin Kyriakides betonte, mit der SUR werde ein hohes Niveau an Pflanzengesundheit angestrebt. In den weiteren Beratungen könnten alle Anliegen erörtert werden. Die Kommission sei zu Kompromissen und pragmatischen Lösungen bereit. Im Ziel, die Anwendung und das Risiko von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, sollte aber Einigkeit bestehen.

Überarbeitung der Honigrichtlinie

Auf Antrag Sloweniens befasste sich der Rat mit dem Bericht der Kommission über die EU-weit durchgeführte Aktion „Aus den Bienenstöcken“. Der Bericht bestätige die Annahme, dass ein erheblicher Teil des aus Nicht-EU-Ländern importierten und auf dem EU-Markt in Verkehr gebrachten Honigs den Bestimmungen der EU-Honigrichtlinie nicht entspricht. Bei vielen Proben habe es Anhaltspunkte für mögliche Verfälschungen gegeben, zum Beispiel durch die Verwendung von Zuckersirupen sowie Zusatz- und Farbstoffen.

Die wortmeldenden Mitgliedstaaten unterstützten grundsätzlich die slowenische Note und begrüßten den Kommissionsvorschlag zur Überarbeitung der Honig-Richtlinie, der am 21. April vorgelegt worden war. Mehrere Mitgliedstaaten kritisierten allerdings das Fehlen einer Verpflichtung zur detaillierteren bzw. prozentualen Angabe der Herkünfte auf Honigmischungen. Um den EU-Bienensektor sowie den Verbraucherschutz zu stärken und Betrugsfällen vorzubeugen, sei an den Vorschlägen nun entsprechend zu arbeiten. Dabei seien auch harmonisierte Analysemethoden notwendig.

Kommissar Wojciechowski dankte Slowenien und bekräftigte, dass die Kommission mit ihrem Vorschlag eine Verbesserung der Herkunftskennzeichnung anstrebe. Die künftige Kennzeichnung solle aber auch umsetzbar und kontrollierbar sein. Die Kommission werde sich auch für eine Verbesserung der Methoden einsetzen.

Deutschland befürwortet mit Nachdruck, für Honigmischungen eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung einzuführen. Ein solcher Schritt, der von der Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützt wird, würde die Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher verbessern und die Vermarktung heimischen Honigs stärken. Hinsichtlich der von vielen Mitgliedstaaten geforderten Angabe von Prozentanteilen der Herkünfte wird Deutschland zunächst die Ausführungen der Kommission in der Folgenabschätzung zum Vorschlag prüfen.

Neue genomische Techniken für Pflanzen (Mittagessen)

Während eines informellen, nicht öffentlichen Mittagessens tauschte sich der Rat über neue genomische Techniken (NGT) aus. Die Kommission beabsichtigt, im Sommer einen Regulierungsvorschlag zu unterbreiten.

Viele Mitgliedstaaten betonten die Chancen von NGT, beispielsweise für die Bewältigung der Klimakrise und die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Sie wiesen auch auf die Gefahr von Wettbewerbsnachteilen für die europäische Landwirtschaft hin und forderten die schnelle Vorlage des Kommissionsvorschlags, vereinfachte Zulassungsverfahren und bessere Aufklärung.

Staatssekretärin Bender sprach sich dafür aus, Nutzen und Risiken neuer genomischer Techniken gleichermaßen in den Blick zu nehmen. Wichtig sei ein gesellschaftlich akzeptierter Umgang mit NGT, der das Vorsorgeprinzip und die Wahlfreiheit für Landwirte und Verbraucher über die gesamte Lebensmittelkette gewährleistet. Zudem müssten Maßnahmen zur Sicherung der  Koexistenz von gentechnikfreier Landwirtschaft und Landwirtschaft, die Gentechnik einsetzten möchte, umgesetzt werden.

Kommissarin Kyrikides unterstrich, dass die geplanten Änderungen auf einem wissenschaftlichen Fundament aufbauen müssten. Das Vorsorgeprinzip sowie die Koexistenz der ökologischen Produktion sollten gewahrt werden. Besseres Wissen über NGT sei ebenso wichtig wie Transparenz und Wahlfreiheit.

Erschienen am im Format Aktuelles

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