Tagung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) am 26. März 2024 in Brüssel
Ergebnisbericht
Leitung der deutschen Delegation: Bundesminister Özdemir
Zusammenfassung
Im Fokus der Ratstagung stand der Meinungsaustausch zu den aktuellen Bauernprotesten in vielen Mitgliedstaaten und den Vorschlägen der Kommission mit möglichen Lösungsansätzen, damit der Agrarsektor die aktuellen Herausforderungen bewältigen kann und die Ernährungssicherheit gewährleistet bleibt.
Die Kommission hatte Legislativvorschläge zur Änderung der GAP-Verordnungen vorgelegt, die nun zeitnah von den Mitgesetzgebern verabschiedet werden sollen. Zudem legte sie ein Non-paper zur Stärkung der Stellung der Landwirtinnen und Landwirte in der Wertschöpfungskette vor.
Österreich brachte in diesem Zusammenhang einen Punkt unter Verschiedenes zu entwaldungsfreien Lieferketten ein. Litauen berichtete über ein Treffen der nordischen Mitgliedstaaten.
Weiteres wichtiges Thema dieser Sitzung war die Marktlage. Am Anfang der Beratung dieses TOPs war der ukrainische Landwirtschaftsminister Solskyi anwesend. Er stellte die Situation und Herausforderungen in der Ukraine dar und appellierte an die Mitgliedstaaten, die autonomen Handelsmaßnahmen (ATM) um ein Jahr (bis Juni 2025) zu verlängern.
Unter Sonstiges wurden folgende Punkte beraten:
- Information der belgischen Präsidentschaft über Veranstaltungen des Vorsitzes zur Zukunft der Landwirtschaft und der GAP
- Information der belgischen Präsidentschaft über das Symposium „Call to Care for Animal Welfare“ (Brüssel, 29. Januar 2024)
- Auswahl eines/r neuen Generaldirektors/in für die World Organisation for Animal Health (angemeldet von Frankreich)
- Neue genomische Techniken (NGT): Bedeutung deren Bereitstellung (angemeldet von Spanien)
- Schlussfolgerungen aus dem EuGH-Urteil zur Verordnung über die Fangmöglichkeiten für 2020 für die Fischfangquoten 2025 sowie die gemeinsame Fischereipolitik (angemeldet von Spanien)
- Nutzung des Europäischen Meeres-, Aquakultur- und Fischereifonds (EMFAF) für Entschädigungen wegen des UKR-Krieges (angemeldet von Portugal).
Im Einzelnen
TOP Rasche und strukturelle Antworten auf die derzeitige Krise im Agrarsektor: Weiterverfolgung der Beschlüsse der Kommission
Der Rat beriet schnelle und strukturelle Reaktionen auf die aktuelle Krise im Agrarsektor. Der Ratsvorsitzende verwies eingangs auf die Beratungen der Staats- und Regierungschefs (Europäischer Rat am 21. und 22. März 2024) und auf die Schlussfolgerungen.
Agrarkommissar Wojciechowski stellte die beiden Vorlagen der Kommission vor:
1) Vorschlag für Änderungen der GAP-Verordnungen (Strategieplanverordnung und betr. Kontrollen und Sanktionen):
- Mehr Flexibilität bei der Konditionalität (GLÖZ 6, 7, 8, 9);
- Änderungen der GAP-Strategiepläne sollen zweimal jährlich möglich sein;
- Ausnahme von Betrieben unter 10 ha bei den Konditionalitäten-Kontrollen und Sanktionen.
2) Non-Paper zur Stärkung der Stellung der Landwirte in der Wertschöpfungskette
Der Kommissar informierte, dass der Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) die Legislativvorschläge zur Änderung der GAP-Verordnungen am 26. März 2024 beraten und seinen Vorsitzenden beauftragt habe, ein Schreiben an das Europäische Parlament zu senden, in dem die Bereitschaft zur schnellstmöglichen Annahme übermittelt wird. Das Europäische Parlament werde seinen Standpunkt voraussichtlich auf der April-Plenarsitzung festlegen.
Der Kommissar ging zudem auf das Non-paper vom 15. März 2024 zur Stärkung der Stellung der Landwirtinnen und Landwirte in der Wertschöpfungskette ein, wonach die Kommission zeitnah Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation vorschlagen werde. Er kündigte auch einen Bericht über die Umsetzung der Verordnung über unlautere Handelspraktiken (UTP) an.
Außerdem wies er auf die aktuell laufende Umfrage zum Verwaltungsaufwand hin, an der europäische Landwirtinnen und Landwirte bis zum 8. April 2024 teilnehmen können. Bisher gebe es ca. 15.000 Teilnehmende, die überwiegend die Komplexität von Anträgen sowie den hohen zeitlichen Aufwand für die Antragsstellung als große Belastung darstellten. Die Ergebnisse der Umfrage würden anschließend ausgewertet und als Grundlage für weitere Maßnahmen dienen.
Außerdem betonte der Kommissar, dass Nachhaltigkeitsambitionen und Verwaltungserleichterungen in einem richtigen Gleichgewicht stehen müssten.
Österreich und Litauen brachten Punkte unter Verschiedenes zu diesem Themenkomplex ein:
Österreich sprach sich insbesondere dafür aus, die Obergrenze für De-minimis-Beihilfen auf 50.000 € anzuheben. Außerdem müsse die Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EntwaldungsVO) überarbeitet werden; es wurde auf ein gemeinsames Schreiben von Österreich, Finnland, Italien, Polen, Slowenien, Schweden und Slowakei verwiesen. Es sollte insbesondere ein ausreichender Zeitraum für die Umsetzung und eine Bagatellgrenze von 0,5 ha vorgesehen werden.
Litauen berichtete über ein Treffen der nördlichen MS, auf dem insbesondere die SUR und die Herausforderungen durch eine gestiegene Wolfspopulation besprochen wurden.
Die meisten Mitgliedstaaten verwiesen auf die großen Herausforderungen und die Notwendigkeit, die Attraktivität des Agrarsektors zu steigern und die Ernährungssicherheit in der EU zu gewährleisten. Die Vorschläge würden zwar in die richtige Richtung gehen; teilweise wurden aber weitere Maßnahmen gefordert: Anhebung der Obergrenze für De minimis-Beihilfen im Agrarsektor, Änderungen der EntwaldungsVO; Recht auf Fehler; schnellere Genehmigung der geänderten Strategiepläne durch die Kommission; Verschiebung der sozialen Konditionalität.
Betreffend die Verordnung über die Gemeinsame Marktorganisation (GMO-VO) wurde die geplante Stärkung der Stellung der Landwirtinnen und Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette größtenteils begrüßt. Dabei wurde aber teilweise gefordert, nationale Besonderheiten und die besondere Situation der Genossenschaften zu berücksichtigen.
Bundesminister Özdemir unterstützte die vorgeschlagenen Vereinfachungsmöglichkeiten der EU-Agrarpolitik. Er wies darauf hin, dass die Betriebe auch mit der Erbringung gesellschaftlich gewünschter Leistungen (Naturschutz und Tierschutz) Geld verdienen können sollten. Der Vorschlag, zur Abmilderung der Folgen des Wegfalls der GLÖZ-8 Verpflichtung Öko-Regelungen zu nicht-produktiven Flächen anbieten zu müssen, gehe zwar in diese Richtung; die Frage von deren Finanzierung werde jedoch weiter eine Rolle spielen. Eine systematischere Berücksichtigung im Sinne von „Green by Concept“ der Ökolandbau-Betriebe würde deren Attraktivität steigern.
Betreffend die Änderungen der GMO-VO sollte die Kommission weitere Einzelheiten nennen, damit Deutschland diese bewerten könne.
In der EntwaldungsVO, die er nach wie vor ausdrücklich unterstütze, sollte die Umsetzungsfrist nur verlängert werden, falls der Durchführungsrechtsakt zum Länder-Benchmarking nicht vor der Anwendung der Verordnung veröffentlicht sei. Ohne ein Länder-Benchmarking würden notwendige Erleichterungen für Niedrigrisikoländer nicht gelten, womit ein unverhältnismäßiger Aufwand für Wirtschaft und Verwaltung verbunden wäre, was für Deutschland nicht akzeptabel sei.
Eine EU-weite Ausweitung der Herkunftskennzeichnung werde unterstützt, um Verbraucherinnen und Verbrauchern eine transparente und nachhaltige Kaufentscheidung zu ermöglichen (ähnlich Österreich). Die Kommission solle einen entsprechenden Vorschlag vorlegen.
Agrarkommissar Wojciechowski kündigte an, die Forderung nach der Erhöhung der Obergrenze für De minimis-Beihilfen im Agrarsektor an die hierfür federführend zuständige DG COMP weiterzuleiten und sich für einen entsprechenden Vorschlag der Kommission einzusetzen.
Zusammenfassung der Präsidentschaft:
Die Diskussion habe weitgehende Übereinstimmung gezeigt, dass
- die Attraktivität des Agrarsektors gesteigert werden müsse;
- die Vorschläge der Kommission in die richtige Richtung gingen;
- noch nicht alle Anliegen der Mitgliedstaaten berücksichtigt seien, insbesondere
- Verlängerung des Befristeten Krisenbeihilferahmens,
- deutliche Anhebung der De minimis – Obergrenze im Agrarsektor,
- erweiterte Umschichtungsmöglichkeit von GAP-Mitteln von einer in die andere Säule,
- Beschleunigung des Änderungsverfahrens der nationalen GAP-Strategiepläne,
- Anpassungen bei der EntwaldungsVO.
Entsprechende Vorschläge sollten schnellstmöglich vorgelegt und in den vorbereitenden Gremien (insbesondere im SAL) beraten werden.
TOP Marktsituation, insbesondere nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine
Der Rat diskutierte die Marktlage auf Grundlage der von der belgischen Präsidentschaft vorgelegten Leitfrage („Welche Lösungen und Strategien sind denkbar, um die kurz- und langfristigen Herausforderungen auf den Agrarmärkten zu bewältigen?“).
Am Anfang der Beratung dieses TOPs war der ukrainische Landwirtschaftsminister Solskyi anwesend und stellte die Situation und Herausforderungen in der Ukraine dar. Er betonte, dass Getreide wieder hauptsächlich über die Schwarzmeerhäfen in Drittstaaten ausgeführt werden könne (12 Mio. t Getreide). Die ukrainischen Agrarerzeugnisse seien nicht für Marktverwerfungen im EU-Binnenmarkt verantwortlich. Er appellierte an die Mitgliedstaaten, die Autonomous Trade Measures (ATM) um ein Jahr zu verlängern.
Agrarkommissar Wojciechowski präsentierte die Marktlage und ging dabei insbesondere auf den Handel der EU mit der Ukraine ein.
Die EU-Kommission habe eine Verordnung vorgelegt, um die Aussetzung der Einfuhrzölle und -kontingente für Ausfuhren aus der Ukraine und Moldau in die EU bis zum 05.06.2025 zu verlängern. Gleichzeitig solle der Schutz für sensible landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der EU verstärkt werden. Für die sensiblen Erzeugnisse (Geflügel, Eier, Zucker) sei ein Schutzmechanismus vorgesehen, der die UKR Einfuhren auf dem Niveau der durchschnittlichen Einfuhrmengen in den Jahren 2022 und 2023 stabilisieren solle; die Zölle würden wieder eingeführt, wenn die Einfuhren dieser Erzeugnisse die durchschnittlichen Einfuhrmengen überschreiten. Im Trilog mit dem EP seien weitere Produkte (Hafer, Gerstengrütze und -schrot, Mais, Mehle und Pellets, sonstige verarbeitete Getreidekörner und Honig) einbezogen worden.
Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rats würden weiterhin die Unterstützung der Ukraine und eine Verschärfung der Maßnahmen gegen Russland vorsehen. Die Kommission habe daher höhere Zölle auf importiertes Getreide aus Russland und Weißrussland vorgeschlagen, damit diese Einnahmequelle abgeschnitten werde.
Der Kommissar sprach auch die von einigen Mitgliedstaaten geforderten Erstattungen für Getreideausfuhren an und betonte, dass diese mit WTO-Recht unvereinbar wären. Getreide nach Afrika als Hilfslieferungen zu verbringen widerspreche den Regeln des Welternährungsprogramms.
Die meisten Mitgliedstaaten begrüßten die Verlängerung des ATM mit der Ukraine (auch Italien).
Die vorgesehene Notbremse wurde begrüßt. Eine Reihe von Mitgliedstaaten sprach sich aber für die Einbeziehung des Referenzjahres 2021 aus; zudem sollten weitere Erzeugnisse einbezogen werden (Frankreich und Polen forderten, auch Weizen einzubeziehen).
Die geplante Anhebung der Zölle auf Getreide aus Russland und Weißrussland wurde von einer Reihe von Mitgliedstaaten ausdrücklich begrüßt.
Bundesminister Özdemir begrüßte den Vorschlag der Kommission zur ATM-Verlängerung. Denn die Ukraine müsse von der EU so lange wie nötig vollständig unterstützt werden.
Die derzeitige Preissituation sei weltmarktbedingt (steigende Vorräte und gute Ernteaussichten). Nach wie vor komme es an der EU-Grenze zur Ukraine zu Protesten und auch Grenzblockaden, die zu langen Lieferverzögerungen führten. Die bisherigen Bemühungen hätten offensichtlich nicht ausgereicht, die Situation zu entspannen. Das schade der Ukraine und der EU. Es sollte daher gemeinsam an Lösungen gearbeitet werden; ein Lizenzsystem könne hilfreich sein.
Er stellte zudem die deutsche Marktlage dar. Am deutschen Weinmarkt sei die Lage aufgrund des rückläufigen Verbrauchs schwierig; die Kommission sollte daher Möglichkeiten zur Entlastung des Sektors prüfen (z. B. ein EU-weites Rodungsprogramm in Verbindung mit einem Anbaustopp).
Der Kommissar sagte zu, die Marktlage genau zu beobachten. Die belgische Präsidentschaft kündigte an, dass der Rat in einer seiner nächsten Sitzungen auf die Marktlage zurückkommen werde.
TOP Sonstiges
1. Ergebnisse der Veranstaltungen des Vorsitzes zur Zukunft der Landwirtschaft und der GAP
Die belgische Präsidentschaft berichtete insbesondere über das Symposium vom 1. Februar 2024 in Gent. Im Fokus hätten die drei Themen der Lebensmittelproduktion in der EU: Markt, Nachhaltige Produktion und die Beziehung zwischen Lebensmittelverbrauchenden und –erzeugenden. Die Ergebnisse des Symposiums sollen in die Beratungen über die Zukunft der EU-Landwirtschaft einfließen.
Bundesminister Özdemir begrüßte, dass insbesondere die Themen faire Bezahlung und Stellung der Landwirtinnen und Landwirte in der Wertschöpfungskette diskutiert wurden. Dabei hob er hervor, dass auch die Notwendigkeit diskutiert wurde, die Agrar- und Ernährungssysteme nachhaltiger zu gestalten.
2. Auswahl eines/r neuen Generaldirektors/in für die World Organisation for Animal Health
Frankreich warb für die Wahl von Emmanuelle Soubeyran, derzeitige Chief Veterinary Officer (CVO) von Frankreich, zur neuen Generaldirektorin (DG) für die World Organisation for Animal Health (WOAH) am 28. Mai.
Auch die Kommission unterstützt die Kandidatur der europäischen Bewerberin und warb für ihre Wahl, insbesondere um die Führungsrolle Europas im Bereich Tiergesundheit und Tierschutz weiter voranzutreiben.
Die wortnehmenden Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, unterstützten ebenso die Kandidatur.
3. Ergebnisse des Kolloquiums „Call to Care for Animal Welfare“ (Brüssel, 29. Januar 2024)
Die belgische Ratspräsidentschaft berichtete über ein am 29. Januar 2024 veranstaltetes Symposium mit dem Titel "Call to Care for Animal Welfare". Dieses habe das Ziel, das Wohlergehen von Tieren auf der europäischen Agenda weiter nach oben zu rücken.
Die wortnehmenden Mitgliedstaaten dankten der Präsidentschaft für die Durchführung der Veranstaltung und betonten ihre Unterstützung, Tierschutz in der EU voranzutreiben und hier eine Führungsrolle einzunehmen.
Auch Deutschland begrüßte die Fortschritte im Bereich Tierschutz, insbesondere zu besseren Standards für Hunden und Katzen, und machte gleichzeitig deutlich, dass die Beratungen zu den Regelungen für Tiertransporte, Käfighaltung, Pelzproduktion, Lebensmittelkennzeichnung, Verbot der Kükentötung und bei der Schlachtung spätestens ab Juli Fahrt aufnehmen sollten.
4. Neue genomische Techniken (NGT): Die Bedeutung der Bereitstellung neuer Pflanzenzüchtungsstrategien für den Agrar- und Ernährungssektor
Spanien verwies auf die aktuellen Herausforderungen, mit denen sich die EU Landwirtschaft konfrontiert sehe. Neue Pflanzenzüchtungsstrategien hätten Potenzial mit Blick auf dringende Probleme wie Wassermangel und neue Schädlinge. Daher müsse der Rechtsrahmen erneuert werden. Der Rat müsse nunmehr schnell vorankommen (Allgemeine Ausrichtung).
Im Agrarrat im Dezember 2023 sowie im AStV am 07.02.2024 gab es keine qualifizierte Mehrheit für eine Allgemeine Ausrichtung.
Viele wortnehmende Mitgliedstaaten begrüßten das Bemühen Spaniens, dieses Dossier voranzutreiben. Teilweise betonten sie, dass alle Landwirtinnen und Landwirte gleichen Zugang zu den neuen Techniken haben sollten. Einige Mitgliedstaaten zeigten sich jedoch weiterhin kritisch bis ablehnend bzw. verwiesen auf die für sie weiterhin problematischen Punkte (u. a. Polen, Slowakei).
Deutschland dankte Spanien für die Ausführungen zu diesem Dossier, betonte jedoch, dass aus deutscher Sicht noch offene Fragen bestünden und dem Vorschlag aktuell nicht zugestimmt werden könne.
Die Kommission betonte abschließend, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtinnen und Landwirten gesichert werden müsse und sie für das weitere Voranbringen des Dossiers eintreten wolle.
5. Austausch zu den Folgen des EuGH-Urteils (C-330/22) zu den Fangmöglichkeiten für 2020 und sich daraus ergebenden Folgen für zukünftige Ratsentscheidungen
Spanien ging auf das o.g. Urteil ein, hob den Ermessensspielraum des Rats hervor und betonte, dass sozioökonomische Aspekte der Nachhaltigkeit stärker berücksichtigt werden sollten.
Ein irisches Gericht hatte Fragen betr. die nationale Umsetzung der Fangmöglichkeiten zur Vorabentscheidung dem EuGH vorgelegt.
Der EuGH hat geurteilt, dass der Rat die Grenzen seines Ermessens nicht offensichtlich überschritten habe. Das MSY-Ziel (MSY: Höchstmöglicher Dauerertrag) sei unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der GFP auszulegen und alle drei Säulen der Nachhaltigkeit (ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte) zu berücksichtigen.
Deutschland begrüßte – wie eine Reihe von Mitgliedstaaten - das EuGH-Urteil, da der Rat in komplexen Situationen Abwägungsentscheidungen treffen könne. Deutschland verwies darauf, dass auf der anderen Seite dem Rat aber auch weiterhin Grenzen gesetzt seien. Diese würden sicherstellen, dass die Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit weitreichend berücksichtigt werden.
Auch Kommissarin Kyriakides begrüßte die in dem Urteil enthaltene Klarstellung und die damit einhergehende Konkretisierung zu den Entscheidungsbefugnissen des Rates.
6. Krisenmechanismus des EMFAF wegen des UKR-Krieges
Portugal forderte, den zeitlichen Rahmen für krisenbedingte Unterstützungsleistungen auf Grundlage des Krisenmechanismus des Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) bis zum 31. Dezember 2024 zu verlängern.
Zur Begründung trug Portugal vor, dass die Kommission auch den Geltungszeitraum des „Befristeten Krisenrahmens“ mit Entscheidung vom 21. November 2023 bis zum 30. Juni 2024 verlängert habe.
Die wortnehmenden Mitgliedstaaten unterstützen die Initiative Portugals und betonten, insbesondere wegen der weiterhin hohen Produktionskosten sowie aufgrund des anhaltenden Kriegs in der Ukraine, die Notwendigkeit einer Verlängerung des Durchführungsbeschlusses.
Kommissarin Kyriakides führte aus, dass entsprechend dem EMFAF eine Marktstörung vorliegen müsse. Diese sei derzeit nicht erkennbar. Die Lage habe sich vielmehr insgesamt stabilisiert und die Aussichten für den Sektor seien gut. Zudem gelte der befristete Krisenbeihilferahmen noch bis Juni 2024 und könne von den Mitgliedstaaten für nationale Beihilfen genutzt werden.
Sie betonte, dass mit Mitteln des EMFAF langfristige strukturelle Maßnahmen gefördert werden sollten.