Tagung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) am 25. Juli 2023 in Brüssel

Ergebnisbericht

Leitung der deutschen Delegation Herr Bundeminister Cem Özdemir

Zusammenfassung

Zu Beginn stellte die neue spanische Ratspräsidentschaft ihr Arbeitsprogramm vor.

Einen Schwerpunkt der Ratstagung bildete die aktuelle Marktlage. Erörtert wurden dabei insbesondere die Folgen der Aufkündigung des Schwarzmeerabkommens durch Russland für die globale Ernährungssicherheit, die Stärkung der Ukraine über die Solidaritätskorridore sowie die Situation in der EU und den Ukraine-Anrainerstaaten.

Der Rat befasste sich zudem mit Verordnungsvorschlägen zu den neuen genomischen Techniken, zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sowie zu pflanzlichem und forstlichem Vermehrungsgut.

Weitere Tagungsordnungspunkte waren unter Sonstiges die Auswirkungen der Trockenheit auf die Landwirtschaft, die fünfte AU-EU Agrarministerkonferenz in Rom und die Bedeutung des Sonderausschusses Landwirtschaft.

Im Einzelnen

TOP Arbeitsprogramm des Vorsitzes

Spanien, das am 1. Juli 2023 den Ratsvorsitz für sechs Monate übernommen hat, stellte sein Arbeitsprogramm vor. Die Ratspräsidentschaft stehe unter dem Motto „Europa, in greifbarer Nähe“ und lege den Fokus auf folgende vier übergreifende Prioritäten:

  • Reindustrialisierung der EU und Gewährleistung ihrer strategischen Autonomie
  • Grüne Transformation und ökologische Anpassung
  • Förderung von mehr sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit und
  • Stärkung der europäischen Einheit.

Im Rat für Landwirtschaft und Fischerei möchte Spanien die Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit sowie den Schutz von Gesundheit und Umwelt im Rahmen der strategischen Autonomie und zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen in den Mittelpunkt stellen. Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine würden es erforderlich machen, die Marktsituation weiter zu beobachten und bei Marktstörungen entgegenzusteuern. Weiterhin solle ein Augenmerk auf der Förderung moderner Technologien inkl. neuer Genomtechniken (NGT) liegen. Daher werde auch auf dem informellen Treffen der Agrarministerinnen und Agrarminister vom 03. – 05. September 2023 in Córdoba dieses Thema beraten werden. Zudem soll die Stärkung des Lebensmittelsektors unter Berücksichtigung geografischer Angaben und anderer Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Weine sowie der Umsetzung der GAP-Strategiepläne begleitet werden. In diesem Kontext wurde auch auf das noch von der Kommission vorzulegende Tierschutzpaket verwiesen. Schließlich sollen die ländlichen Räume gefördert werden. Um der Bedeutung der ländlichen Gebiete mehr Sichtbarkeit zu verleihen und Perspektiven aufzuzeigen, beabsichtige die spanische Präsidentschaft, im Herbst Ratsschlussfolgerungen zu verabschieden. Zudem sei eine hochrangige Konferenz im September in Spanien geplant.

Im Bereich der Fischerei sollen Schwerpunkte die Dekarbonisierung des Sektors, die Stärkung der Rolle der Gemeinsamen Fischereipolitik für die Ernährungssicherheit und die Verbesserung der Entscheidungsprozesse über die Fangmöglichkeiten sein.

Die wortnehmenden Mitgliedstaaten (darunter Bundesminister Özdemir) begrüßten grundsätzlich das spanische Präsidentschaftsprogramm und sagten ihre Unterstützung zu.

TOP Marktlage, insbesondere nach der russischen Invasion in die Ukraine, einschließlich der anhaltenden schwierigen Lage auf den Agrarmärkten der Ukraine-Anrainerstaaten

Die Kommission und die Mitgliedstaaten berieten über die Marktlage. Dabei stand die Aufkündigung des Schwarzmeerabkommens durch Russland und die Auswirkung auf die ukrainischen und internationalen Märkte für Getreide und Ölsaaten sowie die globale Ernährungssicherheit im Fokus.

Zu Beginn berichtete Kommissar Wojciechowski über die Auswirkungen der russischen Invasion in die Ukraine auf den Markt. Wegen der Liberalisierung des Handels mit der Ukraine (Assoziierungsabkommen) seien die Einfuhren in die EU deutlich gestiegen. Verglichen mit Mercosur sei dieser Anstieg der Einfuhren sehr viel höher. Daher seien Bedenken gegen diese Einfuhren insbesondere in den Anrainerstaaten aus seiner Sicht gut nachvollziehbar. Kommissar Wojciechowski verurteilte die Aufkündigung des Schwarzmeerabkommens sowie die russischen Angriffe auf die ukrainischen Häfen und Lagerbestände scharf. Damit versuche Russland, die ukrainischen Getreideexporte weiter zu unterbinden und instrumentalisiere die weltweite Ernährungslage für die eigenen Kriegszwecke.

Kommissar Wojciechowski betonte, dass es wichtig sei, die Solidaritätskorridore weiter zu verbessern. Die Kommission arbeite hier aktiv mit der Ukraine, Moldawien und den Anrainerstaaten zusammen. Zudem sollen weitere alternative Routen über Ostsee- und Adriahäfen aufgebaut und die Abwicklung an den Grenzübergängen wie Zoll-, Sanitär- und Phytosanitärkontrollen vereinfacht werden. Aktuell prüfe die Kommission zudem, ob es Möglichkeiten gebe, die Transportkosten für ukrainisches Getreide in Drittstaaten zu subventionieren.

Im Weiteren verwies Kommissar Wojciechowski auf die neuen Anforderungen für die Mitgliedstaaten zur Meldung von Lagerbeständen von Getreide. Es gebe jedoch weiterhin Lücken bei der Berichterstattung. Zudem erinnerte er an die neue Marktbeobachtungsstelle für Düngemittel, die ihre erste Sitzung im Juni dieses Jahres abgehalten habe.

Polen berichtete, unterstützt von Bulgarien, Ungarn, Rumänien und der Slowakei, über die anhaltend schwierige Marktlage in den Anrainerstaaten aufgrund der Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Die Anrainerstaaten forderten einen Schutz der heimischen Landwirte vor zu großen Importmengen aus der Ukraine (Verlängerung der von der Kommission erlassenen Präventivmaßnahmen über den 15. September 2023 hinaus, die den Import von bestimmten ukrainischen Agrargütern in diese Mitgliedstaaten untersagen). Wegen der Aufkündigung des Schwarzmeerabkommens durch Russland werde sich die Situation weiter zuspitzen, insbesondere würden bei weiteren Einfuhren in die Anrainerstaaten die Lagerkapazitäten in diesen Mitgliedstaaten angesichts der anstehenden Ernte nicht ausreichen. Eine weitere Verbesserung der Solidaritätskorridore sei dafür dringend notwendig.

Bundesminister Özdemir kritisierte die Aufkündigung des Schwarzmeerabkommens durch Russland. Dadurch würden der Ukraine Exportmöglichkeiten genommen, die Märkte für Getreide und Ölsaaten verunsichert und die Situation der weltweiten Ernährungssicherheit weiter verschlechtert.

Bundesminister Özdemir dankte den Anrainerstaaten für ihre bisherige Unterstützung der Ukrainerinnen und Ukrainer. Die Forderung nach einer Verlängerung der Importbegrenzungsmaßnahme über den 15. September 2023 sah er aber sehr kritisch. Er erinnerte daran, dass die Kommission zugesichert habe, auf eine Verlängerung zu verzichten. Denn die Integrität des Binnenmarktes müsse stets erhalten bleiben; eine Verlängerung würde zudem die umfassende Unterstützung der Ukraine konterkarieren, die globale Ernährungssicherheit gefährden und Putins Narrativ bedienen. Er setzte sich dafür ein, die Solidaritätskorridore zu stärken. Denn diese seien für die gesamtwirtschaftliche Situation der Ukraine wichtig, da sie die einzige sichere Möglichkeit für die Ukraine darstellten, Güter zu importieren und zu exportieren. Weitere alternative Exportrouten und deren Ausbau sollten daher geprüft werden. Die Solidaritätskorridore seien auch für die Welternährung von großer Bedeutung.

Auch die übrigen wortnehmenden Mitgliedstaaten kritisierten die Aufkündigung des Getreideabkommens durch Russland, sprachen sich für eine Stärkung der Solidaritätskorridore aus und sagten der Ukraine ihre Unterstützung zu. Die logistischen Kapazitäten sollten ausgebaut und die Verfahren vereinfacht werden.

Einige Mitgliedstaaten äußerten sich kritisch gegenüber einer weiteren Verlängerung der Schutzklausel und lehnten explizit unilaterale Maßnahmen ab.

Auch die EU-Krisenmechanismen wurden angesichts der aktuellen Extremwetterereignisse angesprochen; deren Nutzung sollte transparent und datenbasiert erfolgen. Einige Mitgliedstaaten forderten eine langfristige Strategie, die sowohl die Anrainerstaaten als auch die übrigen Mitgliedstaaten in den Blick nehme.

Darüber hinaus fand ein Erfahrungsaustausch über die Ernteschätzungen und die Berichtspflichten zu nationalen Lagerbeständen für Getreide, Ölsaaten und Reis statt. Bundesminister Özdemir erläuterte, dass die diesjährige Getreide- und Rapsernte in Deutschland nach aktuellen Schätzungen witterungsbedingt etwas geringer ausfallen werde als im Vorjahr. Sie dürfte aber – mit regionalen Unterschieden – weiterhin auskömmlich sein. Viele Mitgliedstaaten äußerten sich zu den Herausforderungen auf ihren Agrarmärkten wie vor allem hohe Produktionskosten, ungünstige Witterungsbedingungen, geringe Lagerkapazitäten aufgrund von Importen aus der Ukraine, Pflanzenkrankheiten und Importabhängigkeit insbesondere bei Getreide.

Bundesminister Özdemir berichtete – wie auch eine Reihe anderer Mitgliedstaaten - über die Erfahrungen mit dem Überwachungssystem für Vorratsbestände.

Einige Mitgliedstaaten begrüßten die Marktbeobachtungsstelle bei der Kommission, mit der die Marktentwicklung im Hinblick auf die Ernährungssicherung besser vorausgesehen werden könne.

In seiner Replik erklärte Kommissar Wojciechowski, dass im November 2022 das bisher höchste Volumen an Exporten über die Solidaritätskorridore transportiert worden seien. Weitere Unterstützung, vor allem Investitionen in Lagerkapazitäten und Infrastruktur, seien notwendig. Hierbei verwies er auf den bis Ende des Jahres geltenden erweiterten Rahmen für staatliche Beihilfen. Zudem sprach er das Thema der russischen Exporte von Landwirtschaftsprodukten in die EU an. Diese seien nicht von den Sanktionen betroffen. Die Kommission werde die Marktlage genau beobachten und nach der Ernte evaluieren, wie sich die Situation in den Mitgliedstaaten und insbesondere in den Anrainerstaaten darstellen wird.

TOP Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) – Studie zur Ergänzung der Folgenabschätzung

Der Rat führte eine Diskussion über die weiteren Beratungen des SUR-Vorschlags im Lichte der von der Kommission vorgelegten Studie zur Ergänzung der Folgenabschätzung.

Der Verordnungsvorschlag wurde im Juni 2022 veröffentlicht und wird seither intensiv beraten. Die tschechische Ratspräsidentschaft führte im Dezember 2022 einen Ratsbeschluss herbei, mit dem die Kommission aufgefordert wurde, eine Studie zur Ergänzung der Folgenabschätzung vorzulegen. Die Kommission hat diese am 5. Juli 2023 vorgelegt.

Kommissarin Stella Kyriakides stellte die ergänzende Studie vor und fasste zusammen, dass aufgrund der Studie nicht von negativen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit, insbesondere nicht von Preisanstiegen bei Lebens- und Futtermitteln ausgegangen werden müsse. Zudem habe sich gezeigt, dass der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln in der vergangenen Zielperiode bereits zurückgegangen sei. Sie betonte, dass sie die Arbeiten an diesem wichtigen Dossier mit dem notwendigen Pragmatismus gemeinsam mit den Mitgliedstaaten weiterführen wolle.

Eine Reihe von Mitgliedstaaten kritisierte, dass die Ergänzung der Folgenabschätzung nicht in vollem Umfang auf die Bedenken eingehe und die Auswirkungen der SUR nicht ausreichend quantifiziert seien. Die Mitgliedstaaten formulierten mit Blick auf die weiteren Beratungen zudem Bedenken insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen auf die Ernährungssicherung und zu den Regelungen zu den empfindlichen Gebieten. Die bereits erreichten Reduktionsziele und die spezifischen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten müssten angemessen berücksichtigt werden. Zudem müssten verlässliche Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln tatsächlich vorliegen. Viele Mitgliedstaaten legten Prüfvorbehalt ein bzw. hielten weitere Diskussionen auf Ebene der Ratsarbeitsgruppe für erforderlich. Einige Mitgliedstaaten lehnten rechtsverbindliche Reduktionsvorgaben auf EU-Ebene und weiteren Verwaltungsaufwand ab.

Bundesminister Özdemir führte aus, dass mit der bereits bestehenden Folgenabschätzung zur SUR und der ergänzenden Studie über die Auswirkungen der SUR auf die Landwirtschaft nun die wesentlichen Informationen für die weiteren Beratungen vorlägen. Diese zusätzliche Analyse der Kommission bestätige die bisherige Position Deutschlands, die SUR zu unterstützen. Demnach könne ein beträchtlicher Anteil der Reduktion der Verwendung und des Risikos von Pflanzenschutzmitteln in Bereichen erreicht werden, die nicht für die Ernährungssicherheit zentral seien. Die Studie zeige damit erfreulicherweise, dass ambitionierte Maßnahmen hinsichtlich Einschränkungen der Pflanzenschutzmittelanwendung auf nicht-landwirtschaftlichen Flächen und in bestimmten schützenswerten Gebieten keine wesentliche Herausforderung darstellten.

Bei manchen Punkten sah er - wie auch viele andere Mitgliedstaaten - noch Verbesserungsbedarf, insbesondere bei den Folgenden:

  • Eine modifizierte Definition von „empfindlichen Gebieten“ sowie bei den vorgesehenen Einschränkungen bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in diesen Gebieten sowie beim Referenzjahr,
  • die Ausgewogenheiten der Zielvorgaben mancher Maßnahmen und Zusatzaufwand für Landwirtschaft und Verwaltung,
  • eine Konkretisierung tragfähiger Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft und
  • die Berücksichtigung bereits erzielter Reduzierungen hinsichtlich der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.

Die spanische Präsidentschaft kündigte an, die Beratungen über den Legislativvorschlag auf Fachebene weiterzuführen.

TOP Verordnung über durch neue genomische Verfahren gewonnene Pflanzen sowie über Lebens- und Futtermittel

Der Ratsvorsitzende betonte einleitend, dass der Verordnungsvorschlag der Kommission zu den NGT prioritär behandelt werden solle und eine allgemeine Ausrichtung bis Jahresende angestrebt werde.

Kommissarin Stella Kyriakides führte aus, dass der Verordnungsvorschlag der Sicherstellung gesunder Ökosysteme als wichtigem Teil einer nachhaltigeren Umwelt diene. Mit dem Verordnungsvorschlag sollen spezielle Bestimmungen für Pflanzen und deren Produkte eingeführt werden, die mit bestimmten NGT hergestellt werden, bei denen kein artfremdes Erbgut übertragen werde. Damit könne der Pestizideinsatz reduziert und resilientere Pflanzen gezüchtet werden sowie die Lebensmittelsicherheit gewährleistet werden. Konkret sehe der Entwurf zwei Risikoprofile sowie Überprüfungsverfahren mit klaren Kriterien zur Einordnung in eine der beiden Kategorien vor. Zum einen gebe es durch NGT gewonnene Pflanzen, die auch durch natürliche Prozesse und traditionelle Zucht hätten entstehen können. Diese unterfielen der Kategorie 1; alle anderen NGT-Produkte der Kategorie 2. Die Pflanzen der Kategorie 1 würden nicht wie genetisch veränderte Organismen (GVO) behandelt und sie würden bevorzugtere Zulassungsverfahren als diese genießen. Für beide Kategorien werde allerdings die Rückverfolgbarkeit, etwa durch Datenbanken und die Etikettierung des Saatgutes, garantiert. Damit hätten einerseits die Landwirtinnen und Landwirte die Freiheit, sich für oder gegen NGT-Saatgut zu entscheiden und zum anderen diene dies der Information der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie betonte, dass der Sicherheitsstandard hoch bleiben und das GVO-Verbot im Öko-Landbau weiterhin gelten würde. Der Entwurf fuße auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA), die dem globalen Konsens entsprechen würden.

Viele Mitgliedstaaten äußerten sich unterstützend bzw. grundsätzlich positiv in Bezug auf den Kommissionsvorschlag. NGT-Pflanzen würden bereits in anderen Teilen der Welt genutzt und könnten zu weniger Pflanzenschutzmitteleinsatz führen sowie zur Ernährungssicherung beitragen. Eine Reihe von Mitgliedstaaten legten Prüfvorbehalt ein und betonten, dass das Vorsorgeprinzip zu berücksichtigen sei. Die Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wahlfreiheit müssten gewährleistet sein. Es müsse sichergestellt werden, dass Landwirtinnen und Landwirte Saatgut aus der eigenen Erzeugung weiterhin verwenden könnten; kleine Saatguthersteller müssten gefördert werden. Unerwartete Konsequenzen und die Auswirkungen auf die Biodiversität müssten genau geprüft werden. Einige Mitgliedstaaten wiesen auf die Gefahren von Oligopolen hin. Auch der Ökolandbau wurde thematisiert; die Koexistenz verschiedener Agrar- und Anbausysteme müsse sichergestellt werden.

Bundesminister Özdemir dankte für den Vorschlag, der noch im Detail geprüft werden müsse. Er betonte, dass eine Transformation hin zu nachhaltigen und resilienten Agrarsystemen ein sehr wichtiges Anliegen sei und dabei alle Wege in Betracht zu ziehen seien. Dabei dürfe allerdings das Vorsorgeprinzip nicht außer Acht gelassen und die Koexistenz verschiedener Agrar- und Anbausysteme müsse sichergestellt werden. Er verwies auf das Ziel für den Ökolandbau; dieses dürfe nicht gefährdet werden. Er gehe davon aus, dass die Kommission hinsichtlich der in der Öffentlichkeit diskutierten relevanten Themen bzgl. des Zugangs zu genetischen Ressourcen sowie der Stärkung des Wirtschaftsstandortes Europa weitere Vorschläge unterbreiten werde. Es gelte, insbesondere Innovationen, Nutzen und Risiken des technologischen und methodischen Fortschritts im Blick zu behalten. Vor diesem Hintergrund müssten Fragen im Rahmen der Ratsarbeitsgruppensitzungen besprochen werden. Er kündigte an, dass Deutschland sich konstruktiv in die Beratungen einbringen werde.

TOP Sonstiges

Bedeutung des Sonderausschusses Landwirtschaft (SAL), gemeinsames Schreiben der Mitgliedstaaten

Der spanische Ratsvorsitzende stellte ein gemeinsames Schreiben zur Aufrechterhaltung der Kompetenzen des SAL, Entscheidungen des Agrar- und Fischereirates vorzubereiten, vor. Er wies auf die besondere Rolle des SAL als unverzichtbares Gremium insbesondere für die Ernährungssicherung hin. Das Schreiben sei von 26 Agrarministerinnen und Agrarministern unterzeichnet worden und werde von ihm als Vorsitzender des Rates voll mitgetragen.

Die wortnehmenden Mitgliedstaaten dankten der österreichischen Delegation für die Initiative für ein gemeinsames Schreiben an den Vorsitzenden des Rates und sprachen sich für die Aufrechterhaltung der Kompetenzen des SAL in seiner jetzigen Form aus. Der SAL stelle sicher, dass die Sitzungen des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) gut vorbereitet werden. In seiner über 63-jährigen Geschichte habe er sich bestens bewährt, insbesondere im Hinblick auf die Diskussionen zur Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen und sicheren Lebensmitteln.

Der Rechtsdienst des Rates verwies kurz auf die Rolle des Ausschusses der Ständigen Vertreter für die Vorbereitung der Sitzungen des Rates.

Schwierigkeiten der Landwirte aufgrund des Krieges in der Ukraine, der Dürre/widrige Witterungsverhältnisse und der hohen Betriebsmittelpreise – Antrag auf Ausnahmeregelung

Rumänien berichtete - unterstützt von Ungarn und Polen - über die Schwierigkeiten, denen die Landwirte aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und von Dürren sowie anderen widrigen Witterungsverhältnissen ausgesetzt sind. Diese Mitgliedstaaten forderten die Kommission auf, bei den Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) Abweichungen zuzulassen.

Bundesminister Özdemir äußerte Verständnis für diesen Antrag. Deutschland erwarte seitens der Kommission eine Aussage zur Futternutzung des Aufwuchses auf GLÖZ 8 Brachflächen bzw. deren Beweidung. Eine Verlängerung der für das Jahr 2023 eingeräumten Ausnahmen bei GLÖZ 7 zum Fruchtwechsel und bei GLÖZ 8 zu nicht-produktiven Flächen lehnte er ab. Ihre Aussetzung würde zu Lasten der Biodiversität, des Klimaschutzes und damit der langfristigen Resilienz des Agrarsektors gehen. Darüber hinaus würden auch die Planungssicherheit sowie die Verlässlichkeit der EU-Gesetzgebung in Frage gestellt.

Der Großteil der weiteren wortnehmenden Mitgliedstaaten unterstützte den Antrag.

Kommissar Wojciechowski zeigte großes Verständnis für die durch die Folgen des Krieges in der Ukraine und der extremen Witterungsbedingungen betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe. Er betonte, dass die Märkte sich in Ungewissheiten befänden, die Betriebsmittelpreise sich aber normalisierten. Die Kommission habe drei Hilfspakete verabschiedet, um die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine abzufedern. Diese würden aus der Agrarreserve finanziert; die Mitgliedstaaten könnten die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel mit nationalen Mitteln aufstocken. Die Kommission habe weiter einer Verordnung angenommen, die es den Mitgliedstaaten gestatte, die Liquidität der Landwirte durch einen erhöhten Prozentsatz für Vorschusszahlungen und mehr Flexibilität in einigen Sektorprogrammen zu verbessern. Bei GLÖZ 7 und 8 seien Ausnahmen unmittelbar nach Ausbruch des Krieges eingeräumt worden, da einige Mitgliedstaaten Exportrestriktionen in Erwägung gezogen hätten. Derzeit sei die Situation umgekehrt (Einfuhren in großem Umfang aus der Ukraine in die EU mit entsprechenden Auswirkungen auf die Märkte insbesondere in den Anrainerstaaten). Letztlich wäre eine Änderung des Basisrechtsaktes bei GLÖZ 7 und 8 erforderlich; diese würde aber ein vollständiges Gesetzgebungsverfahren erfordern. Die Kommission überwache die Marktlage infolge des Krieges in der Ukraine und mögliche Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit sehr genau und werde den Vorschlag unter Berücksichtigung der Erntesituation in Erwägung ziehen. Dabei sei die Glaubwürdigkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik, die langfristige Resilienz und der Übergang des Agrarsektors zu mehr Nachhaltigkeit zu berücksichtigen.

Fünfte AU-EU Agrarministerkonferenz (Rom, 30. Juni 2023)

Der Rat befasste sich auf Grundlage eines Informationsdokuments mit dem 5. EU-AU-Agrarministertreffen, das am 30. Juni 2023 in Rom stattfand.

Kommissar Wojciechowski verwies einleitend auf die Ankündigung von Kommissionspräsidentin von der Leyen, die Beziehungen der EU mit Afrika zu intensivieren. Vor diesem Hintergrund sei die Konferenz ein großer Erfolg; die Konferenz habe zahlreiche hochrangige Teilnehmer verzeichnen können.

Eine Bestandsaufnahme der afrikanischen Agrar- und Ernährungssysteme sei insbesondere vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine, der COVID-19-Pandemie und des Klimawandels vorgenommen worden.

Seit 2019 habe es in drei Bereichen große Fortschritte gegeben. So sei die Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Verbänden gestärkt worden. Als Wirtschaftsmodell sei ein panafrikanisches Netz der Wirtschaftsanalyse gestärkt worden. Schließlich werde auch die Einführung geografischer Angaben in der Afrikanischen Union vorangetrieben; die EU unterstütze dies durch die Förderung von Forschungs- und Ausbildungsprogrammen. Auf der Konferenz sei die Einrichtung einer gemeinsamen EU-AU-Taskforce für Düngemittel angekündigt worden. Diese solle sich mit den Herausforderungen im Zusammenhang mit der Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit von Düngemitteln befassen und Lösungen vorschlagen. Im Vordergrund stehe das Ziel der Ernährungssicherheit und die „Sichtbarkeit der EU“.

Bundesminister Özdemir führte aus, dass die 5. EU-AU-Agrarministerkonferenz auch aus deutscher Sicht erfolgreich verlaufen sei. Die Konferenz sei ein wichtiger und intensiver Austausch zwischen Europa und Afrika zu agrar- und ernährungspolitischen Themen, bei denen die Klimakrise das zentrale Element darstellte. Er unterstrich die Bedeutung des Menschenrechts auf angemessene Nahrung sowie die Herausforderung, inmitten einer globalen Klimakrise die Ernährungssicherung der gesamten Welt zu gewährleisten. Deutschland begrüße die Einrichtung der Taskforce für Düngemittel und werde seinen Beitrag für ökologische nachhaltige und klimaresiliente Agrar- und Ernährungssysteme leisten.

Andere Mitgliedstaaten unterstützten ebenfalls die Ergebnisse der Konferenz und forderten eine weitere Intensivierung der Beziehungen.

Vorschriften für die Erzeugung und Vermarktung von pflanzlichem und forstlichem Vermehrungsmaterial

Der Rat befasste sich mit den von der Kommission vorgelegten Verordnungsvorschlägen über die Erzeugung und das Inverkehrbringen von pflanzlichem und forstlichem Vermehrungsgut.

Kommissarin Stella Kyriakides führte einleitend aus, dass mit den Vorschlägen die bestehenden Vorschriften in zwei Rechtsakten konsolidiert, modernisiert und an technische und wissenschaftliche Entwicklungen sowie unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeits- und Biodiversitätsaspekten angepasst werden sollten. Insgesamt sollten beide Sektoren durch vermehrte Innovation, Resilienz und Nachhaltigkeit noch wettbewerbsfähiger werden.

Die Mitgliedstaaten begrüßten grundsätzlich die Vorschläge und auch die Aufspaltung in zwei Vorschläge. Die Sicherheit des Vermehrungsmaterials wurde hervorgehoben ebenso wie die Bedeutung der Anpassung an den Klimawandel bei dem Vorschlag für das forstliche Vermehrungsgut; robuste Wälder seien von eminent wichtiger Bedeutung. Viele Mitgliedstaaten legten Prüfvorbehalt ein und betonten die Wichtigkeit, hohe Standards beizubehalten. Eine Reihe von Mitgliedstaaten sprach sich für mehr Flexibilität bei der nationalen Umsetzung insbesondere bei den Kontrollverfahren und ausreichend langen Umsetzungsfristen aus. Allgemein müssten die Verwaltungs- und finanzielle Belastung geringgehalten werden. Der Ständige Forstausschuss müsse einbezogen werden; die Kohärenz mit anderen Vorschlägen müsse sichergestellt sein.

Bundesminister Özdemir begrüßte die mit den Vorschlägen angestrebten Ziele der Vereinfachung und Harmonisierung der Vorschriften sowie mehr Nachhaltigkeit und Biodiversität. Das Festhalten an bewährten Verfahren sei zu befürworten. Wie andere MS auch wies er darauf hin, dass diese Vorschläge derzeit noch geprüft würden, insbesondere bezüglich des möglichen zusätzlichen Verwaltungsaufwands durch die Einbeziehung der Saatgutvorschriften in die EU-Kontrollverordnung, die Erweiterung der obligatorischen Wertprüfung bei der Sortenzulassung für Gemüse- und Obstsorten und inwiefern Kohärenz zum Kommissionsvorschlag für NGT bestehe. Mit der Novellierung könne ein wichtiger Beitrag geleistet werden, den Green Deal und die Farm-to–Fork-Strategie umzusetzen.

Der Vorsitz kündigte an, dass die Beratung in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen Mitte September 2023 beginnen soll. Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, bis zum 1. September 2023 erste Kommentare einzureichen.

Erschienen am im Format Aktuelles

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