Tagung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) am 18. November 2024 in Brüssel

Ergebnisbericht

Leitung der deutschen Delegation: Bundesminister Özdemir

Zusammenfassung 

Zunächst fand eine Diskussion über die Verordnung des Rates zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten im Atlantik und in der Nordsee für 2025 und für bestimmte Tiefseebestände bis 2025 und 2026 sowie über die Verordnung des Rates zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2025 im Mittelmeer und im Schwarzen Meer statt.

Anschließend wurden die ersten beiden Punkte unter dem TOP Verschiedenes, d.h. die DEU-DNK Initiative für eine EU-Protein-Strategie und das ESP Begehren nach einer Anwendung der n+3-Regel für ELER-Interventionen im GAP-Strategieplan behandelt. Der dritte Punkt unter Verschiedenes, der BGR Vorstoß betreffend UKR Honig, wurde als letzter Punkt am Nachmittag behandelt.

Die Aussprache zur aktuellen Marktlage, insbesondere nach dem russischen Angriff auf die UKR, stellte den Schwerpunkt der Ratstagung dar. Bei diesem Tagesordnungspunkt war auch der UKR Minister für Agrarpolitik und Ernährung Witalij Kowal zugegen, der mit bewegenden Worten die aktuelle Lage in der Ukraine beschrieb.

Zum Ende der Tagung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) bedankte sich die HUN RPräs. im Namen des Rates bei der scheidenden Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Stella Kyriakides sowie dem ebenfalls scheidenden Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Janusz Wojciechowski für die gute Zusammenarbeit während ihrer Amtszeit, die durch verschiedenste geopolitische Herausforderungen geprägt war.

Im Einzelnen

TOP Verordnung des Rates zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten im Atlantik und in der Nordsee für 2025 und für bestimmte Tiefseebestände bis 2025 und 2026 sowie Verordnung des Rates zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2025 im Mittelmeer und im Schwarzen Meer

Die Aussprache diente der Vorbereitung der politischen Einigung zu den Verordnungsvorschlägen der Europäischen Kommission, die für den kommenden Rat (Landwirtschaft und Fischerei) im Dezember angestrebt wird. Beide Vorschläge wurden zusammen behandelt. Dabei ging die HUN Ratspräs. eingangs auf die noch laufenden Verhandlungen ein und fügte hinzu, dass diese zunächst abgeschlossen werden müssten.

Im Namen der Europäischen Kommission drückte Vizepräsident Šefčovič, wie alle nach ihm wortnehmenden Mitgliedstaaten, so auch BM Özdemir für Deutschland, ESP Minister sein Beileid zu den Überschwemmungen in ESP aus und bekräftige die Solidarität mit ESP. Anschließend präsentierte er beide Verordnungsvorschläge gemeinsam. Dabei bewertete er die Fischereibeziehungen im Nordostatlantik aktuell als schwierig und stellte in Frage, ob die Fischereikommission für den Nordostatlantik weiterhin in der Lage sei, ihre Aufgabe effizient zu erfüllen.

Im Rahmen des anschließenden Austausches erläuterten die wortnehmenden Mitgliedstaaten ihre Prioritäten für die laufenden Verhandlungen.

BM Özdemir betonte das Erfordernis, dass Fangmengen auf Grundlage der wissenschaftlichen Gutachten, der Gemeinsamen Fischereipolitik sowie der Mehrjahrespläne festzulegen seien. Dass NOR in den eigenen Gewässern keine Maßnahmen zum Schutz des Herings in der westlichen Ostsee ergreife, sei unverständlich. BM Özdemir bat KOM, dies im hochrangigen fischereipolitischen Dialog mit NOR zu adressieren. Auch die angekündigte Kürzung des EU-Zugangs für Atlanto-Skandischen Hering sei unverständlich. Mit großer Sorge habe DEU zudem die NEAFC-Tagung verfolgt, bei der RUS mit Unterstützung von NOR und FOR insbesondere die Verfolgung der illegalen Fischerei verhindert habe. Hinsichtlich des Kabeljaus (Nordsee) mahnte DEU weiter zur Vorsicht, um eine Erholung des Bestandes nicht zu gefährden. Zum Aal führte BM Özdemir aus, dass DEU eine Fortführung der im letzten Jahr beschlossenen Maßnahmen grundsätzlich für sinnvoll erachte.

Eine Vielzahl der Mitgliedstaaten forderte - teils unter Bezugnahme auf die sinkende Anzahl an Fischereifahrzeugen –, dass bei der Festsetzung der Fangquoten ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen den ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen gefunden werden müsse. Dies stelle auch ein Signal im Sinne einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion dar. Mehrere Mitgliedstaaten äußerten ähnlich der Europäischen Kommission auch ihre Sorge bzgl. der aktuellen und anstehenden Verhandlungen insbesondere mit NOR und GBR.

Zudem gaben FRA, ESP und ITA eine gemeinsame Erklärung betr. der Ende 2024 endenden Übergangsphase des Mehrjahresplans für das westliche Mittelmeer für grundberührende Fischereien ab, die von vielen MS unterstützt wurde. Sie forderten darin eine Aufschiebung weiterer Reduzierungen des Fischereiaufwands sowie Neuverhandlungen zur Anpassung des Mehrjahresplans.

TOP Aktuelle Marktlage, insbesondere nach dem russischen Angriff auf die UKR

Der Rat tauschte sich zur Lage auf den Agrarmärkten, insbesondere nach der russischen

Invasion in die Ukraine, aus.

Zu Beginn der Aussprache schilderte UKR Minister Kowal, der zu diesem TOP an der Sitzung teilnahm, mit bewegenden Worten die aktuellen Bombardierungen in der UKR und die Auswirkungen des Krieges auf die Landwirtschaft. Durch den Krieg sei in der UKR ein Schaden in Höhe von rund 80 Mrd. USD entstanden. Zudem kämpften inzwischen zahlreiche Landwirte in der UKR Armee. Gleichzeitig bekräftigte Kowal den Wunsch seines Landes als zuverlässiger Partner allgemein und insbesondere mit Blick auf RUS angesehen zu werden. Anhand des Bildes „Wenn Schwerter zu Pflugscharten umgewidmet werden“ beendete er seine Präsentation mit dem Appell, gemeinsam nach Frieden zu streben. Für den Rat und die Europäische Kommission sprachen die Präs. und Kommissar Wojciechowski der UKR ihr Mitgefühl hinsichtlich der aktuellen Bombardierungen aus. Minister Kowal bedankte sich - unter ausdrücklicher Nennung von DEU - für die Unterstützung seitens der MS.

Sodann führte die Präs. zur Marktlage in der EU ein, wobei sie auf die sektorspezifischen Diskussionen im Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) verwies.

Viele MS so auch DEU dankten für diese gute Vorbereitung durch den SAL und die Beratung dieses wichtigen Themas.

Unter Bezugnahme auf die UKR erläuterte Kommissar Wojciechowski, dass der EU-Markt von besonderer Bedeutung für UKR Agrarprodukte sei. Die autonomen Handelsmaßnahmen und die entsprechenden Schutzklauseln würden aus Sicht der Europäischen Kommission gut funktionieren. Mit Blick auf die Zukunft sei es wichtig, das richtige Gleichgewicht aufrecht zu erhalten: Einerseits müsse die Ausfuhr der UKR Agrarprodukte gesichert sein, andererseits aber auch die Märkte der Mitgliedstaaten und damit die Landwirtinnen und Landwirte in der EU geschützt werden.

Kommissar Wojciechowski zeichnete das Bild eines sich langsam stabilisierenden Marktes. Es gebe mehrere positive Signale, insbesondere die Lebensmittelpreise hätten sich stabilisiert. Auch beobachte man einen Rückgang der Inflationsrate und der Energiepreise. Die landwirtschaftlichen Betriebsmittelpreise seien indes gestiegen. Sorge würden der Kommission die witterungsbedingt geringen Erträge bei Getreide- und Ölsaaten sowie im Sektor Obst und Gemüse bereiten. Deshalb habe man hier Hilfsmaßnahmen in die Wege geleitet. Die Milchproduktion liege hingegen über der des Vorjahres. Die Ausfuhren von Rind- und Schweinefleisch seien stabil und die Geflügelproduktion nehme zu. Ein Problem sei das verstärkte Auftreten von Tierseuchen (insbesondere der Blauzungenkrankheit).

Im Anschluss zeigten sich alle wortnehmenden MS solidarisch mit der Ukraine und sprachen sich für eine weitere Unterstützung der Ukraine aus. Einige Mitgliedstaaten, so auch DEU, betonten daneben, dass das Thema Agrarexporte, insbesondere für EU-Anrainer der UKR ein sensibles Thema sei.

Generell zu Handelsabkommen forderte eine Reihe von MS eine bessere Kohärenz mit Sozial- und Umweltstandards der EU, weil der Berufsstand nicht mehr akzeptiere, dass er höhere Anforderungen und Umweltauflagen erfüllen müsse als Wettbewerber aus Drittstaaten. Einige MS lehnten in diesem Zusammenhang ausdrücklich das geplante Mercosur-Abkommen ab.

In Rahmen des weiteren Gedankenaustausches zur Marktlage in der EU erläuterte  DEU, dass die Situation angespannt bleibe. Daher begrüße DEU die Einrichtung der High Level Group für den Weinbau. Insgesamt sei es für alle Sektoren wichtig, die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit zu meistern und gleichzeitig die langfristige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betriebe zu erhalten.

Im Rahmen der Tischrunde führten mehrere Mitgliedstaaten aus, von schwierigen Wetterbedingungen wie Frost, Hochwasser oder auch Hitzestress im Erntejahr 2024 betroffen zu sein, die zu geringen Erträgen in verschiedenen Sektoren und zu Qualitätseinbußen führen würden. Sie schlussfolgerten, dass die Gesamtresilienz des Sektors gestärkt werden müsse. Dabei sei Prävention und Adaptation im Landwirtschaftssektor wichtig. Eine weitere Herausforderung stelle das Auftreten von Tierseuchen wie der Blauzungenkrankheit und der Afrikanischen Schweinepest sowie der Geflügelpest dar.

Manche Mitgliedstaaten hielten vor diesem Hintergrund Unterstützungsmaßnahmen für erforderlich. Dafür bedürfe es beispielsweise einer Krisenreserve, die flexibel eingesetzt werden könne, insbesondere auch für die Bekämpfung von Tierseuchen.

Für die Europäische Kommission erklärte Kommissar Wojciechowski, dass eine vollständige Kompensation der Belastungen durch die Krisenreserve angesichts der begrenzten Mittel (450 Mio. €) nicht möglich sei. Die Bedenken zum Mercosur-Abkommen nehme die Europäische Kommission ernst.

Unter TOP Sonstiges wurden folgende Punkte behandelt:

a) EU-Protein-Strategie

Unter dem TOP Verschiedenes befasste sich der Rat (Landwirtschaft und Fischerei) mit der von DEU und DNK eingebrachten Forderung an die Europäische Kommission zur Vorlage einer EU-Proteinstrategie. Bei der Vorstellung unterstrich DEU den Handlungsbedarf auf EU Ebene für eine kohärente Strategie in Ergänzung zu den nationalen Protein-Strategien. Ziel müsse es sein, alle Proteine in ihrer Vielfalt in den Blick zu nehmen sowie deren nachhaltige Produktion und damit auch die Eiweißversorgung in der EU zu unterstützen. DNK dankte DEU für die Vorstellung des gemeinsamen Punktes und ergänzte, dass dadurch auch weitere Einkommensquellen für die Landwirtinnen und Landwirte sowie die Wirtschaftskette insgesamt gefördert werden können.

Die gemeinsame Initiative DEU und DNK fand breite Zustimmung unter den Mitgliedstaaten. Eine große Anzahl der Mitgliedstaaten äußerte Unterstützung für eine nachhaltige Produktion hochwertiger Proteine innerhalb der EU mit Blick auf die aktuelle Unterversorgung, auch um Importabhängigkeiten zu reduzieren. Im Detail zeigten sich jedoch auch Unterschiede bei den Wortmeldungen. So betonte eine Reihe von Mitgliedstaaten - mit teils unterschiedlicher Begründung-, dass neben der Förderung von Eiweißpflanzen auch tierische Proteine weiterhin eine wichtige Rolle spielten. Hinsichtlich der konkreten Maßnahmen forderten einige Mitgliedstaaten finanzielle Anreize für die Produktion, insbesondere im Rahmen der GAP durch gekoppelte Zahlungen zu schaffen. Andere Mitgliedstaaten äußerten Bedenken gegenüber der synthetischen Produktion von Fleisch und Milch sowie mit Blick auf die Bezeichnung von Erzeugnissen pflanzlicher Proteine.

Auch Kommissar Wojciechowski begrüßte von Seiten der Europäischen Kommission die Initiative und gab einen Überblick zu den seitens der Europäischen Kommission bereits unternommenen Aktivitäten. Er stellte in Aussicht, dass das Thema in den ersten 100 Tagen der Amtszeit der neuen Europäischen Kommission aufgegriffen werde.

b) Anwendung der n+3-Regel für ELER-Interventionen im GAP-Strategieplan (ESP)

Als zweiten Punkt unter dem TOP Verschiedenes setzte sich ESP für eine Verlängerung der Finanzierungsregeln für die ELER-Förderung auf Grundlage des GAP-Strategieplans ein. ESP führte aus, aufgrund der aktuellen geopolitischen Ereignisse Schwierigkeiten bei der Einhaltung der n+2 Regelungen zu beobachten, die perspektivisch die Gefahr einer Mittelrückgabe in sich bergen und die Umsetzung der Strategiepläne gefährden könnten. Als Konsequenz forderte ESP eine Verlängerung der Finanzierungsregeln für die ELER-Förderung auf Grundlage des GAP-Strategieplans von n+2 auf n+3, beginnend ab 2025.

Eine große Anzahl der wortnehmenden Mitgliedstaaten teilte ESP Einschätzung und schloss sich dessen Forderung an.

Kommissar Wojciechowski nahm die Initiative ESP und dessen breite Unterstützung als eine „starke politische Stimme“ zur Kenntnis, zeigte sich aber dennoch skeptisch, weil die n+2-Regelung im Sinne der Begünstigten sei und fördere, dass die Umsetzung der GAP-Strategiepläne zügig erreicht werde. Verzögerungen sollten aus Sicht der Europäischen Kommission daher vermieden werden.

c) Einfuhren von UKR Honig (BGR)

Als dritter Punkt unter dem TOP Verschiedenes wurde die von BGR eingebrachte und von ROU unterstützte Forderung nach Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Imports von Honig aus der UKR behandelt. BGR erläuterte, schwerwiegende Marktstörungen aufgrund eines über 30% höheren Exportniveaus aus der UKR im Vergleich zum Vorjahrzeitraum (Januar bis Oktober) zu beobachten. Die bisherigen Maßnahmen seien nicht hinreichend. Vielmehr hielt BGR weitere Maßnahmen nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2024/1392 für erforderlich. ROU ergänzte dazu, dass die Verdrängung der heimischen Imkerinnen und Imker auch negative Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit und die Biodiversität nach sich ziehe.

Ähnlich äußerten sich - hinsichtlich der Problematik mit gepanschtem Honig aus Drittländern - weitere Mitgliedstaaten. Die heimische Produktion müsse weiter geschützt werden.

Einige MS erwarteten von der Europäischen Kommission eine Überprüfung sowie konkrete Initiativen.

Kommissar Wojciechowski sagte eine Überprüfung zu. Zwar bestehe aus Sicht der Europäischen Kommission eine gute Zusammenarbeit mit der UKR und die Schutzklauseln, wonach UKR Honigimporte bis Jahresende Schutzzöllen unterliegen, hätten gegriffen. Anders bewerte die Europäische Kommission jedoch die Einfuhr aus anderen Drittstaaten, z.B. CHN.

Erschienen am im Format Aktuelles

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