Eiweißpflanzenstrategie des BMEL
Die Fruchtfolgen in Deutschland und Europa um weitere Pflanzen - insbesondere um Leguminosen (Hülsenfrüchte) - zu erweitern, ist ein wichtiger Baustein für eine nachhaltigere Landwirtschaft.
Die Koalitionsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode festgehalten, dass sie die Eiweißpflanzenstrategie weiterentwickeln wollen. Ebenfalls enthält der Koalitionsvertrag die Aussage, dass pflanzliche Alternativen gestärkt werden und die Bundesregierung sich für die Zulassung von Innovationen wie alternative Proteinquellen und Fleischersatzprodukte in der EU einsetzen will. Damit gewinnt die Eiweißpflanzenstrategie weiter an Bedeutung.
Der Einsatz von Leguminosen ist von essenzieller Bedeutung für die Landwirtschaft insgesamt und trägt neben der regionalen Produktion von pflanzlichen Proteinen für Fütterung und Humanernährung auch zum Klimaschutz (Einsparung von Nitratdüngern, Humusaufbau durch Bodenverbesserung) bei. Leguminosen sind für den Ökologischen Landbau unerlässlich, da der ökologische Landbau auf den Einsatz von Leguminosen in Fruchtfolgen und für die Tierfütterung angewiesen ist.
Mit der Eiweißpflanzenstrategie des BMEL (EPS) sollen – unter Berücksichtigung der internationalen Rahmenbedingungen – Wettbewerbsnachteile heimischer Eiweißpflanzen (Leguminosen wie Ackerbohne, Erbse und Lupinenarten sowie Kleearten, Luzerne und Wicke) verringert, Forschungslücken geschlossen und erforderliche Maßnahmen in der Praxis erprobt und umgesetzt werden.
Leguminosen haben die Besonderheit, dass ihre Wurzeln eine Symbiose mit Bakterien (Rhizobien) eingehen.
Diese sind in der Lage auf natürliche Weise Stickstoff aus der Luft zu binden und den Leguminosen zur Bildung von Eiweiß oder nachfolgenden Kulturen als Pflanzennährstoff zur Verfügung zu stellen. Sie haben deshalb eine positive Wirkung auf das Klima, die Umwelt und die Biodiversität.
Ab 2023 stehen der Eiweißpflanzenstrategie 8,6 Mio € zur Verfügung, 3 Mio € mehr als 2022. Diese werden vorrangig für folgende Vorhaben verwendet: den Aufbau des kulturübergreifenden modellhaften Demonstrationsnetzwerkes LeguNet, die Förderung neuer Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Bereich Pflanzenzüchtung ab 2022, alternative Proteine in der Tier- und Humanernährung ab 2023 sowie die Koordination des Forums Nachhaltige Eiweißfuttermittel (FONEI). Insgesamt wurden bisher durch den Bund zur Finanzierung der Eiweißpflanzenstrategie Fördergelder in Höhe von insgesamt 41,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Ziele der Eiweißpflanzenstrategie
Die Eiweißpflanzenstrategie verfolgt vorrangig folgende Ziele:
- Ökosystemleistungen und Ressourcenschutz verbessern (Verbesserung des Umwelt- und Klimaschutzes, Verbesserung der Artenvielfalt in den Agrarlandschaften, Verringerung des Verbrauchs an mineralischen Stickstoffdüngern, Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit),
- regionale Wertschöpfungsketten stärken,
- Eiweißversorgung aus heimischer Produktion steigern und mit gentechnisch nicht veränderten Eiweißträgern verbessern (Der Anbau gentechnisch veränderter Leguminosensorten ist in Deutschland nicht zulässig).
Um den Landwirten Anreize zu bieten, neben Getreide und Ölsaaten auch Leguminosen anzubauen und zu nutzen, kommt ein Bündel von Maßnahmen zum Einsatz. So wurden bereits mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Jahre 2013 neue günstigere Rahmenbedingungen für den Leguminosenanbau eingeführt. Auch in der neuen GAP soll der Anbau der Leguminosen weiter gefördert werden. Darüber hinaus werden weitere europäische und nationale Instrumentarien eingesetzt, wie das Einstellen von Fördermitteln - nicht zuletzt für die Förderung geeigneter Forschungsvorhaben. Dabei nehmen
- Leguminosenforschung,
- Vorhaben zur Demonstration der Möglichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Anbau bis zur Verwendung und
- Maßnahmen im Rahmen der GAP insbesondere die für den Klima- und Umweltschutz förderlichen Landbewirtschaftungsmethoden der 1. Säule sowie die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen der 2. Säule
eine zentrale Rolle ein. Im Fokus stehen sowohl der konventionelle als auch der ökologische Anbau.
Positive Umweltwirkungen der Leguminosen
Eine Steigerung des Leguminosenanbaus erweitert das Fruchtartenspektrum und lockert relativ enge Fruchtfolgen auf. Damit kann das Auftreten von Schadorganismen reduziert und die Wirksamkeit der Unkrautbekämpfung durch Wechsel zwischen Sommerung und Winterung sowie Blatt- und Halmfrüchten verbessert werden. Weiter gestellte Fruchtfolgen tragen zum integrierten Pflanzenschutz und zur Reduzierung des Risikos von Resistenzbildungen gegen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe bei. Das kann zu einer Reduzierung der Pflanzenschutzmittelanwendungen führen und deren negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt verringern. Blühende Leguminosen bieten zudem eine ausgezeichnete Nahrungsgrundlage für nektarsammelnde, bestäubende Insekten.
Durch Einsparung von mineralischen Stickstoffdüngemitteln kann der Anbau auch dazu beitragen, die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung dieser Düngemittel entstehen, zu verringern. Damit leistet ein verstärkter Anbau von Leguminosen einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt und damit zur Vielfalt der Agrarökosysteme.
Agrarpolitische Maßnahmen: EU-Förderungen
Mit den bereitgestellten Mitteln der GAP werden in der EU sowohl die Landwirtinnen und Landwirte als auch die ländlichen Regionen gefördert. Die neue Förderperiode beginnt ab 2023. Hierfür müssen die Mitgliedstaaten Strategiepläne für die 1. und 2. Säule entwickeln. Zukünftig sollen die wirtschaftlichen Perspektiven für die Landwirtinnen und Landwirte und die ländlichen Räume mehr an Umwelt- und Klimaschutzleistungen gebunden werden.
Die EU-Förderung verteilt sich dabei weiterhin auf zwei Säulen:
- Die Direktzahlungen an die Landwirte sind ein wesentliches Element der GAP und bilden die erste Säule. Durch die Einführung der Öko-Regelungen als zentraler Baustein der neuen Grünen Architektur werden Anreize für Landwirtinnen und Landwirte geschaffen, an Umwelt und Klimaschutz fördernden Maßnahmen teilzunehmen und folglich noch nachhaltiger zu produzieren.
- Die zweite Säule umfasst gezielte Förderprogramme für die nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung und die ländliche Entwicklung.
Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
Mit der Förderung von Vorhaben sollen der Anbau und die Verwendung von Leguminosen auf der Grundlage vorliegender Forschungsergebnisse vorangebracht werden. Hierzu werden Demonstrationsnetzwerke zur Stärkung der Beratung und des Wissenstransfers eingerichtet. Flankierend werden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben auf den Weg gebracht, um bestehende Verfahren zu verbessern, Innovationen zu erzeugen und insbesondere die Züchtung leistungsstarker Sorten voranzubringen.
Die Projektträgerschaft, d.h. die Umsetzung und Koordinierung der Maßnahmen, wurde der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) übertragen. Dort wurde auch eine Geschäftsstelle eingerichtet. Weitere Informationen zu laufenden bzw. geplanten Projekten finden Sie auf der Website der BLE.
Anbau von Leguminosen in Deutschland
Die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland setzen immer häufiger auf heimische Leguminosen (Hülsenfrüchte). Auch im Jahr 2022 hat sich der Trend zur Ausdehnung der Anbauflächen weiter fortgesetzt. So wurden insgesamt 288.300 Hektar Körnerleguminosen angebaut. Das ist ein Anstieg von mehr als 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Seit dem Jahr 2011 hat sich die Anbaufläche für Körnerleguminosen in Deutschland fast verdreifacht. Die Flächen für den Anbau von Leguminosen zur Ganzpflanzenverwertung wurden im gleichen Zeitraum um über 31 Prozent ausgedehnt.
Bevor die im Dezember 2012 veröffentlichte Eiweißpflanzenstrategie ihre Wirkung entfalten konnte, hatte der Leguminosenanbau in Deutschland aufgrund seiner geringen Wettbewerbsfähigkeit bis 2013 stetig abgenommen. Die Gründe dafür waren vielfältig:
- Sie reichen von höheren physischen und monetären Erträgen bei den Konkurrenzfrüchten Getreide, Mais, Zuckerrüben und Raps über ein komplexeres Anbaumanagement, stärker schwankenden Erträgen, mangelnden Vermarktungs- und Aufbereitungsmöglichkeiten bis hin zum agrarpolitischen Förderrahmen.
- In der Folge schwanden produktionstechnische Kenntnisse, Züchtungsfortschritte bei neuen Sorten waren gering und auch die Verfügbarkeit von geeigneten und wirksamen Pflanzenschutzmaßnahmen sowie spezifischen Aufbereitungs- und Verarbeitungsprozessen nahmen ab.
- Es entstand eine Negativ-Spirale sich weiter verringernder Wettbewerbsfähigkeit heimischer Eiweißpflanzen.
Vor diesem Hintergrund trägt die Eiweißpflanzenstrategie des BMEL dazu bei, dass die Fruchtfolgen mit Leguminosen auf mittlere Sicht monetär mindestens ebenso gut abschneiden wie Fruchtfolgen ohne Leguminosen, in denen ausschließlich Getreide, Mais, Zuckerrüben, oder Raps angebaut werden. Dabei müssen neben den ökonomischen Instrumenten zur Ermittlung der innerbetrieblichen Konkurrenzfähigkeit einzelner Kulturen (Direkt- und Arbeitskostenfreie Leistung, Deckungsbeitrag) beispielsweise auch Vorfruchtwirkungen (z.B. Einsparung von mineralischen Stickstoffdüngemitteln) oder phytosanitäre Effekte (z. B. Einsparung von Pflanzenschutzmitteln) von Leguminosen berücksichtigt werden.
Aus der Bodennutzungshaupterhebung sind folgende Anbauumfänge für die in der Tabelle genannten Hülsenfrüchte veröffentlicht worden:
Feldfrucht | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
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Quelle: Statistisches Bundesamt, BMEL (723) 1) Wird ab 2016 statistisch erfasst. - 2) Ohne Sojabohnen | ||||||||||||
Ackerbohnen | 17,3 | 15,8 | 16,5 | 20,5 | 37,6 | 38,8 | 46,4 | 55,3 | 49,2 | 58,7 | 57,6 | 71,1 |
Erbsen (ohne Frischerbsen) | 55,8 | 44,8 | 37,9 | 41,7 | 79,1 | 87,5 | 85,5 | 70,7 | 74,6 | 82,6 | 97,7 | 106,9 |
Süßlupinen | 21,5 | 17,9 | 17,4 | 21,4 | 29,8 | 28,6 | 29,0 | 23,4 | 21,0 | 22,3 | 29,0 | 31,7 |
Soja1) | - | - | - | - | - | 15,8 | 19,1 | 24,1 | 28,9 | 33,8 | 34,2 | 51,5 |
Sonstige2) | 2,9 | 3,6 | 2,9 | 8,8 | 13,9 | 16,4 | 17,2 | 18,2 | 22,0 | 26,5 | 26,1 | 27,1 |
Insgesamt | 97,5 | 82,1 | 74,7 | 92,4 | 160,4 | 187,1 | 197,3 | 191,7 | 195,7 | 223,9 | 244,7 | 288,2 |
Die Zunahme beim Anbau von Hülsenfrüchten auf dem Ackerland bestätigt die Einschätzung des BMEL, dass die Maßnahmen der Eiweißpflanzenstrategie gemeinsam mit anderen Fördermaßnahmen (Förderung aus der 1. und 2. Säule der GAP) bereits zu einem nachhaltigeren Ackerbau in Deutschland beitragen.
Europa-Soja-Erklärung
Am 17. Juli 2017 haben 14 EU-Agrarminister (Deutschland, Ungarn, Österreich, Frankreich, Niederlande, Italien, Polen, Kroatien, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Finnland, Griechenland, Luxemburg) die Europa-Soja-Erklärung unterzeichnet. Sie setzen sich damit ein für die nachhaltige und zertifizierte Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Eiweißpflanzen – insbesondere von Soja – in Europa. In der Erklärung werden Maßnahmen aufgeführt, wie dieses Ziel als Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in der europäischen Landwirtschaft erreicht werden kann, v.a. Förderung eines lokal angepassten Leguminosenanbaus, Unterstützung einer optimierten Fütterung, Informationen von Konsumenten über eine Ernährung unter Einsatz von pflanzlichen Eiweißquellen, stärkere Unterstützung der Zertifizierung von Importen. Am Rande der Internationalen Grünen Woche 2018 haben sich Agrarminister aus vier osteuropäischen Staaten (Moldawien, Montenegro, Kosovo, Mazedonien) der Erklärung angeschlossen, im Jahr 2019 die Schweiz.
Weitere Informationen
www.ble.de/Eiweisspflanzenstrategie
Entwaldungsfreie Lieferketten: Agrarproduktion ohne Waldzerstörung
Dialogforum nachhaltigere Eiweißfuttermittel
Das Dialogforum "Nachhaltigere Eiweißfuttermittel" ist eine etablierte Plattform, in der Akteure entlang der Wertschöpfungskette im vertraulichen Rahmen Lösungsstrategien zum Einsatz von nachhaltigeren Eiweißfuttermitteln in Deutschland beraten und diskutieren. Im Forum sind rund 65 Unternehmen, Verbände, wissenschaftliche Einrichtungen und Behörden aus den Bereichen Landwirtschaft, Naturschutz, Futtermittel- und Lebensmittelproduktion sowie Handel vertreten. Beraten und unterstützt wird das Forum von einem Lenkungskreis, in dem die wichtigsten Akteursgruppen (Erzeuger, Verarbeiter/Handel, LEH, Naturschutz) vertreten sind.
Als Ergebnis des Dialogprozesses wurde ein gemeinsames Positionspapier mit acht Thesen verabschiedet. Hierin haben sich die Akteure dazu bekannt, den Anteil von Leguminosen im Anbau und in der Fütterung zu erhöhen und dafür die Wettbewerbsfähigkeit der Leguminosen zu stärken. Auch sprechen sie sich dafür aus, in Zukunft nur zertifiziert nachhaltiges Soja einzusetzen. Das Dialogforum und seine Mitglieder senden damit ein klares Signal, dass die Akteure in Deutschland ihre Verantwortung in den globalen Lieferketten wahrnehmen und die sozialen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen in der gesamten Wertschöpfungskette von Eiweißfuttermitteln verbessern wollen.
Weitere Informationen
Internationaler Tag der Hülsenfrüchte am 10. Februar
Am 20.12.2018 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen, dass der 10. Februar der Internationale Tag der Hülsenfrüchte (World Pulses Day) wird. Damit werden vor allem die Bedeutung von Hülsenfrüchten für eine ausgewogene und gesunde Ernährung und die positiven Umweltwirkungen für eine nachhaltige Landwirtschaft gewürdigt. Mit dem Tag soll an die große Aufmerksamkeit des Internationalen Jahres der Hülsenfrüchte (2016) angeknüpft werden.
Die Meldung der FAO finden Sie hier, die entsprechende Resolution (A/RE/73/251) ist abrufbar unter http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=A/RES/73/251.
- Ackerbohne, Erbse & Co. - Die Eiweißpflanzenstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Förderung des Leguminosenanbaus in Deutschland (PDF, 758KB, Datei ist nicht barrierefrei)
- Stellungnahme des Rates für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung v. 01.02.2013 (PDF, 81KB, Datei ist nicht barrierefrei)