Erntebericht 2024

Bundesminister Cem Özdemir hat am 28. August den Erntebericht 2024 in Berlin vorgestellt. Damit gab er das erste vorläufige Ergebnis der diesjährigen Raps- und Getreideernte bekannt. In vielen Regionen hatten die Landwirtinnen und Landwirte mit Hochwasser und Wetterkapriolen zu kämpfen.

Klimaanpassung und Klimaschutz: Schlüssel zu stabilen Ernten

Ein gedeckter Tisch ist ebenso wenig selbstverständlich wie die Vielfalt auf den Tellern. Beides verdanken wir den hart arbeitenden Bäuerinnen und Bauern und der Natur. Doch auch für diese Ernte hatten sie mit schwierigen Bedingungen angesichts des Wetters und der Folgen des Klimawandels zu kämpfen.

Die Häufigkeit von Extremwetterereignissen macht deutlich, dass es neben dem Klimaschutz auch zunehmend um Maßnahmen der Klimaanpassung gehen muss, damit Landwirtschaft widerstandsfähig sowie zukunftsfest wird und bleibt. Entsprechend passen sich viele Betriebe heute schon an das veränderte Klima an. Wenngleich nicht alle witterungs- und klimabedingten Ernteausfälle verhindert werden können, sorgen robuste Sorten, resiliente Kulturpflanzen, diversifizierte Fruchtfolgen oder veränderte Anbaumethoden dafür, Ernten zu stabilisieren.

Die Getreideernte ist in diesem Jahr in vielen Regionen aufgrund von Hochwasser und Wetterkapriolen unterdurchschnittlich ausgefallen. Das gilt insbesondere für den Winterweizen, bei dem regional die starken Herbstniederschläge die Aussaat behindert und zum Teil sogar verhindert haben. Die regional schlechten Ernteergebnisse beim Wintergetreide konnten durch die höheren Erträge bei Sommerungen fast ausgeglichen werden.

Auch der Kartoffelanbau, der auf 2 Prozent der gesamten Ackerfläche stattfindet, hatte mit witterungsbedingten Schwierigkeiten zu kämpfen. Auch hier war das Zuviel an Wasser zum falschen Zeitpunkt ein Problem. Der Obstbau und der Weinbau litten regional ebenfalls unter den Folgen des veränderten Klimas. Auf die frühe Blüte der Obstbäume durch den warmen Winter folgte vielerorts ein Temperatursturz im Frühjahr. Der späte Frost ließ vor allem in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg die Blüten teilweise flächendeckend erfrieren.

Ausgewählte Ergebnisse der vorläufigen Erntebilanz im Überblick

Getreide

Die Getreideernte insgesamt (ohne Körnermais) wird sich voraussichtlich auf rund 34,5 Millionen Tonnen belaufen und fällt um 9,1 Prozent kleiner als im Vorjahr aus. Gegenüber dem sechsjährigen Durchschnitt ergibt sich eine Abnahme um 9,9 Prozent. Angesichts der recht stabilen und nur unwesentlich unter dem langjährigen Mittel liegenden Hektarerträge geht der Rückgang der Erntemenge damit vor allem auf die witterungsbedingte Reduzierung der Anbaufläche zurück. Gute Ergebnisse brachten vor allem die Sommerungen wie Sommerweizen, Sommergerste oder Hafer.

Winterweizen

Die Erntemenge an Winterweizen erreicht voraussichtlich 18,0 Millionen Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr wäre das eine Abnahme um 14,8 Prozent. Das Ergebnis bleibt um 15,7 Prozent hinter dem mehrjährigen Durchschnitt zurück. Aufgrund widriger Witterungsbedingungen zur Aussaat ging sein Anteil an der gesamten Getreidefläche von 46 auf 43 Prozent zurück. Die Anbaufläche verringerte sich gegenüber dem Vorjahr um 11,8 Prozent auf 2,49 Millionen Hektar. Im Durchschnitt liegt der vorläufige Hektarertrag bei 72,4 Dezitonnen und damit 3,4 Prozent unter dem Vorjahr. Regional schwankten die Hektarerträge stark zwischen minus 13,2 Prozent in Nordrhein-Westfalen und plus 5,5 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. Winterweizen ist die wichtigste Getreidekultur in Deutschland.

Sommerweizen

Die Erntemenge bei Sommerweizen beläuft sich mit 473.600 Tonnen auf fast das Vierfache der Vorjahresmenge, auch der mehrjährige Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2023 wird mit 91,1 Prozent deutlich überschritten. Die Anbaufläche von Sommerweizen wurde in Folge der nässebedingten Probleme bei der Winterweizenaussaat stark vergrößert (+179,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) und beläuft sich auf rund 85.100 Hektar. Auch die Hektarerträge liegen mit 55,7 Dezitonnen deutlich höher als im Vorjahr (+30 Prozent).

Raps

Die Winterrapsernte 2024 fällt mit voraussichtlich 3,6 Millionen Tonnen durchschnittlich aus. Auch die Qualität des Rapses ist zufriedenstellend – wenn es auch hier regionale Unterschiede gibt. Die Winterrapsfläche liegt bei 1,09 Millionen Hektar, was einen Rückgang um 7,3 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023 bedeutet. Dennoch übertrifft der Anbauumfang den des Jahres 2022. Auch fällt die deutsche Rapsanbaufläche 2024 gegenüber dem sechsjährigen Durchschnitt 2018 bis 2023 um knapp vier Prozent höher aus. Gegenüber 2023 ging die Erntemenge um 14,3 Prozent zurück. Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2023 war dies jedoch nur ein leichter Rückgang von 1,6 Prozent. Der Winterraps ist in Deutschland mit großem Abstand die dominierende Ölfrucht und macht 94 Prozent der Anbaufläche der Ölfrüchte zur Körnergewinnung aus.

Hülsenfrüchte

In Deutschland bleibt die Felderbse die dominierende Körnerleguminose. Die noch vorläufigen Anbauzahlen für das Jahr 2024 belaufen sich auf rund 129.400 Hektar. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einer Ausweitung um knapp zehn Prozent. Damit wird der Umfang der Anbauzunahme aus dem Vorjahr bestätigt. Es folgen die Ackerbohnen mit knapp 62.000 Hektar und – hinter der Sojabohne an vierter Stelle – die Süßlupinen mit rund 26.100 Hektar. Hülsenfrüchte (Leguminosen) wie Soja, Ackerbohnen oder Erbsen sind wesentliche Bestandteile einer nachhaltigen Landwirtschaft. Diese Pflanzen sind in der Lage, Stickstoff aus der Luft zu binden und als Nährstoff zu nutzen.

Obst

Ende April führten Spätfröste zu erheblichen Schäden in den Obstbauregionen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg, aber auch in Teilen von Hessen, Rheinland-Pfalz, Franken und Baden. Massiv geschädigt wurden Apfel, Kirsche und Pflaume. Regional kam es zum Teil zu Totalausfällen. Feuchtwarme Witterung in der Obstregion am Bodensee führte zusätzlich regional zur verstärkten Schorfbildung. Nach einer Schätzung vom Juli 2024 können voraussichtlich rund 734.000 Tonnen Äpfel geerntet werden. Das wären 261.300 Tonnen – und damit mehr als ein Viertel – weniger (-26,3 Prozent) als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.

Kartoffeln

Laut der vorläufigen Ergebnisse der Bodennutzungshaupterhebung beläuft sich die Kartoffelanbaufläche in Deutschland im Jahr 2024 auf rund 289.300 Hektar. Damit würde das Vorjahresniveau um deutliche 9,3 Prozent und der sechsjährige Durchschnitt um 9,4 Prozent übertroffen. Aktuelle Prognosen gehen für Deutschland von einem Hektarertrag von 41,1 Tonnen aus; das wäre ein Rückgang um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr und um zwei Prozent gegenüber dem sechsjährigen Durchschnitt. Nach einer durch Nässe erschwerten Kartoffelernte im Herbst 2023 wurden die Auspflanzungen im Frühjahr 2024 in weiten Teilen Deutschlands durch Niederschläge und schwer befahrbare Ackerböden verzögert. Die feuchten Bedingungen haben außerdem das Auftreten der Kraut- und Knollenfäule stark begünstigt.

Hopfen

Seit diesem Jahr ist Deutschland wieder der weltweit größte Hopfenerzeuger, nachdem in den letzten neun Jahren die USA die Spitzenposition innehatte. Für die Ende August anlaufende Ernte 2024 ist nach Schätzungen davon auszugehen, dass die Erntemenge voraussichtlich rund 49.000 Tonnen erreichen wird, was einer leicht überdurchschnittlichen Ernte entspricht. Die durchschnittliche Hopfenernte der letzten zehn Jahre betrug 45.000 Tonnen.

Landwirtschaft leidet unter der Klimakrise, sie kann aber auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten

Der Klimawandel erhöht die Häufigkeit und Dauer von Extremwetterereignissen. Das Schadenrisiko durch beispielsweise Spätfrost, Hagel, Stürme oder Starkregen wird in Zukunft weiter ansteigen. Die extremen Schwan­kungen haben auch einen großen Einfluss auf die Populationsdynamiken von Schädlingen, Schaderregern und Pilzen. Die Zukunft des Obstbaus und der Landwirtschaft insgesamt hängen daher entscheidend davon ab, wie gut die Anpassung an die Klimakrise und damit verbundene Veränderungen gelingt. Dabei müssen Maßnahmen zur Klimaanpassung aufgrund regionaler Unterschiede differenziert ausfallen. Für stabile Ernten ist das gesamte Wissen und Können der Landwirtinnen und Landwirte gefragt: Von der Auswahl der geeigneten Kulturen und Sorten über die Fruchtfolgen bis zu Techniken und Anbausystemen.

Klimaschutz und Klimaanpassung sind das Gebot unserer Zeit. Die Herausforderungen sind groß, aber die Chancen sind es auch.

Bundesminister Cem Özdemir

Ein nachhaltiger Umgang mit Wasser wird ein entscheidender Faktor für das Gelingen der Klimaanpassung werden. So darf der regenreiche Sommer 2024 nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein verbessertes und vor allem voraus­schauendes Wassermanagement unerlässlich ist – das zeigen Dürrejahre wie 2019 deutlich. Agroforstsysteme, Hecken in der Agrarlandschaft oder der Aufbau von Humus sind von entscheidender Bedeutung, damit Wasser gut im Boden aufgenommen und in der Landschaft gehalten wird.

Die Landwirtschaft leidet unter der Klimakrise, sie kann aber auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Produktion von Lebensmitteln ist ohne Emissionen nicht möglich. Doch muss es Ziel sein, den Ausstoß von Treibhausgasen auf ein unvermeidbares Maß zu reduzieren. Eine große Chance liegt auch im ökologischen Landbau. Er schont die Böden und ist weniger energieintensiv. In den letzten Jahren haben immer mehr Höfe auf Ökolandbau umgestellt. Sie zeigen, dass es möglich ist, stabile Erträge zu erwirtschaften und dabei die natürlichen Ressourcen zu schonen.

Viele Landwirtinnen und Landwirte – konventionell, regenerativ und ökologisch wirtschaftende – beweisen, dass Landwirtschaft in der Lage ist, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Landwirtschaft kann Kohlenstoff binden, Biodiversität fördern und gleichzeitig eine große Vielfalt an Lebensmittel produzieren. 2024 bauten die Landwirte im Vergleich zum Vorjahr beispielsweise etwa 10 Prozent mehr Felderbsen an. Das sorgt für natürliche Stickstoffdüngung und reduziert damit den Einsatz von aufzubringenden Stickstoffdüngern. Auch die Wiedervernässung von Moorböden bietet eine doppelte Chance. Einerseits wird hier Kohlenstoff gebunden, andererseits kann die Fläche weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden – beispielsweise für die Haltung von Wasserbüffeln oder den Anbau von Rohstoffen für die Energieerzeugung und Dämmmaterialien.

BMEL fördert Maßnahmen zur Klimaanpassung und zum Klimaschutz

Der Erntebericht zeigt: Die Herausforderungen sind groß, aber die Chancen sind es auch. Mit Mut, Innovation und einer klaren Ausrichtung auf Nachhaltigkeit kann eine Landwirtschaft entstehen, die schützt, was sie nutzt und damit auch die Ernten in 10, 20 oder 50 Jahren sichert. In einem anderen Klima könnten neue Kulturen gedeihen, die bisher in Deutschland undenkbar waren. In Brandenburg wachsen Kichererbsen, in Bayern gedeihen Melonen – das alles zwar noch nicht in großem Stil, aber Pionierinnen und Pioniere verdeutlichen das Potential, das in diesen Innovationen steckt.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt den Weg hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft und setzt die Rahmenbedingungen, um die Chancen des Wandels voranzutreiben und den Höfen eine Anpassung zu ermöglichen, die sich auszahlt. Gemeinsam mit den anderen Ressorts gestaltet das BMEL diesen Wandel aktiv, indem es z.B. Maßnahmen zur Klimaanpassung und zum Klimaschutz fördert:

  • Nationale Wasserstrategie: Gesunde Böden, die Wasser speichern und nachhaltiges Wassermanagement ermöglichen, tragen maßgeblich zu einem ausgeglichenem Landschaftswasserhaushalt bei. Damit wird die Grundlage für eine widerstandsfähigere Landwirtschaft geschaffen.
  • Förderung der Pflanzenzüchtung: In über 200 Projekten wird an der Entwicklung neuer, resilienter Sorten gearbeitet, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sind.
  • Anreize für Agroforstsysteme: Diese Systeme bieten bedeutende ökologische Vorteile, insbesondere für den Klimaschutz, aber auch als Maßnahme zur Anpassung an den Klimawandel. Sie werden durch neue Förderungen unterstützt.
  • Stärkung der betrieblichen Anpassungsfähigkeit: Betriebe werden durch Innovationen, Forschungsförderung und Wissenstransfer in die Lage versetzt, die notwendigen Anpassungsmaßnahmen erfolgreich umzusetzen.
  • Klimaschutzprogramm 2030: Dieses Programm umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, die zu einer Emissionsminderung in der Landwirtschaft beitragen sollen.
  • Bio-Strategie 2030: Mit dem Ziel, den Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen auf 30 Prozent zu steigern, wird eine nachhaltige Zukunft aktiv gestaltet.

Damit Landwirtinnen und Landwirte sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können, hat das BMEL zudem eine umfangreiche Initiative zum Abbau unnötiger Bürokratie gestartet. Einige Verbesserungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) konnten bereits umgesetzt werden, weitere Vereinfachungen der GAP, aber auch bei Melde- und Dokumentationspflichten usw. werden folgen.

Die Landwirtschaft hat das Potenzial, durch gezielte Anpassungsstrategien Erträge zu sichern. In vielen Betrieben, die auf Diversifizierung und widerstandsfähige Anbaumethoden setzen, ist das bereits Realität. Die Zeit zu handeln und Chancen zu ergreifen ist jetzt – für eine Landwirtschaft, die auch morgen die Ernährung sichert und zugleich Klima, Artenvielfalt, Wasser und Boden schützt.

Datengrundlage des Ernteberichts

Grundlage des Ernteberichts sind im Hinblick auf Getreide und Raps die festgestellten Erträge der bisher ausgewerteten Probeflächen aus der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung (BEE), die Teil der deutschen Agrarstatistik ist. Für diese Ertragsfeststellung werden jedes Jahr bis zu 10.000 repräsentativ ausgewählte Felder aus allen Teilen des Bundesgebiets herangezogen. Der Erntebericht enthält zudem eine Einschätzung zu den Ernteaussichten bei anderen für die deutsche Landwirtschaft wichtigen pflanzlichen Produkten. Mehr Informationen zur Datengrundlage finden Sie in unseren Fragen und Antworten.

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