Rendzina – Boden des Jahres 2025

Am 5. Dezember 2024 wurde der neue Jahresboden 2025 in Berlin vorgestellt: die Rendzina, eine wertvolle Bodenressource mit hohem Biotop-Entwicklungspotential. Partner für den Jahresboden 2025 ist das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern. Das Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat die Schirmherrschaft für den neuen Jahresboden übernommen.

Rendzina - flache Bodenbildung aus Kalkstein, Dolomit oder Gips

Rendzinen sind Böden, die durch Lösungsverwitterung und Humusanreicherung aus Kalkstein, Dolomit oder Gips entstehen. Durch Lösungsverwitterung des Carbonat- oder Gipsanteils und Bildung und Anreicherung von Humus entsteht ein dunkel gefärbter hoch belebter Oberboden. Unmittelbar darunter folgt das kaum verwitterte Bodenausgangsgestein.

Foto, welches ein Maßband zeigt, das Kreidekalk misst Lockerrendzina aus Kreidekalk (Schreibkreide), Halbinsel Jasmund, Insel Rügen
Lockerrendzina aus Kreidekalk (Schreibkreide), Halbinsel Jasmund, Insel Rügen © R. Obst, Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern

Verwitterung

Durch chemische Verwitterung gelöste Carbonate und Sulfate werden vom Sickerwasser ausgewaschen. Als Lösungsrückstand verbleiben meist 1 – 10 Masse-% silikatische Minerale und Oxide. Sie bilden die meist lehmige bis tonige mineralische Komponente des Oberbodens.

Durch die Lösungsverwitterung werden jährlich zwischen 30 g und 3.000 g Calcium-Carbonate oder Calcium-Sulfate (Gips) pro Quadratmeter gelöst und mit dem Sickerwasser ausgewaschen. Je nach Beschaffenheit des Ausgangsgesteins kann sich ein ca. 30 cm mächtiger humusreicher Oberboden in 10.000 Jahren (aus massivem Kalkstein) oder mehreren Jahrzehnten (aus porenreichem Lockersediment) entwickeln.

In der deutschen Bodengliederung werden drei Grundformen der Rendzina unterschieden.

  1. Lockerrendzina aus unverfestigtem, grabbarem Lockersediment
  2. Gerüstrendzina aus grusigem bis blockigem hohlraumreichem Schutt (aus Kalkstein)
  3. Felsrendzina aus nicht grabbarem Gestein

Humusbildung

Der wichtigste bodenbildende Prozess auf dem Weg vom Rohboden zur Rendzina ist die Humusbildung. Voraussetzung ist die Besiedlung des Bodens mit Pflanzen, Bodentieren und Mikroorganismen zur Lieferung und Umwandlung von Streu und Wurzelausscheidungen. Streu ist tote organische Substanz, die beim Absterben von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen auf der Bodenoberfläche und im Boden entsteht. Streu, Wurzelausscheidungen und auch vom Menschen eingebrachtes organisches Material wie Kompost und Mist werden zu Humus umgebaut. Mikroorganismen (Pilze und Bakterien) sind maßgeblich daran beteiligt. Neben der Humifizierung wird ein großer Teil der Streu vollständig mineralisiert, also zu Kohlendioxid, Wasser und Mineralstoffen abgebaut. 

Rendzina – kleine Flächenanteile, aber weit verbreitet

Kalksteine sind in allen Erdzeitaltern als chemisch oder biologisch ausgefällter Kalkstein, als kalkige Bildung von Fossilien, als Ablagerung von Mikroorganismen, Algen und Korallen oder als Trümmerschutt älterer Kalksteine entstanden. Überwiegend sind die Vorkommen von jüngeren Lockersedimentdecken verhüllt oder oberflächennah durch eiszeitliche Vermischung mit kalkfreien Sedimenten verdünnt. Vor allen an Geländekanten, Oberhanglagen, steilen Schichtstufen (Albtrauf) sowie am Rand von Kalkstein- und Dolomitklippen reichen Kalksteine bis zur Oberfläche und Rendzinen können sich entwickeln. Landwirtschaftliche Nutzung in Hanglagen hat durch Erosion den Flächenanteil der Rendzinen erhöht.

Rendzinen aus Kalkstein und Dolomitstein kommen in Deutschland vor allem in Mittelgebirgen und den Alpen vor. Der überwiegende Anteil der Ausgangsgesteine stammt aus dem Erdmittelalter (Trias-, Jura- und Kreidezeit). Die größte Fläche bildet das Schwäbische und Fränkische Schichtstufenland sowie das Thüringer Becken zwischen Thüringer Wald und Harz. Hier überwiegen Kalk- und Dolomitsteine der Muschelkalkzeit, der Doggerzeit und des Malm.

Erdzeitalter des AusgangsgesteinsGebiet
Kalkstein und Dolomite aus den geologischen Formationen Muschelkalk, Dogger, MalmSchwäbisches und Fränkisches Schichtstufenland, Thüringer Becken
Dolomit und Kalkstein der Muschelkalkzeit, der Dogger-und Malmzeit sowie der OberkreidezeitMünsterländische Kreidebecken, Teutoburger Wald, Wiehengebirge, Weser Bergland und Subherzynischen Becken am Nordrand des Harzes
Kalkstein und Dolomit der Wetterstein- und Karwendelkalke, alpine TriaszeitNördliche Kalkalpen
KreidezeitKalkstein-Durchragungen in Norddeutschland, sowie auf einigen Ostseeinseln, wie z.B. auf Rügen
Kalkstein und Dolomit der Devon- und KarbonzeitKalkmulden in Mittelgebirgen
u.a. Eifel, Sauerland, Bergisches Land
Rendzinen aus Gipsgestein der Zechstein-, Muschelkalk- und KeuperzeitKleinflächig in Niedersachsen, Thüringen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern
Sinterkalke (Travertin) als Bildung der heutigen Warmzeit aus Karstwasser, die sich zum Teil zu Lockerrendzinen entwickelnKleinflächig in Karstgebieten


Übersicht zu Verbreitungsgebieten und Ausgangsgesteinen der Rendzinen in Deutschland

Rendzinen - Bodenfamilie mit unterschiedlichen Standorteigenschaften

Rendzinen sind Böden, die lediglich einen humusreichen und hoch belebten Oberboden besitzen, der unmittelbar an das Ausgangsgestein grenzt. Die Mächtigkeit des Oberbodens sowie die Durchwurzelbarkeit und Körnung des Ausgangsgesteins entscheiden über seine Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit.

Der Oberboden einer Rendzina ist meist zwischen 5 cm und 30 cm mächtig und kann je nach Mächtigkeit, Steingehalt, Humusgehalt und Korngröße zwischen 7 und 45 Liter Wasser je m² speichern, das für Pflanzen nutzbar ist. Wenn unterhalb des Oberbodens massives ungeklüftetes Festgestein folgt, sind Rendzinen je nach Niederschlagsmenge und -verteilung trockene bis sehr trockene Standorte, die Wald, extensiv genutztes Wirtschaftsgrünland oder Kalktrockenrasen tragen.

Bild von Zollstock, der Gesteinsschutt misst Felsrendzina aus Dolomit, devonzeitliche Kalkmulde
Felsrendzina aus Dolomit, devonzeitliche Kalkmulde © U. Steinrücken, Soilsolution, Quelle: Fotoarchiv LGB Rheinland-Pfalz

Häufig sind Kalksteine oberflächennah geklüftet oder bestehen aus Schuttdecken. Die Klüfte und Zwischenräume zwischen dem Gesteinsschutt sind zum Teil mit Verwitterungsresten gefüllt und durchwurzelbar. Diese Standorte können mäßig trocken bis mäßig frisch sein. Häufig tragen diese Böden dann Orchideen-Kalkbuchenwälder, Waldgersten- oder artenreiche Seggen-Kalkbuchenwälder.

Im atlantisch geprägten Klimabereich mit ausreichend Sommerniederschlägen werden Rendzinen auch ackerbaulich genutzt, wenn der Oberboden zwischen 30 und 40 cm mächtig und nicht zu steinhaltig ist. Diese Standorte besitzen ein erhebliches Ertragsrisiko in trockenen Sommern.

Rendzinen können sich aber auch aus kalkreichen Lockersedimenten entwickeln und sind dann tiefreichend durchwurzelbar. Ist die Körnung des Lockersediments feinstsandig bis lehmig und gut durchwurzelbar, können Lockerrendzinen bis über 150 Liter pflanzennutzbares Wasser bis 1 m Tiefe je m² speichern. Derartige Standorte tragen Kalkbuchenwälder oder werden landwirtschaftlich genutzt.

Böden mit freiem Kalk im Oberboden und Kalkdominanz im Ausgangsgestein besitzen einen großen Vorrat an Calcium und Magnesium. Die pH-Werte liegen zwischen 6,5 und über 7. Wegen der hohen pH-Werte ist bei landwirtschaftlicher Nutzung auf eine ausreichende Versorgung mit Stickstoff, Kalium und Phosphor sowie Spurenelementen zu achten. Aufgrund des hohen Humusgehaltes und sehr hoher Calciumgehalte besitzen Rendzinen stabile Bodenaggregate mit Krümel-, Subpolyeder- oder Polyedergefüge.

Rendzinen – Böden mit hohem Biotopentwicklungspotential

Rendzina Standorte besitzen eine sowohl für naturnahe Wälder als auch für Grasländer günstige Standorteignung. Je nach Wassergehalt und Höhenstufe haben sich kraut- und grasreiche Waldgersten-Buchenwälder, Tannen-Buchenwälder oder Seggen-Kalkbuchenwälder entwickelt. Besonders auf sehr flachgründigen Standorten sind als Folge jahrhundertelanger Grünlandnutzung Kalkmagerrasen, häufig mit Wachholderbüschen entstanden, die an Steppen erinnern. Nur durch extensive Nutzung können die arten- und blütenreichen Standorte erhalten werden. Diese Standorte sind vor allem phosphor- und stickstoffarm. Um die Artenvielfalt zu erhalten, dürfen sie nicht verbuschen und müssen - meist durch Schafe oder Ziegen – beweidet werden. Häufig erfolgt hin und wieder ein Rückschnitt von Gebüschen. Durch Düngung entwickeln sie sich zu Fettweiden wie z.B. auf den Almen der Kalkalpen.

Rendzinen - behutsam und angepasst nutzen

Auf Rendzinen ist die Nutzung als extensives Grünland, Wald oder geschützter Kalktrockenrasen der beste Bodenschutz und ein wichtiger Beitrag zur Artenvielfalt eines Naturraumes. Kalktrockenrasen bedürfen in unserem ozeanisch bis subkontinental geprägtem Klimaraum jedoch der ständigen Landschaftspflege, sonst verbuschen diese Flächen und entwickeln sich allmählich wieder zu Waldstandorten. Sie sind ein Landschaftselement mit hoher Bedeutung für das natürliche und kulturelle Erbe als historisch gewachsene Kulturlandschaft. Für die Stabilität und Belebtheit der Böden muss ausreichend Streumaterial als ‚Futter“ und zur Humusbildung auf den Standorten verbleiben. Angepasste Bodennutzungen sind auch Streuobstwiesen, Obstbau und angepasste Sonderkulturen. Häufig ragen Rendzina-Inseln an Hangschultern, Steillagen, Klippen und Erosionslagen aus den ertragreichen landwirtschaftlich genutzten Flächen mit tiefgründigeren Kalkverwitterungsböden. Gerade diese Inseln mit höherem Biodiversitätspotential verdienen besonderen Schutz.

Für eine zeitgemäße und mechanisierbare Ackernutzung sollte der A-Horizont mindestens 30 cm mächtig und grobbodenarm sein. Auf Rendzinen aus schluffigen bis lehmig-tonigen Lockersedimenten ist eine ackerbauliche Nutzung möglich. Auf diesen gut zu bearbeitenden Standorten dient das durchwurzelbare Ausgangsgestein als Wasser und Nährstoffspeicher. Durch die regelmäßige Bodenbearbeitung und den Export des Erntegutes kann allerdings der Humusgehalt bei Ackernutzung sinken, dann nimmt die Bodenbelebtheit ab und die Aggregatstabilität sinkt.

In einigen Landschaftsräumen wie der Schwäbischen und Fränkischen Alb oder in Teilbereichen Ostwestfalens sind Ackernutzungen auf Rendzinen mit sehr steinreicher Ackerkrume verbreitet. Bei der Bearbeitung dieser Böden werden immer wieder Steine hochgepflügt, die dann als "Scherben" an der Bodenoberfläche liegen. Obwohl diese ‚Kalkscherbenäcker‘ Grenzertragsflächen sind, die sich nicht rentabel bewirtschaften lassen, sind sie wertvolle Lebensräume für bedrohte Ackerwildkräuter.

Foto von einem Acker Kalkscherbenacker aus jurazeitlichem Massenkalk, Schwäbische Alb
Kalkscherbenacker aus jurazeitlichem Massenkalk, Schwäbische Alb © Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, Regierungspräsidium Freiburg

Eine vorausschauende und schonende Bewirtschaftung des Humus ist bei Ackernutzung wesentlich, um den hohen Humusgehalt und die Belebtheit des Rendzina-Oberbodens zu erhalten.

Der positive Einfluss von Humus auf die Bodeneigenschaften ist groß:

  • Humus bindet besonders viele Nährstoffe und gibt diese wieder an die Bodenlösung ab.
  • Humus verbessert die Verfügbarkeit von Spurennährstoffen.
  • Humus sorgt für lockere, gut belüftete, porenreichen Böden.
  • Humus speichert Wasser und und stellt es den Pflanzen zur Verfügung.
  • Humus puffert Säurewirkungen ab.
  • Humus ist wichtiger Lebensraum und Nahrungsquelle für Mikroorganismen.
  • Humus sorgt für stabile Bodenpartikel (Krümel, Polyeder und Subpolyeder) und schützt damit vor Erosion und Befahrungsschäden.
  • Humus sorgt für stabile Bodenaggregate, auch im feuchten Zustand.
  • Humus sorgt für eine hohe mikrobielle Aktivität.

Durch Humus dunkel gefärbter Boden erwärmt sich im Frühling schneller.

Foto von Boden mit feinen Krümeln Humusreicher Oberboden einer Rendzina mit feinen Krümeln und Subpolyedern
Humusreicher Oberboden einer Rendzina mit feinen Krümeln und Subpolyedern © F. Idler, Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie, Mecklenburg-Vorpommern

Angepasste Maßnahmen können den Humusgehalt und die Humusqualität erhalten und fördern:

  • Standortgerechte vielfältige Fruchtfolge unter Berücksichtigung Humus mehrender Pflanzen wie Kleegras, Luzerne, Körnerleguminosen.
  • Ausreichende Versorgung des Bodens mit bei der Ernte auf dem Feld verbleibenden Ernterückständen (Wurzeln, Stoppeln, Stroh, Sprossmasse) sowie gezielter Anbau von Zwischenfrüchten zur Gründüngung, wenn der Wasserhaushalt dies zulässt.
  • Einsatz von organischen Düngern wie Stallmist, Gülle und Kompost.
  • Gleichmäßige Verteilung und Einarbeitung von Pflanzenresten und organischen Düngern.
  • Standort- und bedarfsgerechte (schonende) flache Bodenbearbeitung niedriger Intensität.
  • Auf optimalen Erosionsschutz achten.

Hier geht es zu weiteren Informationen zum Boden des Jahres 2025 und zu allen bisherigen Jahresböden. Das Kuratorium Boden des Jahres ist ein Gremium der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, des Bundesverbandes Boden und des Ingenieurtechnischen Verbandes für Altlastenmanagement und Flächenrecycling. Das Kuratorium wird vom Umweltbundesamt unterstützt.

Portraitfoto von Gerhard Milbert Gerhard Milbert
Gerhard Milbert,Kuratorium Boden des Jahres © Kuratorium Boden des Jahres

Autor: Dr. Gerhard Milbert, Kuratorium Boden des Jahres

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