Klimaschutz durch Pflugverzicht?
"Den Acker ohne Pflug bestellen", das ist das Ziel der Direkt- oder Mulchsaat, bei der das Saatgut in Schlitzen eingebracht wird oder eine nur wenige Zentimeter tiefe pfluglose Saatbettbereitung stattfindet. Diese Verfahren werden in den USA und Südamerika auf 40 bis 50 Prozent der Ackerfläche durchgeführt [1], in Deutschland ist die Direktsaat nur wenig verbreitet, aber immer mehr Landwirte haben in den vergangenen Jahren auf reduzierte Bodenbearbeitung umgestellt.
"Den Acker ohne Pflug bestellen", das ist das Ziel der Direkt- oder Mulchsaat, bei der das Saatgut in Schlitzen eingebracht wird oder eine nur wenige Zentimeter tiefe pfluglose Saatbettbereitung stattfindet. Diese Verfahren werden in den USA und Südamerika auf 40 bis 50 Prozent der Ackerfläche durchgeführt [1], in Deutschland ist die Direktsaat nur wenig verbreitet, aber immer mehr Landwirte haben in den vergangenen Jahren auf reduzierte Bodenbearbeitung umgestellt. Man verspricht sich dadurch eine Verbesserung der Bodenstruktur, eine Verminderung der Erosionsgefährdung, weniger Arbeitsaufwendungen und Feldüberfahrten und nicht zuletzt auch einen positiven Klimaschutzeffekt durch mehr ggf. Humus im Boden [2]. Durch die pfluglose Bodenbearbeitung wird der Boden weniger gestört und Humus kann sich in den obersten Zentimetern des Bodens anreichern [3]. Im Humus ist Kohlenstoff gespeichert, der sonst als Kohlendioxid das Klima belasten würde.
Kaum mehr Kohlenstoff durch Mulch- oder Direktsaat
Für eine Klimabilanz ist aber mehr als ein im wahrsten Sinne des Wortes oberflächlicher Blick nötig. Während es an der Bodenoberfläche unter Direktsaat zu einer Humusakkumulation kommt, nimmt der Humusgehalt in den darunter liegenden Schichten der Ackerkrume ab (Abb. 1). Humus stammt aus Wurzel- und Ernterückständen und Wirtschaftsdüngern und kommt deshalb hauptsächlich von oben in den Boden. Ohne wendende Bodenbearbeitung mit dem Pflug bleibt der neu gebildete Humus nahe der Bodenoberfläche und wird nicht mehr gleichmäßig in die Ackerkrume eingemischt, wodurch weniger Humus in den unteren Teil der Ackerkrume gelangt. Im gesamten Bodenprofil unterscheiden sich die Humusvorräte deshalb oft kaum zwischen den verschiedenen Bodenbearbeitungsvarianten. Klimawirksam ist aber nur eine Veränderung des gesamten Humusvorrats.
Neue Untersuchungen des Thünen Instituts, die das gesamte Bodenprofil berücksichtigen und aus einer Zusammenschau von mehr als 100 Feldversuchsstudien bestehen, ergaben bei Direktsaatverfahren ohne Bodenbearbeitung im Mittel eine Speicherung von nur 150 kg/ha a Kohlenstoff . Bei vielen Studien kam es auch zu Humusverlusten, so dass insgesamt keine signifikante Humusakkumulation mehr gefunden wurde [4]. Gleiches gilt auch für die reduzierte Bodenbearbeitung, denn auch in sehr langjährigen Versuchen ergab sich im Mittel nur eine geringe Erhöhung der Humusvorräte, die auch nach mehreren Jahrzehnten nicht sicher nachweisbar war.
Lachgasemissionen bestimmen die Klimabilanz
Die Klimawirksamkeit pflugloser Bodenbearbeitung wird aber auch durch weitere Faktoren bestimmt. Neben Kohlendioxid ist Lachgas (N2O) ein Treibhausgas mit fast 300-mal größerer Klimawirksamkeit. Lachgas wird im Boden durch mikrobielle Prozesse gebildet, insbesondere unter Sauerstoffmangel und wenn ausreichend mineralischer Stickstoff im Boden vorhanden ist. Bei ausbleibender Lockerung mit der Bodenbearbeitung können in bestimmten Bodentypen vermehrt sauerstoffarme Bedingungen auftreten, die durch mikrobiellen Nitratabbau (Denitrifikation) zu erhöhten Lachgasemissionen führen können [5]. Erste Berechnungen des Thünen Instituts aus fast 50 Feldversuchen zeigen, dass die Lachgasemissionen bei Direktsaat um 86 % und bei reduzierter Bodenbearbeitung um 63 Prozent erhöht sind. Diese erhöhten Lachgasemissionen kompensieren nicht nur die mittlere Humusakkumulation sondern führen zu einer negativen Klimabilanz der pfluglosen Bearbeitungsverfahren (Abb. 2). Neben Lachgas wird bei der Denitrifikation in der Regel eine vielfach höhere Menge an molekularem Stickstoff emittiert [6]. Dadurch ergibt sich ein bedeutender Verlust an pflanzenverfügbarem Stickstoff. Wegen des Energiebedarfs der Mineraldüngerherstellung, die zum Ersatz dieser Verluste anzurechnen ist, verschlechtert sich die Treibhausgasbilanz noch weiter.
Mehr chemischer Pflanzenschutz aber weniger Dieseltreibstoff
Direktsaat ist nur in Kombination mit einem erhöhten Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln möglich, da die Bodenbearbeitung eine wichtige Maßnahme zur Unkrautbekämpfung ist. Mindestens ein zusätzlicher Einsatz eines Totalherbizids (z.B. Glyphosat) ist bei Direktsaatverfahren nötig. Positiv ist hingegen der geringere Verbrauch an Dieselkraftstoff bei pfluglosen Verfahren durch weniger benötigte Zugkraft. Sowohl die Herstellung und der Transport von Pflanzenschutzmitteln als auch der Dieselverbrauch erzeugen Treibhausgase, die in der Bilanz mit zu berücksichtigen sind (Abb. 2)
Es ist also fraglich, ob der Verzicht auf den Pflug dem Klimaschutz dient. Die Vorteile der pfluglosen Bodenbearbeitung liegen beim Erosionsschutz und der Einsparung von Arbeitszeit.
Ein Beitrag von Dr. Axel Don, Thünen Institut für Agrarklimaschutz, Braunschweig
Literatur
[1] Derpsch R. et al. 2010: Current status of adoption of no-till farming in the world and some of its main benefits. Int J Agric & Biol Eng Vol. 3 Nr. 1.
[2] Tebrügge F. und Düring R.-A. 1999: Reducing tillage intensity - a review of results from a long-term study in Germany. Soil Till. Res. Vol. 53 15-28.
[3] West T.O. und Post W.M. 2002: Soil organic carbon sequestration rates by tillage and crop rotation: A global data analysis. Soil Sc. Soc America. Vol. 66 Nr. 6 1930-1946
[4] Luo Z. et al. 2010: Can no-tillage stimulate carbon sequestration in agricultural soils? A meta-analysis of paired experiments. Agric. Ecosys. Environ. Vol. 139 224-231
[5] Rochette P. 2008: No-till only increases N2O emissions in poorly aerated soils. Soil Till. Res. Vol. 101 97-100.
[6] Müller, C., Clough, T., 2014: Advances in understanding nitrogen flows and transformations: gaps and research pathways. J. Agricult. Sci. Vol. 152, 34-44