Smarte Technologie bringt Bäume zum Sprechen
Digitalisierung im Obstbau spart Ressourcen und erhöht die Produktivität
Wir würden vermutlich staunen, was Bäume uns erzählen würden, wenn sie denn könnten. Wobei eigentlich können sie es ja – indirekt jedenfalls. Denn mithilfe smarter Technologie lässt sich sehr viel über sie erfahren: Bewässerungsbedarf, Blütendichte, Fruchtentwicklung und Reifegrad, um nur einiges zu nennen.
Aber wozu brauchen wir diese Informationen? Das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) mit Sitz in Potsdam erforscht den Einsatz neuer Technologien im Erwerbsobstbau mit dem Ziel, Ressourcen und Betriebsmittel zu sparen und die Produktivität der Obstbaumkulturen zu erhöhen.
Mit Hightech individuelle Daten ermitteln
Mit verschiedenen stationären und mobilen Sensoren wie Laserscannern oder Spektrometern werden Daten zu Boden, Mikroklima und zum aktuellen Pflanzenzustand erfasst und ausgewertet. Ein Flugroboter liefert beispielsweise Aufnahmen von der Baumgeometrie. So lassen sich Position, Wuchshöhe, Kronenvolumen und Belaubungsdichte der einzelnen Bäume ermitteln. Aus diesen Informationen wird ein digitales 3D-Oberflächenmodell der Laubwand errechnet, das als Applikationskarte für eine präzise Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln dient.
In anderen Projekten arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, die Bewässerung der Bäume an den aktuellen Bedarf anzupassen. Denn zum einen unterscheiden sich die Wachstumsbedingungen der Bäume erheblich; sandige und lehmige Böden finden sich beispielsweise in einer Obstanlage direkt nebeneinander. Zum anderen hängt der Wasserbedarf vom Stadium der Fruchtentwicklung ab.
Miniaturisierte Sensoren, die direkt an der Pflanze – am Stamm, Ast, Blatt oder an der Frucht – angebracht werden, können aktuelle Daten zur Wasserversorgung und zur Fruchtentwicklung erfassen. Mithilfe dieser Informationen ist es dann möglich, den einzelnen Bäumen je nach Bedarf Wasser zuzuführen und auch den optimalen Erntezeitpunkt zu ermitteln.
Obstanlagen passgenau bewirtschaften
Diese Informationen zur Pflanze werden mit Daten zum Standort wie Bodenzustand, Geländeprofil und Gewässernähe sowie mit Wetterdaten in einem Programm zusammengeführt. Aus diesem digitalen "Cocktail" entsteht ein Informationssystem, das die Landwirte bei der Bewirtschaftung ihrer Anlagen unterstützen soll. Damit soll es künftig einfacher werden, die Pflanzen gezielt ihrem Bedarf entsprechend optimal zu versorgen, ertragsregulierende Maßnahmen wie die Blütenausdünnung individuell für jeden Baum anzupassen und den optimalen Erntetermin für Früchte bester Qualität zu bestimmen. "Der Präzisionsgartenbau ist ressourceneffizient, umweltschonend und nachhaltig und sorgt für eine hohe Fruchtqualität", fasst Helene Foltan vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie die "Früchte" der Forschung mit smarter Technologie im Erwerbsobstbau zusammen.