Rinder
Nahezu die Hälfte aller Landwirte in Deutschland hält Rinder, um Milch, Fleisch oder beides zu erzeugen. Rinder sind ökonomisch gesehen die wichtigsten Nutztiere der deutschen Landwirtschaft. Während die Zahl der Rinderhalter sinkt, steigen die Herdengrößen: Über zwei Drittel der Rinder leben in Betrieben, die mindestens 100 Tiere halten.
Wie werden Rinder gehalten?
In Deutschland leben neun von zehn Rindern in Laufställen, in denen sie sich relativ frei bewegen können. Die Ausgestaltung dieser Ställe variiert erheblich. Die Spannbreite reicht von Ställen, deren Boden komplett aus Betonspalten besteht, bis hin zu großzügiger bemessenen Boxenlaufställen, in denen mit Einstreu gepolsterte Liegeflächen zur Verfügung stehen.
Daneben ist, insbesondere im süddeutschen Raum auch noch die Anbindehaltung anzutreffen: Hier werden die Rinder temporär oder dauerhaft in Reihen nebeneinander im Stall angebunden und können lediglich aufstehen oder sich hinlegen. Die freie Bewegung ist zum Teil in Ausläufen oder im Sommer auf der Weide möglich. Unabhängig von der Haltungsform im Stall hat etwa jedes dritte Rind im Sommer regelmäßigen Weidegang, im Durchschnitt etwa ein halbes Jahr lang. Das Weiden von Kühen leistet einen wichtigen Beitrag für die Pflege des Grünlands und stellt eine wichtige Maßnahme zur Verbesserung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung dar.
Welche ökonomische Bedeutung hat die Rinderhaltung?
Deutschland ist der größte Milcherzeuger der Europäischen Union (EU) und nach Frankreich der zweitgrößte Erzeuger von Rind- und Kalbfleisch. Etwa jeden vierten Euro erwirtschaften die deutschen Landwirte mit der Milch und dem Fleisch der Rinder - 2022 summierte sich der Produktionswert auf 20,8 Milliarden Euro. Über drei Viertel davon, mehr als 16 Milliarden Euro, entfallen auf die Milch. Diese wird fast vollständig in heimischen Molkereien zu Trinkmilch, Butter, Joghurt, Käse und anderen Milchprodukten weiterverarbeitet. Rund die Hälfte der in deutschen Molkereien verarbeiteten Milch wird in Form von Milchprodukten exportiert, davon rund drei Viertel in Länder der EU. Wichtige Drittlandmärkte sind China, das Vereinigte Königreich, die Schweiz und Japan.
Wie verläuft ein Rinderleben?
Damit Milchkühe überhaupt Milch geben, müssen sie regelmäßig ein Kalb auf die Welt bringen. Weibliche Tiere werden zumeist mit 18 bis 24 Monaten zum ersten Mal besamt - fast immer künstlich. Hauptgrund für die künstliche Besamung ist die Möglichkeit, die Übertragung von sog. Deckseuchen zu vermeiden und um bessere Zuchtergebnisse zu erzielen. Nach gut neun Monaten Tragezeit kommt das Kalb zur Welt. Das Kalb wird in der Regel von der Mutterkuh, die dann in der Herde zur Milchgewinnung gehalten wird, getrennt und wächst zunächst in einer Kälberbox, vorzugsweise in einem Kälberiglu mit Auslauf auf. Ein Teil der weiblichen Milchviehkälber kann als Aufstockung für die Milchviehherde verwendet werden und verbleibt auf dem Betrieb. Spätestens ab der achten Woche leben sie dann gemeinsam mit anderen Jungtieren in der Gruppe. Die männlichen Milchviehkälber der spezialisierten Milchrassen (Holstein-Friesian) werden mit frühestens 28 Tagen an Kälbermastbetriebe verkauft und mit 7-8 Monaten oder als Jungbullen geschlachtet. Männliche Kälber von milchbetonten Zweinutzungsrassen (Fleckvieh und Braunvieh) werden zum Teil auch später, als sogenannte Fresser mit 4-6 Monate, an Bullenmastbetriebe abgegeben und zumeist nach eineinhalb bis zwei Jahren geschlachtet. Als besonders tiergerechte Art der Fleischrinderhaltung gilt die Mutterkuhhaltung, bei der die Mutterkuh und ihr Kalb in der Regel sechs bis neun Monate zusammen auf der Weide gehalten werden, bevor die Kälber als sogenannte Absetzer an Bullenmastbetriebe verkauft werden. In der Mutterkuhhaltung werden oft spezialisierte Fleischrassen eingesetzt, da die Kühe hier nicht gemolken werden. Diese Rinderhaltung wird als extensiv bezeichnet. Eine besondere Rolle nehmen alte Rinderrassen ein. Sie können zwar von der Leistung her nicht mit modernen Rassen konkurrieren, sind jedoch als Bereithaltung genetischer Ressourcen unerlässlich.
Wie sieht ein moderner Milchviehstall aus?
Laufflächen (A)
Rinder sind Herdentiere. Gänge im Stall geben ihnen Bewegungsfreiheit. Der Boden ist meist planbefestigt. Die Exkremente werden mit einem Schieber regelmäßig entfernt. Manchmal ist der Boden auch perforiert, damit Exkremente durchgetreten werden können.
Liegeboxen (B), Futterplätze (C) und Tränken (D)
Einen Großteil der Zeit verbringen Rinder mit Fressen, Ruhen oder Wiederkäuen. Der Stall bietet dafür freizugängliche Futterplätze, Tränken und Liegeboxen, die mit Einstreu wie z. B. Stroh ausgepolstert sind. Da Rinder als Wiederkäuer Futterrationen mit einem bestimmten Mindestgehalt an Rohfaser benötigen, sind Gras- und Maissilage wichtige Bestandteile des Grundfutters. Das Kraftfutter ist heute meistens Bestandteil einer totalen Mischration (TMR), bei der es mit dem Grundfutter bereits vermischt ist. Tränken sind optimal in der Nähe des Melkbereichs angeordnet, da die Kühe nach dem Melken den größten Durst haben.
Melkroboter (E)
In modernen Ställen werden die Tiere oft von einem Melkroboter gemolken. Die Tiere können selbst wählen, wann und wie oft sie zum Melken gehen wollen. Auch der Landwirt ist nicht mehr an feste Melkzeiten gebunden und in seiner Arbeit flexibler. Im Melkroboter kann auch Kraftfutter als Lockfutter angeboten werden.
Außenbereich (F)
Zum Teil haben die Tiere zusätzlich die Möglichkeit, ins Freie zu gehen – zum Beispiel auf einen Auslauf oder auf die Weide. Hier können sie ihre arttypischen Bedürfnisse nach artgemäßer, freier Bewegung, Komfort- und Sozialverhalten gut befriedigen. Auch kann solcher Kontakt zu Außenklima die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere verbessern.