Assoziierungsabkommen EU und MERCOSUR - häufige Fragen und Antworten
Die Europäische Union (EU) und die MERCOSUR-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) haben am 6. Dezember 2024 die seit dem Jahr 2023 geführten Nachverhandlungen in Bezug auf ein umfassendes Assoziierungsabkommen abgeschlossen. Nachdem beide Seiten bereits im Juni 2019 eine politische Einigung erzielt hatten, war seit dem Jahr 2023 intensiv über weitere Vereinbarungen – u. a. im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung – verhandelt worden.
Die Bundesregierung begrüßt ausdrücklich die am 6. Dezember 2024 erzielte Einigung. Mit dem Abkommen bauen die EU und die MERCOSUR-Staaten ihre bestehende Partnerschaft weiter aus und legen den Grundstein für engere Handelsbeziehungen. Wichtig ist nun insbesondere ein zügiger Abschluss des Abkommens, das eine große strategische Bedeutung für die gesamte EU hat.
Diese Bedeutung ist nicht auf gesamtwirtschaftliche oder geostrategische Vorteile beschränkt. Auch konkret für den Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft bietet das Abkommen klare Chancen. Dabei sind die insbesondere die folgenden Aspekte wichtig:
- Erstens schafft das Abkommen Exportmöglichkeiten, indem es europäischen Agrarprodukten einen deutlich verbesserten Zugang zu den MERCOSUR-Märkten eröffnet.
- Zweitens bleiben sensible Agrarbereiche in der EU durch die vereinbarten Quoten wirksam geschützt.
- Drittens wird das Abkommen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen leisten. Besonders positiv sind die Verankerung des Pariser Klimaschutzabkommens als "essential element" und die zusätzlichen Vereinbarungen zum Waldschutz.
EU-MERCOSUR-Abkommen: Welche Rolle spielten die Interessen der Landwirtschaft bei den Verhandlungen?
Die Bundesregierung hatte sich während der Verhandlungen vor dem Jahr 2019 für ein ausgewogenes Abkommen eingesetzt, in dem die Interessen der Landwirtschaft angemessen berücksichtigt sind. In diesem Sinne bleibt der Marktzugang für Importe in die EU bei sensiblen Agrarprodukten wie Rindfleisch, Geflügel, Zucker und Ethanol durch Quoten begrenzt. Dabei lassen die vereinbarten Quoten im Vergleich zum Verbrauch bzw. der Produktion in der EU sowie dem Exportpotential des MERCOSUR nur begrenzte Mengen an Agrarprodukten aus den MERCOSUR-Staaten zu niedrigen Zollsätzen oder zollfrei zu. Das Abkommen sieht zudem vor, dass der Marktzugang schrittweise über mehrere Jahre hinweg erfolgt. Zusätzlich sieht das Abkommen eine bilaterale Schutzklausel vor, die im Fall von Marktstörungen aktiviert werden kann. Zugleich eröffnet das Abkommen Landwirtinnen und Landwirten sowie Produzentinnen und Produzenten in Deutschland auf der Exportseite einen deutlich verbesserten Zugang zu den Märkten der MERCOSUR-Staaten.
Welche konkreten Vorteile hat das EU-MERCOSUR-Abkommen für die deutschen Erzeuger?
Das Abkommen eröffnet Landwirtinnen und Landwirten sowie Produzentinnen und Produzenten in Deutschland auf der Exportseite einen deutlich verbesserten Zugang zu den Märkten der MERCOSUR-Staaten. Dies gilt insbesondere für Milchprodukte, Säuglingsnahrung, Süßwaren und Frischobst. Es gibt vielfältige Absatzmöglichkeiten für hochqualitative europäische und deutsche Produkte, insbesondere bei Bio-Produkten. Zugleich verbessert das Abkommen die Möglichkeiten des Exports von höherwertigen Nischenprodukten und spezialisierten Agrarprodukten in die MERCOSUR-Staaten. Auch die MERCOSUR-Staaten haben Bedarf an solchen Produkten.
Außerdem bietet das Abkommen durch Anerkennung geografischer Angaben Schutz vor Nachahmungen traditioneller Erzeugnisse. Insgesamt werden 357 geografische Angaben aus der EU anerkannt, darunter 28 DEU Produkte wie z. B. "Dresdner Christstollen", "Schwarzwälder Schinken", "Bayerisches Bier", "Hopfen aus der Hallertau", "Schwarzwälder Kirschwasser" und Weine u.a. von der "Mosel“, aus "Baden", der "Pfalz" oder "Württemberg". Durch den Namensschutz können sich Vermarktungschancen auf den Absatzmärkten der MERCOSUR-Staaten ergeben und es wird ein Beitrag zum kulturellen und gastronomischen Erbe der EU geleistet.
Zudem eröffnet die engere Zusammenarbeit auch Exportmöglichkeiten durch den Abbau von Handelshemmnissen, wie zum Beispiel in Fragen der Regionalisierung – Stichwort "Afrikanische Schweinepest". So kann das Abkommen unseren Landwirtinnen und Landwirten helfen, Schweinefleischerzeugnisse aus nicht betroffenen Gebieten zu exportieren. Die vorgesehenen Dialogformate fördern zudem einen regelmäßigen technischen Austausch.
"Überschwemmen" MERCOSUR-Exporte künftig den EU-Markt?
Sensible Agrarbereiche werden weiterhin wirksam geschützt. Der Marktzugang in die EU wird bei sensiblen Produkten wie Rindfleisch, Geflügel, Zucker und Ethanol durch Quoten begrenzt. Dabei lassen die vereinbarten Quoten im Vergleich zum Verbrauch bzw. der Produktion in der EU sowie dem Exportpotential des MERCOSUR nur begrenzte Mengen an Agrarprodukten aus den MERCOSUR-Staaten zu niedrigen Zollsätzen oder zollfrei zu. Zusätzlich sieht das Abkommen eine bilaterale Schutzklausel vor, die im Fall von Marktstörungen aktiviert werden kann.
Zudem ist innerhalb der vereinbarten Quoten u.a. eine schrittweise Liberalisierung der "in-quota Zölle" (bis zu Zollfreiheit oder bevorzugten Zollsätzen) über einen Zeitraum von sechs Jahren vorgesehen, was die Anpassung auf dem EU-Markt ermöglicht und zusätzlichen Schutz bietet.
Sieht das MERCOSUR-Abkommen Schutzinstrumente für den Agrarbereich vor?
Ja, eine vereinbarte bilaterale Schutzklausel schützt neben den Quoten (begrenzte Importmengen) vor unerwarteten signifikanten Marktstörungen, zum Beispiel durch die Suspendierung gewährter Zollvergünstigungen. Sie ermöglicht die Aussetzung der Präferenzen für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren, mit einer möglichen Verlängerung um weitere zwei Jahre.
Führt die vereinbarte Rindfleischquote zu Markstörungen in Europa?
Für die Importe von Rindfleisch aus dem MERCOSUR wurden Quoten vereinbart. Konkret sieht das Abkommen einen Zollsatz von 7,5 Prozent für eine Menge von 99.000 Tonnen vor. Dies wären nur 1,6 Prozent der gesamten EU-Rindfleischproduktion und ungefähr die Hälfte der aktuellen Einfuhren (196.000 t im Jahr 2023). Diese würden nicht schlagartig auf den EU-Markt kommen, sondern die Quotenhöhe wird über einen Zeitraum von sechs Jahren ab Inkrafttreten des Abkommens langsam steigen.
In nicht unerheblichem Umfang wird bereits jetzt sehr hochwertiges Rindfleisch von den in Rede stehenden Ländern zum vollen Zollsatz, also außerhalb der derzeit bestehenden Quoten, in die EU eingeführt. Rindfleischimporte aus den MERCOSUR-Staaten sind in den Jahren 2020-2023 stabil, aus BRA in 2024 sogar etwas rückläufig.
Es ist davon auszugehen, dass diese Mengen künftig im Rahmen der neuen Quote eingeführt werden.
Wie wird der Tierschutz durch das EU-MERCOSUR-Abkommen beeinflusst?
Das EU-MERCOSUR-Abkommen schafft ein Dialogformat zu Fragen des Tierschutzes. Außerdem knüpft das Abkommen die Gewährung von Zollvorteilen bei Eiern an die Einhaltung von bestimmten Tierschutzstandards (Richtlinie 1999/74/EC zum Schutz von Legehennen oder gleichwertiger Vorgaben). Im Übrigen ist die Einfuhr von Fleisch weiterhin nur zulässig, wenn das ausführende Drittland bescheinigt, dass bei der Schlachtung der Tiere dem EU-Recht gleichwertige Tierschutzvorschriften eingehalten wurden.
Gefährdet das EU-MERCOSUR-Abkommen die hohen EU- Anforderungen zum Schutz der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen?
Alle eingeführten Erzeugnisse müssen auch weiterhin die Anforderungen der EU zum Schutz der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen vor Risiken in Zusammenhang mit dem Handel mit tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen ("SPS-Bereich") erfüllen, d. h. vollumfängliche Einhaltung der EU-Standards bzgl. Produkt- und Lebensmittelsicherheit sowie bzgl. Tier- und Pflanzengesundheit. Hieran wird auch das Abkommen nichts ändern.
Das europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel- und Futtermittel (Rapid Alert System for Food & Feed -RASFF) gewährleistet weiterhin einen Informationsaustausch bei Beanstandungen hinsichtlich der Sicherheit zwischen den Netzmitgliedern. Durch die Einrichtung eines SPS-Unterausschusses wird die Zusammenarbeit zwischen der EU und den MERCOSUR-Staaten intensiviert. Die EU wird auch technische Unterstützung leisten, damit die Möglichkeiten in den MERCOSUR-Staaten verbessert und weiter aufgebaut werden.
Werden wegen des EU-MERCOSUR-Abkommens möglicherweise pestizidbelastete Produkte nach Europa kommen?
Einfuhren aus den MERCOSUR-Staaten unterliegen auch weiterhin den Anforderungen nach dem EU-Recht. Darüber hinaus müssen die Anforderungen nach dem EU-Recht in Bezug auf Rückstandshöchstgehalte für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe eingehalten werden.
EU-MERCOSUR-Abkommen: Kommt jetzt Fleisch von hormonbehandelten Tieren in die EU?
Auch die EU-Vorgaben bzgl. der Nicht-Anwendung von Hormonen zur Wachstumsförderung beziehungsweise Fleischerzeugung bleiben unberührt. In die EU ausgeführte Lebensmittel müssen auch weiterhin den EU-Standards entsprechen.
Welche Regelungen enthält das EU-MERCOSUR-Abkommen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen (AMR)?
Das Abkommen schafft ein Dialogformat zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen, das zu einer verstärkten Zusammenarbeit in diesem Bereich führen wird. Auch die wissenschaftliche Zusammenarbeit und der Austausch von Informationen werden durch das Abkommen verbessert. Das Abkommen schafft so praktische Instrumente, um den Antibiotikaeinsatz gemeinsam mit den MERCOSUR-Staaten zu reduzieren und alternative Methoden zu fördern.
Ansonsten bleiben die Vorgaben der EU in Bezug auf Antibiotika-Rückstände von dem Abkommen unberührt. Dies betrifft auch die ausführlichen Vorschriften für die Anwendung des Verbots sowohl der Verwendung antimikrobieller Arzneimittel zur Wachstumsförderung und Erhöhung der Ertragsleistung als auch der Verwendung antimikrobieller Wirkstoffe (die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten sind) in Bezug auf Tiere oder Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die aus Drittländern in die Union ausgeführt werden.
Wie werden Nachhaltigkeitsaspekte (Arbeit, Klima, Umwelt, etc.) im EU-MERCOSUR-Abkommen berücksichtigt?
Die seit März 2023 geführten Nachverhandlungen zwischen der EU-Kommission und den MERCOSUR-Staaten (auf Grundlage der bereits im Jahr 2019 erzielten Grundsatzeinigung) betrafen insbesondere das Kapitel "Handel und Nachhaltige Entwicklung". Im Ergebnis konnten im Bereich Nachhaltigkeit weitergehende Vereinbarungen erreicht werden.
Beim Thema Waldschutz enthielt bereits die Einigung aus dem Jahr 2019 explizite Regelungen zu nachhaltiger Waldbewirtschaftung sowie zur Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags. Diese Vereinbarungen werden in dem 2024 vereinbarten TSD-Annex deutlich erweitert. Dabei liegt der Mehrwert in der Verankerung von rechtlich verbindlichen Bestimmungen des Abkommens. In Bezug auf den Klimaschutz ist das Pariser Klimaabkommen nun ausdrücklich als ein elementarer Vertragsbestandteil des Abkommens verankert worden. Die durch das Handelsabkommen gewährten Handelsvorteile können im Falle des Austritts aus dem Pariser Klimaabkommen oder bei bestimmten Verstößen gegen die darin enthaltenen Vereinbarungen ausgesetzt werden.
Ferner schafft das Abkommen neue Monitoring- und Kooperationsmechanismen mit Blick auf Nachhaltigkeitsfragen. Durch einen institutionalisierten Dialog kann die EU gemeinsam mit ihren Partnern konstruktiv an Nachhaltigkeitsthemen arbeiten, u.a. zur Verbesserung des Wald- und Klimaschutzes. Zudem enthält das Abkommen Vereinbarungen zum Schutz von Umweltbelangen und zur Stärkung der sozialen Nachhaltigkeit (u.a. Schutz von Kleinbauern und indigenen Bevölkerungsgruppen).
Die rechtlich verbindlichen Bestimmungen des Nachhaltigkeitskapitels unterliegen einem dialogorientierten Durchsetzungsmechanismus.
Fördert das EU-MERCOSUR-Abkommen die Entwaldung in den MERCOSUR-Staaten?
Das MERCOSUR-Abkommen enthält die Verpflichtung, Maßnahmen zum Schutz und Erhalt bestehender Waldflächen zu ergreifen. Komplementär zu dem Abkommen hat die EU mit der Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) ein Instrument geschaffen, um entwaldungsfreie Lieferketten in Bezug auf bestimmte Produkte – u.a. Rindfleisch und Soja – wirksam zu fördern. Die EUDR begründet insoweit Nachweispflichten, dass eingeführte Produkte aus Drittstaaten entwaldungsfrei und gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt wurden.
Die Vorgaben der EUDR werden durch das EU-MERCOSUR-Abkommen nicht abgeschwächt. Auch eine Klassifizierung der MERCOSUR-Staaten als Länder mit "geringem Risiko" i.S.v. Art. 29 EUDR kann aus dem Abkommen nicht abgeleitet werden. Vielmehr haben sich die Vertragsparteien auf eine verbesserte Zusammenarbeit geeinigt. Partnerschaftliche Zusammenarbeit ist ein wichtiger Baustein für das Ziel Entwaldungsfreiheit.