Fragen und Antworten zum Pakt gegen Lebensmittelverschwendung

Vereinbarung zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen zwischen dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und Unternehmen des deutschen Lebensmittelgroß- und einzelhandels

Wo und wie entstehen Lebensmittelabfälle?

Lebensmittelabfälle fallen auf dem gesamten Weg vom Acker bis zum Teller an – also in der gesamten Lebensmittelkette. In der landwirtschaftlichen Produktion entstehen Lebensmittelabfälle und –verluste beispielsweise, wenn Obst und Gemüse nicht den vorgegebenen Standards oder rechtlichen Anforderungen entspricht, etwa, weil es von Schädlingen befallen oder anders verunreinigt ist.

Bei den Unternehmen der Ernährungsindustrie (Verarbeitung) kommt es zu Lebensmittelabfällen, weil z. B. nur bestimmte Teile eines Lebensmittels verwertet werden, maschinell bedingt Reste anfallen oder Waren aufgrund von Etikettierungsfehlern wie etwa fehlender Allergenkennzeichnung nicht vermarktet werden können.

Im Groß- und Einzelhandel sind Lebensmittelabfälle z.B. darauf zurückzuführen, dass Logistikprozesse nicht optimal eingestellt sind, Bestellmengen nicht der Nachfrage entsprechen oder Ware fehlerhaft gekühlt wurde. Die Ware kann aber auch einfach nicht mehr zu vermarkten sein, weil z.B. die Banane überreif, das Gemüse schimmlig geworden, oder das Mindesthaltbarkeitsdatum von Milchprodukten abgelaufen ist.

Auch in der Außer-Haus-Verpflegung, also der Gemeinschaftsverpflegung in Betriebskantinen, Schulen, Kindergärten oder in der Gastronomie kommt es zu Lebensmittelabfällen z.B. durch schwankende Nachfrage, zu große Portionsgrößen oder fehlerhafte Kalkulation. Und schließlich landet in privaten Haushalten ein erheblicher Teil der Lebensmittel im Müll, weil Produkte falsch gelagert, nicht bedarfsgerecht eingekauft oder zu viel gekocht wurde.

Wie viele Lebensmittelabfälle entstehen jährlich in Deutschland?

Für das Jahr 2020 hat das Statistischen Bundesamt Lebensmittelabfälle im Umfang von 10,9 Millionen Tonnen insgesamt ermittelt. Zu den Lebensmittelabfällen zählen dabei auch Schalen, Knochen und andere nicht verzehrfähige Bestandteile von Lebensmitteln. Auf die landwirtschaftliche Produktion entfallen mit 0,2 Millionen Tonnen etwa 2 Prozent der Gesamtmenge an Lebensmittelabfällen. In der Verarbeitung sind es 1,6 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle, das macht einen Anteil von 15 Prozent. Auf den Handel entfallen 0,8 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle, das entspricht 7 Prozent. In der Außer-Haus-Verpflegung sind es mit 1,9 Millionen Tonnen Lebensmittelabfällen etwa 17 Prozent. In den privaten Haushalten entstehen mit großem Abstand die meisten Lebensmittelabfälle: 6,5 Mio. t entsprechen 59 Prozent der Gesamtmenge an Lebensmittelabfällen, das macht pro Kopf und Jahr 78 Kilogramm.

Wie viele Lebensmittelabfälle entstehen jährlich in der EU und welchen Rang nimmt Deutschland in der EU ein?

EU-weit entstanden entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette im Jahr 2020 insgesamt über 58 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle, davon ca. 4 Millionen Tonnen im Groß- und Einzelhandel. Deutschland liegt im Pro-Kopf-Vergleich der Gesamt-Lebensmittelabfallmengen mit 131 kg auf Platz 15 genau im EU-Durchschnitt. Frankreich und Österreich sind ebenfalls im Mittelfeld vertreten. Negativer Spitzenreiter ist Zypern, gefolgt von Belgien und Dänemark.

EUROSTAT: Food waste and food waste prevention - estimates

Warum müssen wir handeln?

Bei der Herstellung von Lebensmitteln werden entlang der Kette viele wertvolle natürliche Ressourcen wie z.B. Wasser oder Ackerflächen und viel Energie benötigt. Dazu zählt auch die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte. Zudem setzt die Verarbeitung klimaschädliche Treibhausgase frei. Wenn Nahrungsmittel also nicht gegessen werden, sondern im Müll landen, bedeutet das eine gigantische Verschwendung. Wären die weltweit entsorgten Lebensmittelabfälle ein Land, wären sie nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) mit 4,4 Gigatonnen CO2-Äquivalenten der drittgrößte Verursacher von Treibhaus-gasen weltweit. Die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung schont daher nicht nur Umwelt und Geldbeutel, sondern ist auch ein wichtiger Hebel im Kampf gegen die Klimakrise. Hin-zu kommt, dass weniger Lebensmittelverschwendung hierzulande die Verfügbarkeit von Ressourcen und Nahrung weltweit verbessert und damit einen wichtigen Beitrag zur globalen Ernährungssicherung leistet. Lebensmittel verdienen also unsere größte Wertschätzung und einen sorgsamen Umgang. Die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren ist Teil der generellen Strategie des BMEL, die Transformation hin zu nachhaltigeren Agrar- und Ernährungssystemen voranzubringen. Ziel des BMEL ist es, die Lebensmittelabfälle bis 2030 in jedem Sektor der Lebensmittelversorgungskette zu halbieren und Lebensmittelverluste zu reduzieren.

Das Nachhaltigkeitsziel (SDG) 12.3 der Agenda 2030 der Vereinten Nationen verpflichtet die Staatengemeinschaft bis 2030,

  • die Lebensmittelverschwendung pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene weltweit zu halbieren und
  • die entlang der Produktions- und Lieferkette entstehenden Lebensmittelabfälle, einschließlich der Nachernteverluste, zu verringern.

Im Erwägungsgrund zur Änderung der EU-Abfallrahmenrichtlinie ist für die Mitgliedstaaten darüber hinaus das indikative Ziel gesetzt, die Lebensmittelabfälle bis 2025 um 30 Prozent zu reduzieren. Ziel des BMEL ist es, die Lebensmittelabfälle bis 2030 in jedem Sektor der Lebensmittelverorgungskette zu halbieren – nicht nur auf Einzelhandels- und Verbraucherebene - und Lebensmittelverluste zu reduzieren. Die EU-Kommission hat angekündigt, im Sommer 2023 zusätzlich auch einen Legislativvorschlag für EU-weit verbindliche Ziele zur Reduzierung der Lebensmittelabfälle vorzulegen. Das BMEL wird diesbezüglich ambitionierte Zielsetzungen unterstützen, damit ein verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen und die Wertschätzung für Lebensmittel gestärkt werden.

Was unternimmt das BMEL bislang gegen Lebensmittelverschwendung?

Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien darauf verständigt, die Lebensmittelverschwendung gemeinsam mit allen Beteiligten verbindlich zu reduzieren. Dazu wird die Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung aus 2019 weiterentwickelt. Im Kern sollen Zielsetzung und Maßnahmen verbindlicher und ambitionierter werden.

In den Dialogforen der Nationalen Strategie wurden gemeinsam mit den Wirtschaftsbeteiligten wirksame Reduzierungsmaßnamen identifiziert und in Demo- und Modellbetrieben getestet. Auf diesen Arbeiten bauen die bestehende Zielvereinbarung für die Außer-Haus-Verpflegung sowie die jetzt zwischen BMEL und Unternehmen des Lebensmittelgroß-und -einzelhandels abgeschlossene Vereinbarung auf.

Mit diesem "Pakt gegen Lebensmittelverschwendung" vereinbaren BMEL und die Handelsunternehmen erstmals konkrete, unmittelbar für das einzelne Unternehmen geltende, verbindliche Reduzierungsziele. Gleichzeitig erfolgt die Verpflichtung auf konkrete Maßnahmen. Die umfassende Vereinbarung gewährleistet, dass diese nicht nur unternehmensintern wirken wird. Durch Maßnahmen an den Schnittstellen wird die Umsetzung des Pakts auch zu einer Reduzierung der Lebensmittelabfälle in anderen Bereichen der Lebensmittelversorgungskette beitragen.

Ein weiterer Fokus des BMEL liegt darauf, Lebensmittelverschwendung in privaten Haushalten zu reduzieren. Denn dort fallen 59 Prozent der Lebensmittelabfälle an. Dazu wird Zu gut für die Tonne! als Kommunikationsinstrument für die Aktivitäten entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette weiterentwickelt. Adressatengerechte Angebote sollen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern langfristig Verhaltensänderungen anregen, damit ressourcen- und klimaschonendes Verhalten der Bürgerinnen und Bürger zur Normalität werden.

Als Auftrag aus dem Koalitionsvertrag werden derzeit gemeinsam mit den betroffenen Bundesressorts auch rechtliche Fragestellungen (z. B. hinsichtlich Haftungsrecht, Spendenerleichterungen) in den Blick genommen.

Wer kann dazu beitragen Lebensmittelverschwendung zu reduzieren?

Die Ursachen für Lebensmittelverschwendung sind vielfältig. Zudem können die Verhaltensweisen eines Akteurs der Lebensmittelversorgungskette häufig Auswirkung auf die Lebensmittelabfälle in einem anderen Bereich haben. Die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung ist deshalb eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur erfüllt werden kann, wenn alle Beteiligten entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette zusammenwirken. Nicht nur Verbraucherinnen und Verbraucher müssen ihr Verhalten ändern. Bewusstes, nachhaltiges Verhalten muss auch durch eine entsprechende Ernährungsumgebung z. B. im Handel oder in der Außer-Haus-Verpflegung unterstützt werden. Für eine wirksame Reduzierung der Lebensmittelverschwendung gilt es auch, bestehende Interessens-und Zielkonflikte der verschiedenen Sektoren zu identifizieren und zu lösen.

Was können Verbraucherinnen und Verbraucher tun, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden?

Der beste Tipp zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung ist eine gute Planung. Dazu gehört vor allem ein bedarfsgerechter Einkauf, außerdem die richtige Lagerung und Kühlung der Waren, die Zubereitung passender Portionsgrößen sowie die kreative Verwertung von Resten. Tipps finden sich unter www.zugutfuerdietonne.de und in der Zu gut für die Tonne!-App. Zudem können die Verbraucherinnen und Verbraucher auch dazu beitragen, die Abfallmengen im Handel und bei den Landwirten zu reduzieren: Obst und Gemüse, das mit kleinen Macken angeboten wird, schmeckt nicht schlechter als makellose Ware.

Sollen Milchprodukte oder andere Lebensmittel sowieso bald verbraucht werden, müssen sie kein Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) tragen, das weit in der Zukunft liegt. Das auf vielen Produkten angegebene MHD ist ja kein Wegwerfdatum. Es zeigt lediglich an, wie lange ein Produkt mindestens seine typischen Eigenschaften behält, etwa Farbe und Konsistenz. Danach kann das Produkt noch lange genießbar sein. Grundsätzlich gilt: Was gut aussieht, gut riecht und gut schmeckt, ist in aller Regel noch gut. Anders sieht es aus beim Verbrauchsdatum, das auf leicht verderblichen Produkten wie rohem Fisch, Hackfleisch oder Frischgeflügel angegeben ist. Ist das Verbrauchsdatum überschritten, sollte das Produkt nicht mehr verzehrt werden.

Fragen und Antworten zu: Mindesthaltbarkeitsdatum / Verbrauchsdatum / Haltbarkeitsdatum

Warum hat der Handel eine "Scharnierfunktion" in der Lebensmittelkette?

Der Handel ist das Bindeglied zwischen den Lieferantinnen und Lieferanten aus Erzeugung und Verarbeitung einerseits und der Verbraucherschaft andererseits. Verhaltensweisen und Anforderungen des Handels bestimmen maßgeblich die Ausgestaltung des Angebots der Produzenten: Etwa, wenn der Handel in den Vertragsbeziehungen über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende Anforderungen an die Optik von Obst und Gemüse stellt. Der Handel prägt zugleich maßgeblich die Ernährungsumgebung der Konsumentinnen und Konsumenten und kann Einfluss auf deren Verhalten nehmen.

Aus seiner Funktion als Dreh- und Angelpunkt zwischen Liefer- und Verbrauchsseite erwächst eine besondere Verantwortung des Handels, nicht nur durch unternehmensintern wirkende Maßnahmen, sondern auch an den Schnittstellen in der Versorgungskette zu einer Reduzierung der Lebensmittelverschwendung beizutragen. Diesem Umstand trägt der Pakt gegen Lebensmittelverschwendung mit seinem umfassenden Ansatz Rechnung.

Was sind die wichtigsten Hebel und zentralen Punkte des Pakts gegen Lebensmittelverschwendung mit den Handelsunternehmen?

Die Unternehmen verpflichten sich mit der Vereinbarung, die Lebensmittelabfälle in ihrem eigenen Unternehmen bis 2025 um 30 Prozent zu reduzieren und bis 2030 zu halbieren. An diesen Reduzierungszielen werden sich die Unterzeichner messen lassen.

Die Unternehmen verpflichten sich zudem auf ganz konkrete, zuvor festgelegte und gemeinsam vereinbarte Maßnahmen: Zentral ist die Verpflichtung, Kooperationen zur Weitergabe von noch verzehrfähigen Lebensmitteln einzugehen. Diese "Spendenpflicht" gilt vorrangig an soziale Einrichtungen wie die Tafeln. Aber auch mit der Weitergabe an eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Foodsharer oder durch Weitervermittlung an entsprechende Plattformen kommen die Unternehmen ihrer Verpflichtung aus der Vereinbarung nach. Damit bauen wir die Weitergabe noch verzehrfähiger Lebensmittel erheblich aus.

Mit dem Pakt gegen Lebensmittelverschwendung werden aber auch weitere Reduzierungsmaßnahmen verbindlich festgeschrieben (z.B. die entsprechende Schulung der Mitarbeitenden) und die nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz bestehende allgemeine Abfallhierarchie in Bezug auf Lebensmittel konkretisiert. Vorrangig sind Maßnahmen zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen zu ergreifen; nachrangig ist die Verwendung als Tierfutter oder energetische Verwertung von Lebensmittelabfällen. Die Vereinbarung schreibt dazu u.a. explizit fest: Lebensmittel dürfen nicht gezielt unbrauchbar gemacht werden.

Das BMEL hat gemeinsam mit den Experten vom Thünen-Institut und den Unternehmen des Groß- und Einzelhandels rund 40 weitere konkrete Maßnahmen identifiziert, mit denen Lebensmittelabfälle reduziert werden können. Die Maßnahmen umfassen u.a. Optimierungen der Prozess-, Logistik- und Kühlkette (z.B. bedarfsgerechtes Bestellmanagement), eine verbesserte Retourenpolicy und marktinterne Maßnahmen (z.B. den verstärkten Abverkauf von Waren mit kurzer Haltbarkeit). Zu den Maßnahmen gehören aber auch solche, die zu einer Reduzierung von Lebensmittelabfällen bei den Lieferantinnen und Lieferanten und den Kundinnen und Kunden beitragen wie z.B. der Verkauf von Obst- und Gemüse mit Schönheitsfehlern und Maßnahmen zur Verbrauchersensibilisierung. Die Unternehmen verpflichten sich außerdem zu einer transparenten Berichterstattung.

Wer ist Unterzeichner des Pakts gegen Lebensmittelverschwendung?

Das BMEL hat die Vereinbarung zur Reduzierung der Lebensmittelabfälle als gemeinsamen Pakt gegen Lebensmittelverschwendung am 27.6.2023 mit folgenden 14 Unternehmen des Groß- und Einzelhandels unterzeichnet:

  • ALDI Einkauf SE & Co. oHG
  • ALDI SÜD Dienstleistungs-SE & Co. oHG
  • CHEFS CULINAR West GmbH & Co. KG, Niederlassung Wöllstein
  • EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG
  • HelloFresh Deutschland SE & Co. KG
  • Kaufland Dienstleistung & Co. KG
  • Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG
  • METRO Deutschland GmbH Netto Marken-Discount Stiftung & Co. KG
  • NORMA Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG
  • PENNY Markt GmbH,
  • REWE Markt GmbH REWE Markt GmbH
  • tegut… gute Lebensmittel GmbH & Co. KG
  • Transgourmet Deutschland GmbH & Co. OHG

Weitere Unternehmen können der Vereinbarung zu einem späteren Zeitpunkt beitreten. Als unterstützender Verband zeichnet der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V. (BVLH).

Wie wird überprüft, ob der Pakt gegen Lebensmittelverschwendung auch wirksam ist?

Mit der Verpflichtung auf die konkreten Reduzierungsziele für 2025 und 2030 kann der Erfolg oder Misserfolg unmittelbar bemessen werden. Die Unternehmen müssen darüber hinaus auch jährlich über ihre Maßnahmen und Fortschritte der Umsetzung Rechenschaft ablegen. Dem BMEL ist eine transparente und vergleichbare Darstellung sehr wichtig. Deshalb sind die Unternehmen verpflichtet jährlich in einem öffentlichen Reporting und in einem einheitlichen Format zu berichten. Die Umsetzung der Vereinbarung wird zudem durch das Thünen Institut (TI) als wissenschaftlich unabhängige Einrichtung überprüft werden. Dazu wird das TI die öffentlichen Berichte der einzelnen Unternehmen sowie dem TI vertraulich zur Verfügung gestellte Unternehmensdaten auswerten und den Stand der Umsetzung in einem jährlichen Monitoringbericht zusammenfassen. Auch dieser wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Wirksamkeit der Zielvereinbarung wird mit Blick auf die Erreichung der Zielmarke für 2025 evaluiert werden. In der Folge ist das BMEL berechtigt bei unzureichender Umsetzung von Reduzierungsmaßnahmen die Vereinbarung mit einzelnen Unternehmen aufzukündigen.

Warum ist eine Vereinbarung mit dem Handel zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoller als eine rechtliche Regulierung?

Für die Umsetzung der Verpflichtungen aus der Agenda 2030 bleibt nicht viel Zeit. Wir brauchen daher schnell und effizient wirkende Maßnahmen. Mit der Unterzeichnung des Pakts gegen Lebensmittelverschwendung verpflichten sich die Unternehmen, unmittelbar aktiv zu werden. Denn der Pakt tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Die Vereinbarung entfaltet ihre Wirkung zudem auch außerhalb des Handelssektors.

Die Vereinbarung ist dabei ein flexibles Instrument mit dem - anders als im Gesetzgebungsverfahren - schnellere Anpassungen möglich sind. So können im Einvernehmen der Parteien beispielsweise weitere Verpflichtungen ergänzt werden, die sich in der Praxis als wirksam erwiesen haben. Zudem wären manche der in der Vereinbarung enthaltenen Maßnahmen nicht oder nur schwer gesetzlich zu regeln. Dazu gehören etwa Regelungen, durch die bestimmte Verhaltensweisen in den Geschäftsbeziehungen untersagt oder vorgeschrieben werden, mit denen sich die Unternehmen in ihren unternehmerischen Freiheiten beschränken. So sieht die Vereinbarung z.B. vor, dass sie sich Händler und Lieferanten über die Retourenpolicy oder Qualitätskriterien verständigen. Dadurch kann beispielsweise die Vermarktung von Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern durch Landwirtinnen und Landwirte verstärkt werden. In einem Gesetz ist es zudem beispielsweise schwierig oder evtl. gar nicht möglich, eventuelle finanzielle Unterstützungen zum Ausbau von Lager-/Kühlkapazitäten oder die Einführung digitaler Tools zur Verbesserung des Spendenprozesses aufzunehmen.

Sind mit dem Pakt gegen Lebensmittelverschwendung gesetzliche Regelungen vom Tisch?

Die Ursachen der Lebensmittelverschwendung sind komplex und eine wirksame Reduzierung der Lebensmittelabfälle kann nur gemeinsam gelingen – auch um Verlagerungseffekte zu vermeiden. Der Pakt gegen Lebensmittelverschwendung kann schnell und breit wirken und nimmt den Handel in die Verantwortung. Die Umsetzung des Pakts durch die Unternehmen wird durch das Thünen Institut für Marktanalyse als wissenschaftlich unabhängige Einrichtung überwacht und bewertet. Das BMEL wird auch die Ergebnisse der ermittelten jährlichen Abfallzahlen in allen Sektoren entlang der Lebensmittelversorgungskette analysieren und prüfen, inwieweit und wo welche gesetzlichen Maßnahmen erforderlich sind, um über alle Sektoren hinweg zu einer Halbierung der Lebensmittelabfälle zu gelangen und Lebensmittelverluste zu reduzieren.

Inwiefern geht der Pakt gegen Lebensmittelverschwendung in Deutschland über die gesetzliche Regelung in Frankreich hinaus?

Mit dem vorliegenden Pakt gegen Lebensmittelverschwendung geht Deutschland deutlich über die gesetzlichen Regelungen in Frankreich hinaus. Die Vereinbarung legt ein konkretes Reduzierungsziel fest, das für die Unternehmen verpflichtend ist. Darüber hinaus fixiert der Pakt auf Maßnahmenebene ähnlich dem französischen Modell nicht nur die Pflicht, Kooperationen zur Weitergabe einzugehen und das Verbot des Unbrauchbarmachens von Lebensmitteln, sondern auch eine Vielzahl weiterer Maßnahmen, die sowohl im unternehmensinternen Bereich (z. B. Schulungen), als auch in anderen Bereichen wirken. Denn die Maßnahmen adressieren auch die Schnittstellen zu den Lieferantinnen und Lieferanten einerseits und den Verbraucherinnen und Verbrauchern andererseits. Aus dem Katalog der Maßnahmen beispielhaft zu nennen sind der Verzicht auf über gesetzliche Maßnahmen hinausgehende Anforderungen, die Vermarktung von Obst- und Gemüse mit Schönheitsfehlern, Verkauf loser Ware bzw. Preis nach Gewicht statt Stückverkauf oder Kommunikation zur Verbrauchersensibilisierung. Der Pakt gegen Lebensmittelverschwendung verfolgt somit einen umfassenderen Ansatz als die französische Regelung. Der vorgesehene Reporting- und Monitoringmechanismus gewährleistet zudem eine verbindliche Umsetzung der Verpflichtung. Und: Es handelt sich um ein gemeinsam erarbeitetes Maßnahmenbündel, hinter dem die Unternehmen aus eigenem Antrieb stehen.

Grundsätzlich wurden in Deutschland bereits ohne Kooperationsverpflichtung im Vergleich zu Frankreich mehr Lebensmittel gespendet. Allein die Tafeln geben nach eigenen Angaben jährlich Spenden im Umfang von 265.000 Tonnen weiter. Demgegenüber liegt das Weitergabevolumen durch die Banques alimentaires in Frankreich bei 133.000 Tonnen.

Welche Lebensmittel können weitergegeben bzw. gespendet werden?

Lebensmittel zu spenden ist ein wichtiger Baustein zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. Die Pflicht, entsprechende Kooperationen zur Weitergabe einzugehen, wurde daher als zentrale Maßnahme aufgenommen. Ziel ist es, überschüssige, noch verzehrfähige Lebensmittel tatsächlich zu verzehren auch damit es nicht zu der Verlagerung von Lebensmittelabfällen von einem in den anderen Bereich kommt. Bei der Weitergabe sind das Prinzip des vorsorgenden Verbraucherschutzes bzw. die geltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu beachten. Verzehrfähig sind Lebensmittel, die unter Berücksichtigung dieser Vorschriften sicher, d.h. weder gesundheitsschädlich noch für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind. Der Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums löst - anders als der Ablauf des Verbrauchsdatums - per se kein Verkehrsverbot aus. Was bei der Weitergabe von Lebensmitteln zu beachten ist, erläutert der einschlägige Leitfaden.

Wie ist das "Containern" im Zusammenhang mit der Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zu beurteilen?

Wer containert, der begeht rein rechtlich gesehen häufig einen Diebstahl und gegebenenfalls eine Sachbeschädigung bzw. einen Hausfriedensbruch. Damit diejenigen, die Lebensmittel retten wollen, keine Verurteilung befürchten müssen, wäre zumindest ein zielgerichteter Ausschluss von weggeworfenen Lebensmitteln aus dem Diebstahlstatbestand erforderlich. Inwieweit dies möglich wäre, ist vertieft zu prüfen. Hierzu steht BMEL mit dem für das Strafgesetzbuch fachlich zuständigen Bundesministerium der Justiz im Austausch. Damit diejenigen, die Lebensmittel retten wollen, keine Verurteilung befürchten müssen, hatte der Hamburger Senat Ende 2021 einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) vorgelegt. Dieser sah vor, dass die Staatsanwaltschaft im Fall des Containerns von der Strafverfolgung wegen Diebstahls absieht und regelmäßig das Verfahren einstellt. BMEL hat diesen Vorschlag ausdrücklich unterstützt. Für eine Änderung der einschlägigen Richtlinie hätte es einer Einstimmigkeit im entsprechenden Ausschuss der Bundesländer bedurft, die jedoch leider nicht erzielt werden konnte. Grundsätzlich unterstützt das BMEL das Vorhaben, von Strafverfolgung wegen Diebstahls weggeworfener Lebensmittel abzusehen. Wer Produkte aus Containern verzehrt, sollte aber auch wissen, dass die Abfallbehälter ggf. auch aus Sicherheitsgründen zurückgerufene bzw. entsorgte Waren oder durch Vermischung verunreinigte Lebensmittel enthalten können.

Wie können die Tafeln besser unterstützt werden?

Die Tafeln leisten mit vielen ehrenamtlich Engagierten eine bedeutende Arbeit, um Bedürftige zu unterstützen. Sie sind zugleich wichtiger Akteur zur Rettung von Lebensmitteln. Das BMEL unterstützt die Tafeln projektbezogen: In einem Innovationsprojekt wurde die Entwicklung der sogenannten "Eco-Plattform" und ihrer digitalen Tools finanziert, mit der das Spenden noch verzehrfähiger Lebensmittel vereinfacht werden kann (Projekt "Tafel macht Zukunft- gemeinsam digital"). In einem laufenden Projekt wird derzeit das Thema gesunde Ernährung in die Tafel-Landschaft getragen (Projekt "Tafel is(s)t gesund").

Werden Lebensmittelspenden bereits steuerlich begünstigt, wie es beispielsweise in Frankreich der Fall ist?

Auch in Deutschland gibt es bei der Weitergabe von Lebensmitteln unter bestimmten Voraus-setzungen steuerliche Erleichterungen, die die Spendenden nutzen können- und zwar sowohl bei der Umsatz- als auch bei der Ertragssteuer. Nähere Informationen zum Thema sind zu finden hier. Der Spielraum zur Ermöglichung weiterer steuerrechtlicher Erleichterungen für Lebensmittelspenden wird zurzeit ausgelotet. Im Übrigen gilt, dass die Ausgestaltung des nationalen Umsatzsteuerrechts ausschließlich in den Grenzen des Unionsrechts möglich ist.

Erschienen am im Format FAQ-Liste

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