Fleisch und Fisch gehören zu einer ausgewogenen Ernährung mit dazu

Interview von Bundesminister Alois Rainer mit dem "Straubinger Tageblatt"

Frage: Wie haben Sie Ihre ersten paar Tage im Amt erlebt?

Alois Rainer: Ich bin sehr gut und herzlich aufgenommen worden. Ich merke, wie alle dabei sind, mir das Ankommen so einfach wie möglich zu machen. Mit meinem Vorgänger Cem Özdemir, den ich im Übrigen schon lange kenne und schätze, hatte ich eine gute Amtsübergabe. Natürlich fragen sich bestimmt viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Wer ist denn der neue Minister, wie ist der unterwegs? Aber ich glaube, die sind ganz zufrieden. Ich bin hoch motiviert, aber ich sehe auch eine hoch motivierte und fachlich gut aufgestellte Truppe im Ministerium.

Frage: Gleich nach Ihrer Nominierung haben Sie gesagt, dass Sie gegen staatliche Zuschläge und Steuererhöhungen auf Fleisch sind. Warum?

Alois Rainer: Im Koalitionsvertrag ist ganz klar vereinbart: keine Steuererhöhungen. Und daran halte ich mich. Ganz einfach.

Frage: Über die Zuschläge auf Fleisch wird seit Jahren diskutiert, weil damit der tierwohlgerechte Umbau von Ställen finanziert werden sollte. Wo soll dann jetzt das nötige Geld herkommen?

Alois Rainer: Die neue schwarz-rote Koalition will für den tierwohlgerechten Stallbau die nötigen Mittel dauerhaft bereitstellen. Das ist ein wichtiges Signal. Wir schaffen Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Ich bitte aber auch um Verständnis, dass ich nach wenigen Tagen im Amt, hier noch nicht weiter ins Detail gehen kann.

Frage: Sie haben schon die Zahl 1,5 Milliarden Euro genannt. Sind Sie zuversichtlich, dass sie so viel bekommen, und über welchen Zeitraum ist das gedacht?

Alois Rainer: Ich bin grundsätzlich optimistisch! Alles Weitere klären wir in der Koalition.

Frage: Wenn Sie dafür das Sondervermögen nehmen, sind das Schulden, die irgendwann zurückgezahlt werden müssen, und zwar von allen, nicht nur von Menschen, die Fleisch essen. Finden Sie das gerecht?

Alois Rainer: Ich bin mir sicher, dass gerade auch die Menschen, die kein Fleisch essen, wollen, dass die Tiere gut gehalten werden. Wenn künftige Generationen sicher sein können, dass das Fleisch, das noch bei uns verzehrt wird, aus artgerechter Haltung kommt, dann ist das doch eine Investition in die Zukunft des Landes. Mir persönlich ist wichtig, dass die Tierhaltung in Deutschland bleibt und nicht in Länder abwandert, in denen wir keine Kontrolle haben. Dann haben wir alle miteinander gewonnen.

Frage: Die Deutschen essen im Schnitt ein Kilo Fleisch pro Woche. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt maximal 300 Gramm. Wollen Sie als Ernährungsminister irgendetwas dafür tun, dass es weniger wird?

Alois Rainer: Mir liegt es fern, den Menschen vorzuschreiben, was sie wann essen sollen. Leben und leben lassen, das ist mir wichtig. Wir werden aber immer auf Basis der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse darauf hinweisen, wie gute Ernährung aussieht

Frage: Gehört Fleisch zu einer gesunden Ernährung?

Alois Rainer: Fleisch und Fisch gehören zu einer ausgewogenen Ernährung mit dazu.

Frage: Laut einer neuen Studie im Auftrag von Greenpeace verursacht der Fleischkonsum in Deutschland 16 Milliarden Euro an Gesundheitskosten im Jahr und 21 Milliarden an Umwelt- und Klimaschäden. Beeindruckt Sie sowas?

Alois Rainer: Wir müssen beides machen: Die Ernährung sichern und Ressourcen schonen. Die Menschen erwarten zurecht gute und gesunde Lebensmittel und eine intakte Umwelt.

Frage: Kommen wir zur Tierhaltung zurück. Sie haben sich schon für mehr Transparenz bei den Haltungsformen ausgesprochen. Das geltende Tierhaltungskennzeichnungsgesetz sieht ein staatliches Kennzeichen vor, das schon am 1. August für frisches Schweinefleisch im Handel starten soll. Ist der Termin noch zu halten oder wollen Sie ihn verschieben?

Alois Rainer: Die Agrarminister der Länder haben den Bund schon vor meinem Amtsantritt aufgefordert, den Start auf 2026 zu verschieben. Das werde ich mir nun anschauen.

Frage: Was halten Sie insgesamt von diesem Gesetz? Das staatliche Logo war ja umstritten, weil es jetzt schon eine freiwillige Kennzeichnung gibt, die breit angewandt wird.

Alois Rainer: Das stimmt, die wird es auch weiterhin geben. Aber ich finde es wichtig, dass es daneben auch ein staatliches, transparentes und vor allem bürokratiearmes Label gibt. Die Verbraucher wollen transparente Informationen zur Haltung. Da bleiben wir dran, zusammen mit allen Beteiligten der gesamten Wertschöpfungskette.

Frage: Diskutiert, aber nicht beschlossen wurde auch eine Tierhaltungskennzeichnung in der Gastronomie. Viele Verbraucher wünschen sich das. Sie auch?

Alois Rainer: Wir werden eine gute Lösung für alle Beteiligten finden.

Frage: Meinen Sie nicht, dass das manche Gastronomiebetriebe auch überfordern könnte? Die stöhnen schon jetzt über zu viel Bürokratie.

Alois Rainer: Ich will das bürokratiearm regeln. Das muss vernünftig handhabbar sein.

Frage: Zum Thema Anbindehaltung haben Sie schon gesagt, dass die erhalten bleiben soll. Wie lange noch?

Alois Rainer: In erster Linie geht es um die Kombihaltung. Dabei sind die Tiere den ganzen Sommer über auf der Alm auf den Weiden – besser geht es nicht. Im Winter sind sie meist noch unten im Stall angebunden. Auch hier werden wir mit den Beteiligten eine Lösung finden.

Frage: Die ganzjährige Anbindehaltung ohne jeden Auslauf gibt es aber auch immer noch. Die ist zum Beispiel in Österreich seit fünf Jahren verboten, in Deutschland noch nicht. Warum geht das bei uns nicht?

Alois Rainer: Sie können sich sicher sein, dass ich mir auch dieses Thema genau anschauen werde.

Frage: Der Bundestag hat in der vergangenen Legislaturperiode einen Bürgerrat zum Thema Ernährung eingerichtet. Der hat eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Das meiste davon hat sich der Bundestag noch nicht angeschaut. Verschwindet das jetzt in einer Schublade?

Alois Rainer: Das wäre ja fatal, wenn man einen Bürgerrat einsetzt und dann nichts daraus macht. Wir werden darüber diskutieren. Das darf nicht in der Schublade verschwinden.

Frage: Der frühere CSU-Chef Horst Seehofer hat 2018 eine Abteilung für Heimat im Bundesinnenministerium erfunden. Seitdem hat man wenig davon gehört. Jetzt wechselt die Zuständigkeit für Heimat in Ihr Ministerium. Was soll sie künftig tun?

Alois Rainer: Heimat ist da, wo das Herz schlägt. Das sind nicht nur die ländlichen Räume, das sind genauso die urbanen Regionen, die Städte. Es geht darum, zu vermitteln, wie toll Heimat ist, wie toll ehrenamtliches Engagement ist, wie toll eigentlich unser Land ist in all seinen Facetten. Heimat, egal wo sie für jeden einzelnen von uns ist, muss funktionieren. Ich bin mir sicher, genau dort, vor Ort, wird die Zukunft der Demokratie entschieden.

Frage: Braucht es dafür eine Abteilung in einem Bundesministerium?

Alois Rainer: Nein, wir werden die entsprechenden Referate des Bundesinnenministeriums in eine bestehende Abteilung meines Ministeriums einbauen. Es gibt ja auch schon die Abteilung für ländliche Räume. Das ist eine Schnittmengenaufgabe für das ganze Ministerium – genauso wie der Bürokratieabbau.

Frage: Herr Rainer, was ist für Sie persönlich Heimat?

Alois Rainer: Haibach, meine Familie, meine Freunde, mein ganzes Umfeld. Die stehen hinter mir, auch wenn mir der Sturm entgegenweht, und der wird wehen.

Quelle: Straubinger Tageblatt vom 12.05.2025

Fragen von Markus Peherstorfer und Markus Lohmüller

Erschienen am im Format Interview

Das könnte Sie auch interessieren

Inverkehrbringen neuer Düngemittel (Thema:Ministerium)

Für die Zulassung von Düngemitteln ist kein formales "Antragsverfahren" vorgesehen. Hersteller oder Inverkehrbringer von "neuen" Düngemitteln können Anfragen zur Änderung/Ergänzung düngemittelrechtlicher Vorschriften an das BMEL richten, um neue Produkte als Düngemittel, Bodenhilfsstoff, Kultursubstrat oder Pflanzenhilfsmittel in den Verkehr bringen zu dürfen.

Mehr

Die Ausbildung zur/zum Verwaltungsfachangestellten (Thema:Ministerium)

Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) sucht neue Auszubildende! Du organisierst und planst gern und magst die Arbeit am PC? Dann bist du bei uns genau richtig!

Mehr