Bündnis für neue Fachkräfte in der Ems-Region

Fachkräfteinitiative Ems-Achse

Für Unternehmen in ländlichen Regionen wird es immer schwieriger, Fachkräfte zu halten und neue zu gewinnen. Durch Fachkräfteinitiativen und begleitende Maßnahmen gelingt es der Region rechts und links der Ems seit mehr als zehn Jahren erfolgreich, dieser Entwicklung zu begegnen und gezielt Arbeitskräfte anzuwerben.

Die "Wachstumsregion Ems-Achse" setzt sich aus dem Verbund der Landkreise Wittmund, Aurich, Leer, Emsland und Grafschaft Bentheim sowie der Stadt Emden im niedersächsischen Grenzgebiet zu den Niederlanden zusammen. Rund 900.000 Menschen leben in der Region, die sich auf einer Fläche von 7.000 Quadratkilometern beiderseits der Ems bis nach Ostfriesland erstreckt.

"Wachstumsbremse" Fachkräftemangel lösen

Initialzündung für die Gründung des Vereins "Wachstumsregion Ems-Achse" im Jahr 2006 war der Lückenschluss der A 31. Durch die Vorfinanzierung der Zinskosten durch Unternehmen, Kommunen, Landkreise und die Niederlande konnte die 42 Kilometer lange Lücke zwischen Ochtrup und Twist bereits 2004, und damit zehn Jahre früher als geplant, geschlossen werden. Es entstand der Wunsch, die erfolgreiche Zusammenarbeit der regionalen Akteure auch auf andere Gebiete auszuweiten und gemeinsame Projekte umzusetzen. Unter Federführung des Landkreises Emsland gelang es, alle wesentlichen Akteure aus Wirtschaft und Kommunen zusammenzubringen. Als Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit der Region wurde dabei frühzeitig die Fachkräftesicherung und -gewinnung ausgemacht.

Vor allem die überwiegend ländlich strukturierten Regionen von Ostfriesland über das Emsland bis in die Grafschaft Bentheim sind vom demografischen Wandel besonders betroffen. Dort wo der Altersdurchschnitt steigt, die Zahl der Erwerbsfähigen schrumpft und junge, gut ausgebildete Menschen auf der Suche nach beruflichen Perspektiven häufig in die Ballungszentren abwandern, steigt die Gefahr des Fachkräftemangels. Insbesondere die klein- und mittelständischen Unternehmen sind dann schnell in ihrer Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit gefährdet.

Den Akteuren war von Beginn an klar, dass sie im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte nur gemeinsam bestehen können. In der Bereitschaft, für die Zukunft der Region gemeinsam an einem Strang zu ziehen, sieht Nils Siemen, stellvertretender Geschäftsführer der Wachstumsregion Ems-Achse e.V. und als Projektleiter verantwortlich für die Umsetzung der Fachkräfteinitiative, eine der wichtigsten Ursachen für den späteren Erfolg der Ems-Achse: "Durch die Überwindung des Kirchturmdenkens konnten wir sehr schnell mit der Umsetzung konkreter gemeinsamer Projekte beginnen."

Die Ems-Achse - ein starkes Bündnis für die Region

Zehn Jahre nach seiner Gründung zählt der Verein Wachstumsregion Ems-Achse e.V. 513 Mitglieder (Stand Oktober 2016). Rund drei Viertel davon sind Betriebe – vom Ein-Mann-Unternehmen bis hin zum Volkswagen-Konzern. Hinzu kommen nahezu alle Kommunen in der Region sowie Kammern, Hochschulen, berufsbildende Schulen, Bildungseinrichtungen und Verbände.

Eines der Ziele des Vereins ist es, in einem starken Bündnis aller Partner die Attraktivität der Region und ihrer Unternehmen zu steigern und überregional bekannt zu machen, um so qualifizierte Fachkräfte aus dem In- und Ausland zu gewinnen. Zu diesem Zweck arbeitet der Verein eng mit den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern vor Ort zusammen. Gemeinsam wurden bis heute an die 40 Maßnahmen zur Fachkräftebindung und -gewinnung ins Leben gerufen und umgesetzt und dabei knapp 22.000 Kontakte zwischen Fachkräften und Unternehmen hergestellt. 2010 startete die erste Fachkräfteinitiative unter dem Titel "Ems-Achse, beste Köpfe - beste Chancen". Inzwischen läuft seit Februar 2016 im Rahmen des Förderprogramms "Regionale Fachkräftebündnisse" des Landes Niedersachen bereits die dritte Auflage.

Die Fachkräfteinitiativen zeichnen sich durch ein umfassendes Bündel an Maßnahmen aus, das von Jobmessen (Ems-Achse mobil), Schülerunternehmensprojekten (junge Ems-Achse) über eine Kindernotfallbetreuung zur Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis hin zu Rückkehrer-Aktionen reicht, um abgewanderte Fachkräfte für eine Rückkehr ins Emsland zu begeistern. Zudem bringen Job-Busse im Rahmen von Tagestouren Jobsuchende, Schüler und Studierende mit verschiedenen Arbeitgebern zusammen. Ergänzt wird dieses umfangreiche Angebot seit Anfang 2011 durch ein flächendeckendes Netz von Fachkräfteservicestellen. Sieben Fachkräftemanager kümmern sich um zuziehende Fachkräfte und unterstützen diese z.B. bei der Suche nach einer Wohnung, einer Arbeitsstellte für ihren Partner oder einem Kindergartenplatz in der Region. Bis Mitte 2015 hatten 1.525 Fachkräfte und ihre Familienmitglieder von diesem Service Gebrauch gemacht.

Die Ems-Achse als erfolgreicher Vorreiter

Zum Zeitpunkt der Einführung handelte es sich bei der Fachkräfteinitiative um ein in dieser Form bundesweit einmaliges Projekt. Mittlerweile gibt es in Deutschland mehr als 800 vergleichbare Initiativen. "Wir hatten das Glück, die Ersten zu sein", ist Nils Siemen überzeugt. Die Ems-Achse war 2009 die erste Region, die das Regionalbudget des Landes Niedersachsen einwerben konnte, das eine direktere Verwirklichung von Projekten in Eigenverantwortung der Region ermöglicht. Ohne die Unterstützung des Landes wäre die Umsetzung um ein vielfaches schwieriger gewesen. Insgesamt stand der Fachkräfteinitiative ein Budget von 1,8 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung. Vom Land erhielt die Ems-Achse zwischen 2010 und 2013 Fördergelder in Höhe von 900.000 Euro, die restlichen 50 Prozent wurden aus Mitteln der beteiligten Kreise und Kommunen sowie der Mitgliedsunternehmen der Ems-Achse finanziert.

Der Erfolg erleichterte es, weitere Fördergelder für zukünftige Projekte einzuwerben. So wird auch die dritte Fachkräfteinitiative 2016 bis 2018 durch das Land Niedersachsen gefördert.

Der Beitrag, den die Initiative zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region leistete, blieb auch den Kommunen und Unternehmen nicht verborgen. Dank steigender Mitgliederzahlen und der Anhebung der Mitgliedsbeiträge erhöhten sich die zur Verfügung stehenden Eigenmittel. Mittlerweile werden 40 Prozent der benötigten Finanzmittel von der regionalen Wirtschaft bereitgestellt, weitere 30 Prozent werden von den Kommunen gestellt, die restlichen 30 Prozent stammen aus unterschiedlichen Förderprogrammen. Für 2015 stand der Ems-Achse insgesamt ein Etat von rund einer Millionen Euro zur Verfügung. Für die Aktivitäten der Fachkräfteinitiative wurden ohne Personalkosten rund 240.000 Euro aufgewendet.

Präsenz auf Job-Messen zahlt sich aus

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war von Beginn an die Präsenz auf Job-Messen. Unter dem Titel "Ems-Achse-mobil" besucht der Verein pro Jahr rund 25 Jobmessen. Ziel ist es, im gesamten Bundesgebiet und in den Niederlanden, Fachkräfte anzuwerben und von den Vorteilen der Region zu überzeugen: günstige Lebenshaltungskosten, ein gutes Kita- und Schulangebot sowie bezahlbare Immobilien und Baugrundstücke spielen bei der Entscheidungsfindung für die Region eine wichtige Rolle.

Was 2010 noch sehr provisorisch begann, ist inzwischen längst etabliert. "Unser erster Messestand bestand noch aus einem alten Küchentisch, zwei gebrauchten Bürostühlen und einem Teppich", erinnert sich Nils Siemen. Heute ist der professionell ausgestattete Stand ein vielbesuchtes Ziel bei Messebesuchern und ein wichtiger Baustein für die Gewinnung von Fachkräften und die Vermarktung der Region als attraktives Wohn- und Lebensumfeld.

Mit Engagement zum Erfolg

In den vergangenen zehn Jahren ist es der Region gelungen, sich eine gute Ausgangsposition im bundesweiten Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte zu verschaffen. Sie zählt heute zu den dynamischeren Wirtschaftsregionen Deutschlands. Seite dem Jahr 2000 ist die Beschäftigung hier wesentlich stärker gestiegen als im übrigen Bundesgebiet. Auch die Nachfrage von Fachkräften aus ganz Deutschland und den Niederlanden nimmt stetig zu. So hat sich innerhalb der letzten fünf Jahre etwa die Zahl der Grenzpendler aus den Niederlanden nach Niedersachsen auf 1.230 verdoppelt. Mittlerweile gibt zahlreiche Anfragen aus anderen Regionen, die sich für das Modell der Fachkräfteinitiative interessieren.

Hinter alldem steht ein großes Bündnis und erhebliches finanzielles und persönliches Engagement. Ein wesentlicher Faktor sind wie so oft die Menschen, die sich sowohl haupt- als auch ehrenamtlich einbringen. "Ohne die Menschen vor Ort und ihre Motivation und Kreativität wäre die über Jahre erfolgreiche Arbeit nicht möglich gewesen", ist Nils Siemen überzeugt. "Das A und O ist die Zusammenarbeit!"

Langer Atem und neue Ideen

Ein weiterer wichtiger Faktor sind Beharrlichkeit und ein langer Atem. Gerade bei der Fachkräftegewinnung kommt es auf langfristige Strategien an. Viele der Maßnahmen werden sich erst in einigen Jahren für die Region auszahlen. Daher setzt die Ems-Achse auf Kontinuität, die sich auch in der mittlerweile angelaufenen dritten Fachkräfteinitiative zeigt. Um auch zukünftige Maßnahmen gezielt auf den Bedarf der Unternehmen der Region ausrichten zu können, steht die Geschäftsstelle der Ems-Achse in regelmäßigem Austausch mit den beteiligten Unternehmen. Neben Betriebsbesuchen findet einmal jährlich eine gemeinsame Fachkräftewerkstatt statt, die neben der Evaluation auch der Ideenfindung dient.

Im September 2016 startete ein Projekt zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Zusätzlich zur Vermittlung von Arbeitskräften spielt hier die Förderung des interkulturellen Austauschs und der gegenseitigen Verständigung eine zentrale Rolle.

Erschienen am im Format Good Practice

Adresse

Papenburg
26871 Papenburg, Niedersachsen

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