Karrierenetzwerk motiviert zur Rückkehr

HEIMVORTEIL HSK

Mit einem kreativen, emotionalen Ansatz versucht der Hochsauerlandkreis (HSK), seine Vorzüge als lebenswerte Region mit beruflichen Perspektiven zu vermitteln, um so Sauerländer zur Rückkehr in die Heimat zu bewegen und als Fachkräfte für örtliche Unternehmen zu gewinnen.

Junge Fachkräfte gehen der Region verloren

Auch wenn jeder Dritte zwischen 18 und 25 Jahren das Sauerland zum Studieren oder für den Job verlässt, so bleibt bei vielen die enge Verbundenheit zur Region bestehen. Hier ist man aufgewachsen, hier lebt die eigene Familie und auch Freunde sind im Sauerland geblieben. Junge, gut qualifizierte Menschen fehlen deshalb insbesondere in ländlichen Regionen als Fachkräfte für die örtlichen Unternehmen. Im Zuge des demografischen Wandels und einer Abnahme der Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten kann dies zu einem Engpass für die überwiegend mittelständischen Betriebe und ihre Entwicklung führen.

Um dem entgegenzusteuern, verfolgt die Region Südwestfalen bereits seit 2011 ein gezieltes Regionalmarketing. Unter dem Dach der Südwestfalen Agentur GmbH haben sich der Hochsauerlandkreis, Märkischer Kreis und die Kreise Olpe, Soest und Siegen-Wittgenstein zusammengeschlossen, um die Kräfte von Wirtschaft und Politik zu bündeln und durch gemeinsame Aktionen die Region bekannter zu machen. Maßgeblich unterstützt wird dieser Prozess durch mehr als 230 Unternehmen und Institutionen, die im Verein "Wirtschaft für Südwestfalen e.V." organisiert sind. Im Herbst 2012 wurde unter dem Titel "Südwestfalen – Alles echt!" die erste gemeinsame Marketing-Kampagne, die vor allem die Gewinnung von Fachkräften verstärkt in den Blick nimmt, gestartet.

Das Mitte 2015 angelaufene Gemeinschaftsprojekt "HEIMVORTEIL HSK" der Südwestfalen Agentur und der Wirtschaftsförderung Hochsauerlandkreis, das gezielt Rückkehrer anspricht, ist Teil dieser übergreifenden Kampagne. Der Hochsauerlandkreis mit rund 262.000 Einwohnern entwickelt das Projekt HEIMVORTEIL HSK als Modellregion für ganz Südwestfalen. Die gewonnenen Erfahrungen sollen auf die gesamte Region übertragen werden.

Land(auf)Schwung ermöglicht flexible Umsetzung

Unterstützt wird das Projekt aus Mitteln des Modellvorhabens Land(auf)Schwung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es richtet sich an Landkreise, die aufgrund des demografischen Wandels, ihrer Wirtschaftskraft oder der Gegebenheiten der Daseinsvorsorge vor besonderen Herausforderungen stehen. Der Hochsauerlandkreis wurde als eine von bundesweit 13 Regionen ausgewählt. Für das Projekt "HEIMVORTEIL HSK" werden rund 450.000 Euro zur Verfügung gestellt. "Schon vorher gab es viele Ideen", so Tobias Eggenstein, Regionalmanager für Land(auf)Schwung bei der Entwicklungsgesellschaft HSK mbh (EWG), "ein Problem war aber die Finanzierung der konkreten Umsetzung. Zum Glück konnte das Förderprogramm Land(auf)Schwung genutzt werden, das eine flexible Umsetzung der vielfältigen Projekte erlaubt." Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hochsauerlandkreis, die Südwestfalen Agentur und die organsierten Unternehmen sind mit Eigenmitteln beteiligt.

Gruppenfoto
Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums Meschede nehmen die HEIMVORTEIL2go Box entgegen © WFK HSK

Die Vielfalt der Angebote reicht von HEIMVORTEIL2Go Boxen mit Produkten interessanter heimischer Unternehmen, die an Schulen und Fachhochschulen verteilt werden, über Aktionen auf Schützenfesten bis hin zu Rückkehrer-Stammtischen. So werden die verschiedenen Zielgruppen in ihrer aktuellen Lebenssituation angesprochen. Die Verbundenheit zur Heimatregion soll bereits vor einem Wegzug vertieft werden. Viele der Aktionen wirken zudem unterschwellig. So wird mit der HEIMVORTEIL2Go Box, die mit Produkten und kleinen Give-aways namhafter regionaler Unternehmen sowie einem Kurzportrait der beteiligten Firmen befüllt ist, auf Karrieremöglichkeiten aufmerksam gemacht. Die Box wurde 2016 an rund 2.000 Abiturienten und Studenten verteilt und soll 2017 in einer höheren Auflage von 2.500 bis 3.000 Stück produziert werden. Die Finanzierung erfolgt zum größten Teil durch die Unternehmen, die die Produkte beisteuern und pro Box zusätzlich einen Beitrag von 0,50 Euro zahlen.

Durch Foto- und Postkartenaktionen auf Schützenfesten soll das Projekt bekannter gemacht werden. Sie dienen aber auch der gezielten Kontaktaufnahme zur Zielgruppe der "Exil-Sauerländer", die zu diesen Festen in die Heimat kommen. Damit der Kontakt zur Region nicht abbricht, kommt auch den sozialen Netzwerken eine wichtige Bedeutung zu. So folgen mittlerweile 3.500 Fans der Facebook-Seite der "HEIMVORTEIL HSK", um sich über aktuelle Jobangebote und Veranstaltungen zu informieren. In den letzten Jahren ist es auf diese Weise gelungen, ein umfassendes Kontaktnetzwerk für potentielle Rückkehrer aufzubauen.

Die Kampagne spielt zudem auf humorvolle Art und mit einem Augenzwinkern gezielt mit Klischees und Stereotypen über das Sauerland. So ist das Lied der Gruppe Zoff über das Sauerland aus den achtziger Jahren schon seit längerem ein fester Bestandteil des Regionalmarketings und hat zu einem verstärkten Wir-Gefühl der ganzen Region beigetragen. Das Sauerland betont selbstironisch die lokalen Eigenheiten als Alleinstellungsmerkmal, macht aber gleichzeitig deutlich, dass die Region mehr zu bieten hat als grüne Wiesen und Kühe. Denn als Teil der drittstärksten Wirtschaftsregion Deutschlands mit vielen familiengeführten, oft technologieorientierten Unternehmen und über 150 Weltmarkführern in Südwestfalen, bietet das Sauerland nicht nur gute berufliche Perspektiven, sondern auch eine hohe Lebensqualität.

Rückkehrer-Stammtisch

Ein weiterer wichtiger Baustein ist der Aufbau einer Willkommensstruktur für diejenigen, die sich dazu entschlossen haben, in die Heimat zurückzukommen. So bekommen Rückkehrwillige die Möglichkeit, sich über einen kurzen Steckbrief potentiell interessierten Unternehmen vorzustellen, und finden in der Region direkte Ansprechpartner. Die Projektleiterin Sandra Schmitt steht Interessierten persönlich bei allen wichtigen Fragen von der Jobsuche über die Wohnungssuche bis zur Vermittlung eines Kindertagesstätten-Platzes mit Rat und Tat zur Seite. Monatliche Rückkehrer-Stammtische in Olsberg und Neheim eröffnen denen, die wieder in der Heimat angekommen sind, zudem eine gute Gelegenheit sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Diese Angebote werden laut Sandra Schmitt, gut angenommen. Inzwischen wurden auch in der benachbarten LEADER-Region Hochsauerland in Brilon und Winterberg Stammtische für Neu- und Wiedersauerländer eingerichtet, die sich am Vorbild der Rückkehrer-Stammtische orientieren.

Geschichten und Erfahrungen von Rückkehrern sind auf der Internetseite der Wirtschaftsförderungsgesellschaft HSK in Form von Kurzinterviews nachzulesen. Sie sollen anderen als Anreiz dienen, es ihnen gleich zu tun und zurückzukommen. "Die vielfältigen Aktivitäten wirken sich bereits positiv aus", berichtet Sandra Schmitt. "Seit Beginn des Jahres gab es rund 30 Anfragen von interessierten Exil-Sauerländern."

Alles echt! – Authentizität, die überzeugt

Die Authentizität ist wohl auch einer der Gründe für die vielen positiven Rückmeldungen und den Erfolg der zahlreichen Aktionen. Unterstrichen wird sie noch dadurch, dass viele Beteiligte des Projektes Rückkehrer ins Sauerland sind und deshalb die Idee auch nachvollziehbar vertreten können. Das betrifft sowohl die Projektleiterin Sandra Schmitt, als auch Tobias Eggenstein: "Ich bin in Arnsberg geboren und aufgewachsen und habe die Region nach einer zweijährigen Ausbildung zum Industriekaufmann verlassen", erzählt er. "Nachdem mich mein Studium nach Trier, Edinburgh und Hamburg geführt hatte, bin ich letztlich durch einen Zufall beim Hochsauerlandkreis gelandet, wo ich nunmehr seit fünf Jahren tätig bin." Die Beteiligten wissen also ganz genau, wovon sie reden, und haben ähnliche Erfahrungen wie die heutigen Rückkehrer gemacht.

Eine junge Frau steht hinter einem Tisch vor einer Präsentationswand für die Region Südwestfalen.
Projektleiterin Sandra Schmitt wirbt auf einer Veranstaltung an der FH Südwestfalen um zukünftige Fachkräfte © WFK HSK

"Die Resonanz der regionalen Unternehmen ist groß", berichtet Sandra Schmitt. "Um den Erfolg messbar zu machen, wird es nach Ende der Laufzeit zunächst eine Evaluation geben. Wir wollen herausfinden, welche Auswirkungen die Maßnahmen auf die Bewerberzahlen haben, und ob es sich bei ihnen wirklich um Rückkehrer handelt. Die Projekte sollen auf jeden Fall auch nach Ablauf der Förderung fortgesetzt werden. Wenn es nicht gelingen sollte Fördermittel einzuwerben, ist es auch denkbar, die Unternehmen der Region stärker an der Finanzierung zu beteiligen." Sandra Schmitt weiß: "Auch andere südwestfälische Kreise haben Interesse, ein vergleichbares Konzept umzusetzen, und sogar aus Thüringen gab es bereits eine Anfrage. Um ihnen den Weg zu erleichtern, ist die Erstellung eines Handbuchs geplant."

Weitere Ideen für zukünftige Projekte gibt es schon. So zeichnet sind bereits heute ab, dass es zunehmend schwieriger wird, genügend Medizinerinnen und Mediziner zu finden, die bereit sind, sich in ländlichen Gemeinden niederzulassen und die Nachfolge für einen altersbedingt ausscheidenden Arzt zu übernehmen. Noch im Dezember 2016 startet eine Aktion, bei der Ärzte aus der Region in kurzen Videobotschaften auf der Internetseite, auf Facebook und Instagram von ihren Erfahrungen berichten und erzählen, warum es sich lohnt, im ländlichen Raum eine Praxis als "Landarzt" zu eröffnen.

Erschienen am im Format Good Practice

Adresse

Meschede
59872 Meschede, Nordrhein-Westfalen

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