Erschienen am im Format Pressemitteilung Nr. 67/2018

Bundesministerin Klöckner auf dem Deutschen Bauerntag

Die Deutschen Bauern trafen sich Mittwoch und Donnerstag in Wiesbaden. Die Tagung der Mitglieder des Deutschen Bauernverbandes fällt in eine bewegte Zeit für die Landwirtschaft: Diskussionen um mehr Tierwohl, Reduktion von Pflanzenschutzmittel oder die Europäische Agrarreform.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner erklärt in ihrer Rede:

"Der Deutsche Bauerntag ist ein besonderer Tag. Bauern erzeugen unsere Mittel zum Leben. Bauern pflegen unsere Kulturlandschaft. Sie sind Träger vieler Traditionen und Innovationen, die unsere Heimat und speziell die ländlichen Regionen prägen. Darauf bin ich stolz. Ich will dafür sorgen, dass wieder mehr Menschen unsere Bauern und unsere Landwirtschaft wertschätzen. Denn wer heute als Landwirt bestehen will, muss sich zwangsläufig immer wieder mit Neuem auseinandersetzen, treibt Innovationen voran und versorgt uns tagtäglich mit gesunden und hochwertigen Lebensmitteln.

Die Zukunftsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft steht und fällt mit ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz. Ich will hier auch die Verbraucher in die Pflicht nehmen. Ich will, dass wir die Debatten auf der Grundlage von Fakten führen. Auf der Grundlage von Wissenschaft. Und nicht auf der Grundlage von Ideologien, von Unterkomplexität, von Nicht-Wissen. Unsere Bauern tragen Verantwortung für Boden und Tier. Darauf sollten wir stolz sein. Wir brauchen aber auch Veränderungen. Wir müssen manche Entwicklung kritisch hinterfragen. Ich will, dass wir diese Veränderungen gemeinsam gestalten - mit Innovation, mit moderner Technik, mit modernen Konzepten. Alle gehören an einen Tisch, wenn wir zum Ziel kommen wollen. Wenn wir miteinander reden und nicht nur übereinander.

"Zukunft wächst auf dem Land" - das ist das Motto des diesjährigen Bauerntages. Das ist richtig, aber kein Selbstläufer. Der Ländliche Raum ist der wesentliche, prägende Teil unseres Landes – das Zentrum der mittelständischen Wirtschaft und damit Kraftzentrum unseres Landes. Ohne Landwirtschaft stirbt der ländliche Raum. Ich will Start-Ups nicht nur in Berlin, München, Köln oder Hamburg. Ich will sie vom Emsland bis in die Altmark. Genau das brauchen wir, wenn die Zukunft auf dem Land wachsen soll. Früher erforderte das Gehen Mut. Heute ist das Gehen oft der einfachere Weg. Wer bleibt, braucht Mut, braucht Unternehmergeist. Diesen Unternehmergeist müssen wir stützen.

Die Landwirtschaft ist ja bereits Treiber der Digitalisierung. Auch etwas, das vielen in der Stadt nicht bewusst ist. Ich merke das, wenn ich in Berlin zum Beispiel von meinem Besuch auf einem Hof im Hunsrück erzähle. Wo die Kühe nicht nur eine wunderbare Aussicht haben. Sondern wo deren Gesundheit und Wohlbefinden digital überwacht werden. Mit Rückschlüssen zum Stoffwechsel und Gesundheitszustand – passgenau für jedes einzelne Tier. Wir müssen mehr darüber reden, was moderne Landwirtschaft ausmacht. Wie Digitalisierung zu mehr Tierwohl, zu mehr Nachhaltigkeit führt. Ich bin überzeugt, dass es uns auch damit gelingt, die Wertschätzung und die Akzeptanz für die Landwirtschaft neu zu erringen.

Vor dem Wachsen und Ernten der Zukunft auf dem Land, steht das Säen. Im Koalitionsvertrag sind für die kommenden Jahre 1,5 Milliarden Euro vorgesehen, für die Landwirtschaft und die Ländliche Entwicklung. Damit können wir eine gute Saat ausbringen. Wir können in eine moderne Landwirtschaft investieren. Und in die Ländlichen Räume. Wir wollen die GAK (Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes") breiter aufstellen. Das ist der richtige Weg. Wer die Verbesserung von Agrarstruktur, Hochwasser- und Küstenschutz erfolgreich betreiben will, der braucht starke ländliche Räume.

Und ja, es ist viel Geld, das in der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik steckt. Aber es ist Geld, das gut angelegt ist. Aber natürlich gibt es viele Befindlichkeiten, Begehrlichkeiten und Emotionen. Im Koalitionsvertrag haben wir ganz klar definiert, dass wir das Volumen der GAP im bisherigen Umfang beibehalten wollen. Dafür werde ich kämpfen, gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern. Wer die bäuerlichen Betriebe in unserem Land erhalten will, kann bei den Direktzahlungen nicht die Axt anlegen. Denn dieses Geld ist die Basisabsicherung für unsere Bauern. Es gleicht den Aufwand für unsere hohen europäischen Standards aus. Denn Sie stehen und bestehen im globalen Wettbewerb.
Weniger Bürokratie und mehr Effizienz für eine marktfähige, flächendeckende bäuerliche Landwirtschaft: Dieses Ziel haben wir in der Koalition für die GAP nach 2020 fixiert. Hierbei nehme ich Kommissar Hogan beim Wort: Vereinfachung wie eine Werbeschild vor sich hertragen und den Mitgliedsstaaten dann das Päckchen mit „Mach mal!“ weiterreichen, das geht nicht.

Unsere Nutztierstrategie weist den Weg in eine Tierhaltung mit Zukunft. Sie nimmt neben dem Tierwohl auch den Umweltschutz und Emissionen in den Blick. Ich bin ganz bei Ihnen, wenn wir langfristig eine europäische Lösung anstreben. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam unser nationales Tierwohlkennzeichen auf einen guten Weg bringen und dann das dicke europäische Brett bohren.
Bei der Ferkelkastration haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass zusätzlich zu den bestehenden Wegen für weitere tierschutz- und praxisgerechte Alternativen zur Ferkelkastration die rechtlichen Voraussetzungen auf wissenschaftlicher Grundlage geschaffen werden sollen. Dazu stehen wir. Eine Änderung des Tierschutzgesetzes wird nicht an uns scheitern. Reden Sie mit Ihren Landesregierungen über dieses Thema.

Nutztierhaltung ermöglichen, heißt auch, Risiken reduzieren. Deshalb müssen zu einem effektiven Wolfsmanagement kommen. Artenvielfalt ist wichtig, aber es kann ja nicht sein, dass wir wegen einiger Problemwölfe unsere Freilandhaltung neu erfinden müssen. Gestern habe ich mit den Länderkollegen Schmidt und Backhaus ein sehr konstruktives Gespräch zum weiteren Vorgehen gehabt. Es ist wichtig, dass wir 100 Prozent Entschädigung für die Präventionsmaßnahmen der Tierhalter sicherstellen. Wir sind uns einig, dass wir einen klaren Kriterien- und Maßnahmenkatalog brauchen. Wir brauchen Rechtssicherheit zur Entnahme von Wölfen.

Mir ist wichtig, dass unsere Bauern anpackend und zupackend unsere Zukunft gestalten: Mit neuen Techniken, neuen Methoden, um Pflanzenschutzmittel zu reduzieren und für noch mehr Tierwohl zu sorgen.
Ich will eine Landwirtschaft, die stolz ist. Stolz darauf, wirtschaftlich tragfähig und gesellschaftlich akzeptiert zu sein. Die attraktiv ist für junge Menschen. Die sich selbstbewusst den gesellschaftlichen Debatten stellt."

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