Erschienen am im Format Pressemitteilung Nr. 98/2020

Historikerkommission blickt auch in dunkle Kapitel des Bundeslandwirtschaftsministeriums

Bundesministerin Julia Klöckner nimmt Abschlussbericht zur Geschichte des Bundesministeriums entgegen

Von der Weimarer Republik über die NS-Diktatur, die Zonenverwaltung und das geteilte Deutschland bis hin zur Bundesrepublik: Das heutige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft blickt auf eine wechselvolle Geschichte und mehrere Vorgän-gerinstitutionen zurück.

Um diese Historie im Kontext der Geschichte des 20. Jahrhunderts zu beleuchten, hatte das Bundesministerium im Juli 2016 eine unabhängige Historikerkommission eingesetzt. Nach rund dreieinhalb Jahren Arbeit hat sie heute ihren Abschlussbericht an die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, übergeben. Auf rund 700 Seiten haben die Experten unter Vorsitz von Prof. Dr. Horst Möller die Brüche und Kontinuitäten des Ministeriums und der deutschen Agrarpolitik dargestellt und analysiert:

  • den Kampf gegen Hunger in Krisenzeiten,
  • den Konflikt zwischen Marktsteuerung- und Liberalisierung sowie
  • die massive Ideologisierung der Agrarpolitik in der NS-Zeit.

Die Beteiligung des Ministeriums an der verbrecherischen Siedlungspolitik wird in dem Bericht ebenso umfänglich aufgearbeitet, wie auch die höchst umstrittene Weiterbeschäftigung NS-belasteter Beamter bis in die Achtzigerjahre.

Bundesministerin Julia Klöckner dankte den Mitgliedern der Kommission für ihre Arbeit, für die ihnen volle Akteneinsicht gewährt worden war. Sie betonte: "Der Bericht schafft Transparenz über die Vergangenheit unseres Ministeriums. Er ist ehrlich, teilweise schonungslos. Ganz bewusst wurde der Auftrag der Kommission zeitlich weit zurückgreifend gefasst. Denn wenn wir eines nicht zulassen dürfen, dann, dass unbequeme Wahrheiten unter den Teppich gekehrt werden. Nur wer aus der Geschichte lernt, ist aufmerksam für die Zukunft – gerade, wenn sie an der ein oder anderen Stelle schmerzhaft ist.

Entscheidend ist, die richtigen Lehren auch aus den dunkelsten Kapiteln unserer Geschichte zu ziehen. Für mich heißt das, gerade als Konsequenz aus der NS-Zeit: Zur Einigung Europas, zur Stärkung und Bewahrung des europäischen Binnenmarktes und einer gemeinsamen europäischen Agrarpolitik gibt es keine Alternative. Und das ist die sehr positive Botschaft des Berichts: Unser Ministerium hat über die Zeit eine pro-europäische Perspektive eingenommen. Das weiterzuführen – auch das ist ein klarer Auftrag aus dem Blick in den Rückspiegel."

Hintergrund:

Die Unabhängige Historikerkommission beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurde 2016 eingesetzt. Ihr Abschlussbericht, der unter dem Titel "Agrarpolitik im 20. Jahrhundert – Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und seine Vorgänger" im Verlag De Gruyter Oldenbourg erscheint, gliedert sich in sechs Themenkomplexe:

  1. Vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Weimarer Republik
  2. Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft in der Zeit des National-sozialismus
  3. Landwirtschaftspolitik unter alliierter Besatzung 1945 – 1949
  4. Landwirtschaftsministerium und Agrarpolitik in der alten Bundesrepublik
  5. Das DDR-Landwirtschaftsministerium – Politik und Personal
  6. Sechzig Jahre Europäisierung der Agrarpolitik – Interessen, Konflikte, Weichen-stellungen. Eine historisch-politische Betrachtung

Mitglieder der Unabhängigen Historikerkommission sind:

  • Prof. Dr. Horst Möller, Vorsitzender der Unabhängigen Historikerkommission beim BMEL, ehemaliger Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in München
  • Prof. Joachim Bitterlich, Botschafter a.D., Professor an der ESCB (Ecole Supérieure de Commerce de Paris)
  • Prof. Dr. Gustavo Corni, em. Professor für Zeitgeschichte, Universität Trient
  • Prof. Dr. Andreas Dornheim, außerplanmäßiger Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
  • Prof. Dr. Friedrich Kießling, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
  • Prof. Dr. Daniela Münkel, Projektleiterin beim Bundesbeauftragten für die Unter-lagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, außerplanmäßige Professorin an der Leibniz Universität Hannover
  • Prof. Dr. Ulrich Schlie, Ministerialdirektor a. D., Henry Kissinger Professor für Sicherheits- und Strategieforschung an der Universität Bonn

 

Die Veranstaltung im Livestream können Sie hier verfolgen:

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Erschienen am im Format Pressemitteilung

Rede von Bundesministerin Julia Klöckner (17.6.2020)