Özdemir: "Brücken bauen, damit alle Menschen auf der Welt satt werden"
Agrarministerinnen und -minister aus rund 65 Ländern wollen globale Agrar- und Ernährungssysteme nachhaltiger und widerstandsfähiger machen
Unter Vorsitz von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir haben sich die Agrarministerinnen und Agrarminister aus 65 Staaten bei der 16. Berliner Agrarministerkonferenz dazu verpflichtet, den Pfad der notwendigen Transformation hin zu nachhaltigen und damit widerstandsfähigen Landwirtschafts- und Ernährungssystemen weiterzugehen. In ihrer Abschlusserklärung unterstrichen die Ministerinnen und Minister, dass nur so das Recht auf angemessene Nahrung für alle Menschen umgesetzt werden kann.
Sie erkannten an, dass die Welt durch die Klima- und Biodiversitätskrise ins Wanken geraten ist und sagten zu, landwirtschaftliche Verfahren und Technologien zu fördern, die eine nachhaltige Lebensmittelherstellung stärken. Zudem machten sie klar, dass der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg gegen die Ukraine den Hunger in der Welt drastisch erhöht hat.
Zum Abschluss der Berliner Agrarministerkonferenz, die unter dem Leitthema "Ernährungssysteme der Zukunft: Gemeinsam für eine Welt ohne Hunger" stand, erklärt Bundesminister Özdemir:
„Jeder Zehnte Mensch geht hungrig zu Bett. Angesichts dessen müssten wir als Weltgemeinschaft eigentlich enger zusammenrücken, doch stattdessen droht die Welt in Lager zu zerbrechen. Wir Agrarministerinnen und -minister haben ein deutliches Zeichen gesetzt, dass wir uns damit nicht abfinden können und wollen. Agrarpolitik bedeutet immer auch Agrardiplomatie – nur gemeinsam schaffen wir Ernährungssicherheit. Wir verstehen uns als Brückenbauer, die scheinbar gegensätzliche Herausforderungen zusammen lösen. Das Recht auf Nahrung setzen wir nicht um, wenn wir nur auf Produktionssteigerung setzen, aber Klimakrise und Artensterben ausblenden – beides bedroht die Grundlagen unserer Landwirtschaft schon heute. Mancherorts verdorrt das Getreide am Halm, während anderswo Fluten und Stürme ganze Ernten vernichten. Die Klimakrise ist die größte Bedrohung, die die Landwirtschaft kennt.
Wir sind da realistisch, das lösen wir nicht alleine. Deswegen ist unsere Erklärung auch ein Auftrag an uns selbst und gibt uns Rückenwind, in unseren Regierungen für den Schutz der natürlichen Ressourcen zu streiten. Alle Politikfelder müssen gemeinsam und kohärent handeln, um das Recht auf Nahrung für alle Menschen dauerhaft zu verwirklichen. Auch das ist Aufgabe der Agrardiplomatie.
Die Agrarpolitik kann weltweit Perspektiven schaffen – für Frauen in der Landwirtschaft, für Indigene und für die nächsten Generationen. Und wir setzen auf echte Partnerschaften gerade mit den Ländern des globalen Südens, um die Versorgung vor Ort zu stärken und Abhängigkeiten abzubauen. Ein Schlüssel dafür ist bedingungsloser Wissenstransfer – Deutschland geht hier etwa mit der Zukunftspartnerschaft mit der Afrikanischen Union entschlossen voran.“
Neben den Agrarministerinnen und Agrarministern diskutierten auf der Berliner Agrarministerkonferenz auch hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von elf internationalen Organisationen, wie das Recht auf angemessene Nahrung umgesetzt werden kann.
Das Abschlusskommuniqué der 16. Berliner Agrarministerkonferenz finden Sie hier.
Den Doorstep von Bundesminister Cem Özdemir, der Landwirtschaftskommissarin der Afrikanischen Union, Josefa Sacko, und dem brasilianischen Minister für Agrarentwicklung und Familienlandwirtschaft, Paulo Teixeira, können Sie hier noch einmal anschauen.
Wesentliche Ergebnisse der 16. Berliner Agrarministerkonferenz:
- Menschenrecht auf Nahrung umsetzen: Angemessene Nahrung muss für alle verfügbar, zugänglich und bezahlbar sein. Die Umsetzung der Freiwilligen Leitlinien zum Recht auf Nahrung der FAO sollen hierzu gestärkt und noch besser bekannt gemacht werden.
- Nachhaltige und resiliente Transformation der Ernährungssysteme: Die Ministerinnen und Minister verpflichten sich zur beschleunigten Transformation hin zu nachhaltiger, lokaler, standortangepasster und resilienter Landwirtschaft, um SDG 2 „Zero Hunger“ und weitere Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu erreichen.
- Klimaschutz und Biodiversität: Agrarökologische Ansätze, ökologischer Landbau, Agroforstsysteme und Kreislaufwirtschaft sollen dazu beitragen, die Klimakrise und den Biodiversitätsverlust aufzuhalten. Regionale Kreisläufe und regionale Lieferketten sowie nachhaltiger Konsum sollen gefördert werden.
- Stärkung vulnerabler Gruppen: Vulnerable Gruppen sind von Ernährungsunsicherheit, Mangelernährung und multiplen Krisen besonders betroffen und sollen daher gestärkt werden. Gleichberechtigte Partizipation, insbesondere der jungen Generation und von Frauen, ist von entscheidender Bedeutung.
- Rolle von Frauen im landwirtschaftlichen Sektor stärken: Ungleichbehandlung soll verringert werden, indem Frauen in der Landwirtschaft — auch in Führungspositionen — gestärkt werden. Frauen sollen einen besseren Zugang zu Land und Betriebsmitteln bekommen.
- Governance stärken: Nachhaltigkeit braucht funktionierende Strukturen. Dies gilt insbesondere für sichere Landrechte, den Zugang zu hochwertigem Saatgut sowie einen gerechten Zugang zu Finanzmitteln und zur ländlichen Infrastruktur. Für einen systemischen Ansatz sollen die sektorübergreifende Koordinierung und Kohärenz politischer Maßnahmen gefördert werden.
- Globale Lebensmittelverschwendung halbieren: Bis 2030 sollen Lebensmittelverschwendung und -verluste entlang der gesamten Wertschöpfungskette drastisch reduziert werden. Dafür braucht es neben konkreten Zielen effektive Maßnahmen; Lebensmittelverluste und -verschwendung müssen gemessen werden und alle Akteure müssen engagiert mitwirken – von der Primärproduktion bis zu den privaten Haushalten.
- Dünge- und Pflanzenschutzmanagement verbessern: Nachhaltige Düngemittelproduktion und -verwendung soll gestärkt werden, um Erträge zu stabilisieren und eine weltweite Versorgungsknappheit zu vermeiden. Das Düngemanagement soll Teil der integrierten, nachhaltigen Bodenbewirtschaftung sein. Länder des globalen Südens sollen bei der nachhaltigen Produktion von Düngemitteln unterstützt werden.