Wir wollen die Erfolgsgeschichte Ökolandbau weiterschreiben
Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner zur Eröffnung der Biofach
Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede,
Zum 70-jährigen Bestehen des Bundestages hat sich das Portal Zeit online etwas Besonderes einfallen lassen. Es hat alle Reden im Parlament seit 1949 in einer Datenbank gespeichert und sie mit einer Suchfunktion versehen. Im Jahr 1984 ist der Begriff "bio" im Bundestag erstmals gefallen – genau wie der Begriff "ökologischer Landbau".
Heute, 36 Jahre später, sind Bioprodukte weltweit auf dem Vormarsch. Das Konsumklima und die Absatzchancen für Bioprodukte entwickeln sich seit Jahren sehr positiv. Deutschland hat immer noch den größten Biomarkt in der EU und der Aufwärtstrend hält an.
Für viele Unternehmen ist "bio" heute selbstverständlicher Teil ihres Nachhaltigkeitskonzepts. Auch Allianzen zwischen Anbauverbänden und Discountern werden damit zur Normalität und als Chance für alle Marktpartner verstanden.
Damit dies langfristig trägt, ist jedoch ein dauerhaft verlässliches, faires Miteinander, ein Handel auf Augenhöhe erforderlich. Und ich möchte es an dieser Stelle betonen. Dass Bioprodukte eine zunehmend starke Marktposition erlangen, ist gut so! Denn der ökologische Landbau kann weltweit einen wichtigen Beitrag leisten, wenn es darum geht, drängende Fragen des Umweltschutzes und der Landwirtschaft zu beantworten.
Wie dies auf betrieblicher Ebene umgesetzt werden kann, zeigen unter anderem die Preisträger des Bundeswettbewerbs Ökologischer Landbau. Dieses Jahr wurde er bereits zum zwanzigsten Mal an Betriebe mit Leuchtturmwirkung vergeben. Teil des Erfolgsrezepts ist in vielen Fällen die gemeinsame Zielsetzung: Es sind die enge Verbindung und die hohe Verbindlichkeit, die zwischen Erzeugung, Verarbeitung und Verbrauch gesucht und eingegangen wird.
Der "Green Deal", den Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor kurzem vorgestellt hat, räumt der Nachhaltigkeitsentwicklung der Landwirtschaft einen großen Stellenwert ein. Die Ausdehnung des ökologischen Landbaus in Europa wird als ein wichtiges Instrument benannt, um die Ziele der „From farm to fork“-Strategie zu erreichen.
Das ist Rückenwind für unser Ziel, bis 2030 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch zu bewirtschaften.
Wie das BMEL den ökologischen Landbau fördert
Wir wollen die Erfolgsgeschichte Ökolandbau weiterschreiben. Er wird bei jedem unserer Arbeitsfelder mitgedacht: Klimaschutz, Tierwohl, bei unserer Ackerbaustrategie und der Nutztierhaltungspolitik, beim Insektenschutz, bei der GAK und der GAP. Nur so erreichen wir unser 20-Prozent-Ziel, auf das wir uns in unserer Zukunftsstrategie ökologischer Landbau geeinigt haben.
Künftig wollen wir noch stärker an der Vernetzung der verschiedenen Politikbereiche und Strategien arbeiten – auch über Ressortgrenzen hinweg. Die anstehende Überprüfung und Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie bietet hierfür eine gute Chance.
Neben dem politischen Engagement unterstützen wir den ökologischen Landbau mit speziellen Förderprogrammen. Und zwar seit vielen Jahren. So beteiligt sich der Bund an Zahlungen an Betriebe für die Umstellung auf sowie die Beibehaltung der ökologischen Bewirtschaftung. Allein dafür wurden 2018 im Rahmen der GAK-Ökolandbauförderung insgesamt fast 110 Millionen Euro Bundes- und Landesmittel verausgabt.
Darüber hinaus partizipiert der Ökolandbau an weiteren GAK-Maßnahmen wie der Investitionsförderung. Wichtiges Instrument zur Umsetzung und Finanzierung der Aktivitäten der ZöL ist weiterhin das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN). 2020 ist das BÖLN mit knapp 29 Millionen Euro ausgestattet.
In besonderem Maße möchten wir in den kommenden Jahren mit diesen Fördermitteln auch den Einsatz von Biolebensmitteln in der Außer-Haus-Verpflegung unterstützen. Hier schlummert ein enormes Potential für die Nachfrageentwicklung. Unter dem Motto "BioBitte" möchten wir Institutionen, aber vor allem Städte und Kommunen unterstützen, die mehr Biolebensmittel in öffentliche Verpflegungsangebote integrieren möchten.
Reform der EU-Ökoverordnung
Einen verlässlichen und praxisgerechten Rechtsrahmen zu gewährleisten – das ist die Hauptaufgabe, die uns als Bund zukommt. Hier sind wir seit 2014 ganz besonders gefordert. Mit Start des kommenden Jahres braucht die europäische Bio-Branche ein solides Paket an Rechtsverordnungen. Genau wie alle Handelspartner aus Drittländern und auch die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Deshalb setzen wir uns – wie schon bei den politischen Beratungen über die 2018 endlich verabschiedete Öko-Basisverordnung – engagiert bei der weiteren Gestaltung der noch ausstehenden Sekundärrechtsregelungen ein. Neben Engagement ist hier auch Kompromissbereitschaft gefragt. Von allen Akteuren.
Gleichzeitig muss klar sein, dass die neuen Regelungen für die Praxis nachvollziehbar sind und faire Anpassungsspielräume bieten. In diesem Sinne hat sich Deutschland in den vergangenen Wochen gegenüber der Europäischen Kommission nochmals intensiv für weitere Änderungen der zukünftigen Regelungen zur Tierhaltung eingesetzt.
Die Änderungen betreffen vor allem die Geflügel- und die Schweinehaltung. Und wir waren erfolgreich! Der nun vorliegende Verordnungsentwurf enthält zum Beispiel verlängerte Übergangsfristen für notwendige Umbauten von Geflügel- und Schweineställen.
Wir haben erreichen können, dass Geflügelbetrieben zudem eine angemessene Anpassungsfrist für eine Umrüstung ihrer Kaltscharrräume und die Anpassung an die neuen Vorgaben der Verordnung eingeräumt wird. Ohne diese angemessene Anpassungsfrist hätten Betriebe innerhalb kürzester Zeit ihre Bestände deutlich reduzieren müssen – mit negativen wirtschaftlichen Konsequenzen.
Das 20-Prozent-Ziel ist ambitioniert – das wissen Sie, genau wie ich. Das gelingt uns nur, wenn wir an einem Strang ziehen: Politik, Landwirtschaft und Gesellschaft. Die Landwirtschaft von morgen braucht ein Miteinander.
Aus diesem Grund haben wir unser Dialogforum zur Landwirtschaft ins Leben gerufen. Ziel ist es, Landwirtschaft und Gesellschaft wieder stärker miteinander ins Gespräch bringen. Denn wir alle wollen, auch jenseits des Bio-Sektors, eine tierwohlgerechtere und nachhaltigere Lebensmittelproduktion. Wir wollen zudem, dass "bio" und „konventionell“ sich nicht als Gegensätze einander überstehen, sondern beide voneinander lernen.
Aber die Landwirtschaft kann diese Aufgabe nicht alleine stemmen. Ein breit angelegter Dialog ist die Grundlage für Veränderungen. Denken Sie an die erste Nennung der Begriffe "öko" und "ökologischer Landbau" im Parlament; und an die Entwicklung, die wir in den letzten 36 Jahren erleben durften. Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Messe!
Ort: Nürnberg