Eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung muss überall möglich sein

Rede von Bundesministerin Julia Klöckner zur Vorstellung des Ernährungspolitischen Berichts im Deutschen Bundestag

Es gilt das gesprochene Wort!

ANREDE

Ernährung ist ein Lebensthema. Das wird uns in der aktuellen Corona-Situation besonders bewusst.

Wichtig ist die Sicherheit, dass Lebensmittel jederzeit verfügbar sind.

Es ist ungewohnt, wenn - wie jetzt - Kantinen geschlossen sind, das Schulessen ausfällt. Viele beschäftigen sich jetzt mehr als vorher mit der Zubereitung der Mahlzeit zuhause.

Ganz klar ist auch die Ernährungspolitik durch das aktuelle Geschehen gefordert. Wichtig war, schnell dafür zu sorgen, dass auch in der Krise Lebensmittel gut verfügbar sind. Dazu hat die Bundesregierung gemeinsam schnell gehandelt. Wir haben klargestellt, dass die gesamte Land- und Ernährungswirtschaft als systemrelevant einzustufen ist.

Und wir haben uns gleichzeitig um den Verbraucherschutz gekümmert. Zum Beispiel indem wir darauf geachtet haben, dass Verbraucher nicht getäuscht werden, etwa durch die Werbung mit irreführendenden Qualitäts- oder Gesundheitsversprechen: So ist das Werben mit einem speziellen "Corona-Bezug" für Nahrungsergänzungsmittel unzulässig.

Die grundsätzlichen Fragen und Aufgaben der Ernährungspolitik bleiben aber unabhängig von Krisenzeiten bestehen: So sind in Deutschland viele Erwachsene, Kinder und Jugendliche übergewichtig. Die Folgen wirken sich nicht nur direkt auf die Betroffenen aus, sondern verursachen auch erhebliche Kosten in unserem Gesundheitssystem. Und: Unsere Gesellschaft ändert sich. Mit ihr unsere Ernährungsgewohnheiten.

  • Kinder essen beispielsweise mittags immer öfter im Kindergarten oder in der Schule.
  • Der Handel bietet neue Vertriebswege über Online-Kanäle; die Versorgungsmöglichkeiten werden noch vielfältiger.
  • Aufgrund der Altersstruktur müssen die besonderen Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren verstärkt in den Blick genommen werden.
  • Und Umweltschutz, Tierwohl und das Ziel, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, stellen weitere Aufgaben dar. Zu deren Lösung auch wir als Konsumenten beitragen können.

All das stellt neue Anforderungen an unsere Ernährungspolitik.

Zwei Punkte sind mir dabei besonders wichtig.

  • Erstens: Eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung muss überall möglich sein.
  • Zweitens müssen wir dafür sorgen, dass sie für unsere Verbraucherinnen und Verbraucher im Alltag auch machbar ist.

Deshalb verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz mit dem Ziel,

  • Verbraucherinnen und Verbraucher bei ihren Konsumentscheidungen zu unterstützen,
  • ihre Ernährungskompetenzen zu stärken und
  • das Angebot an Fertiglebensmitteln zu verbessern.

Um dies zu erreichen, stärken wir die Ernährungsbildung, fördern die Forschung, haben konkrete Ziele vereinbart - mit den Lebensmittelerzeugern.

Dort, wo es nötig ist, passen wir den Rechtsrahmen an. Zum Beispiel bei Baby- und Kleinkindtees.

Unsere Schwerpunkte der laufenden Legislaturperiode zeigen sehr gut, dass wir auf dem richtigen Weg sind: Wir sorgen dafür, dass es beim Kauf von Fertigprodukten einfacher wird, die gesunde Wahl zu treffen. Deshalb werden die Zucker-, Fett- und Salzgehalte in Fertigprodukten reduziert. Dass wir hier auf dem richtigen Weg sind, belegt das wissenschaftliche Monitoring des Max Rubner-Instituts.

Erkennbarkeit und Orientierung sind für die Einkaufsentscheidungen wichtig. Nach einer auch hierzulande mindestens zehn Jahre währenden Auseinandersetzung habe ich mit einer Verordnung den Weg für den Nutri-Score in Deutschland freigemacht. So wird die gesunde Wahl zur einfachen Wahl. Wir sind mit Frankreich und Belgien die Vorreiter in der EU.

Gleichzeitig haben wir unsere EU-Ratspräsidentschaft erfolgreich dafür genutzt, die Diskussionen und Entscheidung über eine EU-einheitliche erweiterte Nährwertkennzeichnung voranzutreiben. Auch gegen Widerstände, weil der Verbraucherschutz in manchen Ländern nicht denselben Stellenwert hat wie bei uns.

Zudem arbeiten wir intensiv an der Verbesserung der Ernährungskompetenzen in allen Lebensphasen. Mit der Förderung von Maßnahmen

  • der Ernährungsbildung in Kitas und Schulen und
  • zur Verbesserung der Qualität sowie der Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung.

Ich fordere die Länder auf, die DGE-Qualitätsstandards für Essen in den Kitas und Schulen zur Verpflichtung zu machen.

Mit der Gründung eines Instituts für Kinderernährung stärken wir die Ernährungsforschung, die uns die wissenschaftliche Expertise für unsere Politik liefert. Denn Grundlage jeder verlässlichen und glaubwürdigen Ernährungspolitik ist eine gesicherte Datenbasis. Besonders wichtig ist uns auch die wissenschaftliche Evaluation unserer Politik. Das heißt: Wir lassen die Wirksamkeit unserer Maßnahmen überprüfen.

Ernährung geht uns alle an:

  • Sie bestimmt unser aller Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität.
  • Sie hat Auswirkungen auf unsere Umwelt hier in Deutschland, aber auch auf die Umwelt und das Klima weltweit.

Das ist kein Sprint, sondern ein Dauerlauf. Wie der vorgelegte Ernährungspolitische Bericht erfolgreich zeigt.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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